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Radio Luxemburg
Fanpage
Da stimmte für meinen Geschmack
eigentlich alles...
Peter aus Lübeck erinnert sich:
Lange Zeit gab es tatsächlich nur die drei Programme des NDR im
Lande (eigentlich nur zweieinhalb, denn das erste Programm war
NDR/WDR 1).
Nicht jeden verlangte es in den Siebziger Jahren nach mehr. Bekannt
war Radio Luxemburg sicherlich, schon alleine deswegen, weil auch
hier in den Läden die Radios mit der Luxemburg-Taste standen. Die
Idee dafür ist allerdings so neu auch wieder nicht; bereits in der
Frühzeit des Rundfunks gab es Geräte mit Tasten für beliebte Sender,
damals allerdings gleich für mehrere verschiedene Stationen (und oft
genug auch eine Ortssender-Taste, die technisch etwas anderes
darstellte, aber als Resultat auch einen bestimmten Sender auf
Knopfdruck lieferte). Auf der Kurzwelle habe ich Luxemburg
gelegentlich gehört, doch das Programm war meines Erachtens so toll
nun auch wieder nicht. Jedenfalls nicht gut genug, um die Nachteile
des KW-Empfangs mit dem klanglich ansonsten einmaligen Grundig
Concert Boy (immerhin auch noch mit KW-Lupe ausgestattet) zu
rechtfertigen.
Was von Radio Luxemburg hängenblieb, war die Reklame, die gab es beim NDR erst später.
Während die Durchsagen für Waschmittel und andere Konsumartikel
regelmäßige Hörer vielleicht gestört haben, sorgten sie beim
Gelegenheitshörer im werbefreien Norden eher für Amüsement.
Der Sender, so mein persönlicher Eindruck, war eher ein
Regionalprogramm. Das lag natürlich an technischen Gründen, genauer
gesagt: an der beschränkten Reichweite von Radio Luxemburg auf UKW.
Das zwangsläufig auf diese Gegend ausgerichtete Programm klang so
manchem Norddeutschen, der seinen drögen NDR gewohnt war, vielleicht
doch eine Spur zu rheinisch.
Das war in der UKW-Umgebung Luxemburgs anders, wie ich Ende der
Siebziger feststellen konnte, als ich für eine Woche in einem Hotel
bei Düsseldorf wohnte. Auf den Zimmern standen kugelförmige
Lautsprecher mit einem Drehknopf obendrauf. Der diente keineswegs
zur Frequenzabstimmung; mit ihm ließ sich lediglich die Lautstärke
regulieren, in der Radio Luxemburg in den Raum geblasen wurde.
Immerhin ließen sie sich abschalten.
Radio-Öde im Norden?
Natürlich ist es wahr, dass NDR/WDR 1 und NDR 2 krude Mischprogramme
brachten, wie man sie sich heute kaum noch vorstellen kann. Mehr
noch, NDR 2 legte bis in die siebziger Jahre mittags eine Pause ein
und sendete obskure Messtöne. Am Nachmittag nervte man die
norddeutsche Jugend mit der Seniorensendung »Glückwünsche und
Musik«. Na und? Wir, die damalige Jugend, hatten sowieso besseres zu
tun als andauernd Radio zu hören. Dafür gab es feste Punkte im
Tagesablauf: Musik für junge Leute vor der Schule; Musik für junge
Leute nach der Schule und den Fünf-Uhr-Club.
Die Qualität der Sendungen war recht unterschiedlich; sie hing von
den Moderatoren ab, die ihre Musik selbst zusammenstellten,
präsentierten und auch kommentierten. Jedenfalls gab es genug Neues
zu entdecken (ich denke da nur an Gerd Timmermann und seine
abgedrehte Mischung von Neuer Deutscher Welle bis hin zu indischer
Sitar-Musik noch Anfang der Achtziger) was beim massenattraktiven
Formatradio moderner Prägung schon von seiner Anlage her nie der
Fall sein kann. Erinnern kann ich mich außerdem an Werner Voß'
Rock'n'Roll Museum, Manfred Millers Blues Box, und den zumeist von
Peter Urban moderierten Versuch, den geneigten Hörern innerhalb
eines Jahres sämtliche Beatles-LPs zu präsentieren.
Der Höhepunkt der Woche war für uns seinerzeit die Internationale
Hitparade am Sonnabend um 18 Uhr, zumeist von Wolf-Dieter Stubel
moderiert. Da liefen die Cassettenrecorder heiß, und stören durfte
einen während der Sendung selbstverständlich nicht mal der beste
Freund.
Anfang der achtziger Jahre wurden auf den
Frequenzen des früheren NDR/WDR 1 drei NDR-Landesprogramme
eingerichtet, die anders als heute aber keineswegs Seniorensender
waren, sondern noch den Charakter von Mischprogrammen trugen. So
legte die Welle Nord, das Landesprogramm aus Kiel, am Sonntagmorgen
eine Hitparade »Norddeutsche Top Fofftein« (Top 15) auf und ließ sie
von dem Hamburger Original Willem präsentieren, der bald zum
Kultmoderator aufstieg. Sogar im benachbarten Hamburg schalteten bis
zu 70 Prozent der Jugendlichen diese Sendung gezielt ein.
The Station of the Stars
Ganz ohne Radio Luxemburg soll es aber nicht weitergehen: abends und
nachts hatte der NDR tatsächlich nicht allzuviel zu bieten. Nun
bietet diese Tageszeit bekanntlich die besten Voraussetzungen für
den Mittelwellenempfang, und Radio Luxembourg kam mit einem bombigen
Signal hier an. Wie schon an der Schreibweise zu erkennen: es geht
hier um das englischsprachige Programm, das im übrigen auch die
weitaus interessantere Musik bot. Viel verstanden hat man seinerzeit
nicht, aber das ließ einen um so eher über die etwas merkwürdige
Tatsache hinwegsehen, dass ganze Sendestunden von Anti-Pickel-Cremes
gesponsort wurden.
Meine besten Erinnerungen an Hörfunk aus Luxemburg verbinde ich mit dem
Programm, das für kurze Zeit vor der endgültigen Einstellung des
englischsprachigen Dienstes ausschließlich über Satellit verbreitet
wurde. Da stimmte für meinen Geschmack eigentlich alles: die
Übertragungsqualität, das Format, die Moderatoren (erinnern kann ich
mich an Wendy Lloyd) und die kaum vorhandene Werbung (die dann wohl
auch für die eilige Abschaltung der „station for the next century”
nach nur einem Jahr Sendebetrieb auf Satellit sorgte).
Vergangenheitsbewältigung
Auch und gerade aufgrund meiner anderen Erfahrungen mit dem Radio in
den Siebzigern fühle ich mich den Luxemburg-Fans in gewisser Weise
recht nahe: den öffentlich-rechtlichen Mischfunk von damals gibt es
heute nicht mehr, ebensowenig wie die vier fröhlichen Wellen aus
Luxemburg.
Eine symptomatische Beobachtung am Rande, die mir Luxemburg-Fans
abnehmen mögen oder auch nicht: Helga Guitton moderierte
gelegentlich eine mittägliche Unterhaltungssendung auf NDR 4 und
hatte dort im vergangenen Jahr Rainer Holbe zu Gast. Der war zwar
eigentlich da, um eines seiner neuen, recht suspekten Bücher
vorzustellen - ein Radio-Luxemburg-Klassentreffen auf
öffentlich-rechtlichem Territorium, von dem ich, um Anfragen
vorzubeugen, leider keinen Mitschnitt habe.
Aus
RADIOJournal 12/1998
(gekürzt)