RTL Radio Luxemburg
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Der Radiosprecher hatte etwas an sich
wie die vom AFN...

Reiner aus Stendal erinnert sich:

Ich erinnere mich, als wäre es letztes Jahr gewesen: Ende der 50iger Jahre. Die Russen hatten gerade den ersten Satelliten in den Orbit geschossen, und mich begann alles zu interessieren, was irgendwie mit Funk, Radio und ähnlichem zu tun hatte. Meine Eltern hatten ein Einfamilienhaus in einer Siedlung der idyllischen Kleinstadt Dippoldiswalde im Osterzgebirge. Meine ältere Schwester bewohnte das Obergeschoss. Sie war modern eingestellt und besaß ein Drei-Wellen-Röhrenradio. Mein Bruder dagegen begnügte sich mit einem Röhrenkoffersuper „Rema-Trabant”, natürlich mit Kurzwelle.

Hin und wieder ergab sich für mich die Gelegenheit an den Geräten zu kurbeln. Bald war ich vom Rock'n'Roll Virus meiner Geschwister angesteckt. Pünktlich 17.00 Uhr war ich sonntags zu Hause, um die »Hitparade« mit Camillo Felgen zu hören. Unser Vater war in der Partei und die Westsender sollten für uns tabu sein. Meine Geschwister hatten den Dreh raus und Vater merkte nichts. Die Jahre vergingen mit ausgezeichneter Radiounterhaltung. Fernsehen konnten wir uns nicht leisten. Selbst auf dem alten Volksempfänger meines Vaters war Luxemburg auf Mittelwelle zu empfangen. Der Versuch, an den Radiosender zu schreiben, brachte mir den Besuch eines Staatssicherheitsmitarbeiters ein.

Auch meine Schulkameraden hörten Luxemburg. Wer nicht über den aktuellen Stand der Hitparade mitreden konnte, war kein Kerl. 

Mein Cousin bekam Anfang der 60iger ein Kofferradio geschenkt, es war eines der ersten mit Halbleitern. Bei sonnigem Wetter spazierten wir zur nahegelegenen Talsperre Malter mit der Kofferheule unter'm Arm. Eingestellt war KW - 49 Meterband - 6095 kHz „Radio Luxemburg”. In der Nähe des Stausees war der Empfang besonders klar oder unsere Einbildung narrte uns.

Eine besondere Erinnerung ist Folgendes: Radio Luxemburg auf Mittelwelle 1440 kHz brachte vor zirka 35 Jahren abends das Europaprogramm in englischer Sprache. Inzwischen war ich auch glücklicher Besitzer eines Drei-Röhren-Kleinsupers. Fast jeden Abend schaute ich etwa eine Stunde aus meinem Fenster, das Radio auf der Fensterbank, Radio Luxemburg erklang aus dem Lautsprecher. Der Radiosprecher hatte etwas an sich wie die vom AFN. Viele Melodien der damaligen Zeit habe ich im Ohr, nur eine höre ich noch heute besonders gern: den „Red River Rock”.

Es gesellten sich auch noch andere Sender hinzu. So der Saarländische Rundfunk, auf MW gleich neben Luxemburg. So wanderte ich schon in der Mitte der 60iger mehr und mehr von Radio Luxemburg ab. Schuld waren auch die sogenannten Piratensender in der Nordsee, wie Radio Caroline - 1630 kHz. Ja, besonders montags 17.15 Uhr hörte ich die Sendung: Radio Veronica präsentiert: »The Rolling Stones-Show« - mit Liedsinger Mike Jagger... Ich schrieb an Radio Veronica und bekam meine erste QSL-Karte von einer Radiostation.

1969 wurde ich zur Armee eingezogen, zu meinem Glück als Tastfunker. Ich war im Element. Ich erlernte das Morsen und hatte auch heimlich die Gelegenheit mit den militärischen Geräten Radiosender zu empfangen, was gefährlich war. Unter den Soldaten wurde auch über Radio Luxemburg gesprochen, ebenso heimlich gehört. Ich fertigte für Radio Luxemburg einen Empfangsbericht an und im nächsten Ausgang warf ich einen Brief an Radio Luxemburg in den Postkasten. Aber ohne Absender. Sehr überrascht war ich, als ich auf Urlaub nach Hause fuhr und zwei QSL-Karten von Radio Luxemburg vorfand; eine für MW - eine für KW.

Der Abstand zu Radio Luxemburg wurde bei mir Anfang der 70iger immer größer, da mir am Sonnabend nachmittags eine Stunde Countrymusik im Deutschlandfunk immer besser gefiel. Ich hatte meine Musikrichtung gefunden. Auch auf KW wurde ich bald fündig: die „Voice of America” strahlte Countrymusiksendungen aus. Selbst die „DDR-Kultur” stellte mir ein Idol zur Verfügung: Peter Tschernik mit seinen Songs. Auch Larry Shuba beschreibt einen ähnlichen Werdegang in seinem Song „Country-Music-Fever”.

Aus RADIOJournal 8/1998




»Bald war ich vom Rock'n'Roll Virus meiner Geschwister angesteckt. Pünktlich 17.00 Uhr war ich sonntags zu Hause, um die »Hitparade« mit Camillo Felgen zu hören. Unser Vater war in der Partei und die Westsender sollten für uns tabu sein. Meine Geschwister hatten den Dreh raus und Vater merkte nichts...«



»Ich fertigte für Radio Luxemburg einen Empfangsbericht an und im nächsten Ausgang warf ich einen Brief an Radio Luxemburg in den Postkasten. Aber ohne Absender. Sehr überrascht war ich, als ich auf Urlaub nach Hause fuhr und zwei QSL-Karten von Radio Luxemburg vorfand; eine für MW - eine für KW...«



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