RTL Radio Luxemburg
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Das Sensationelle war die
Personality und Privatheit
der Moderatoren...

Olaf aus Bad Segeberg erinnert sich:

Radio Luxemburg war in meiner frühen Jugend eine absolute
Leidenschaft von mir. Da ich aus dem „hohen Norden” komme und der MW-Empfang hier schwierig ist, war das Programm zwar bei einigen bekannt, aber gehört haben es die wenigsten. Kennengelernt habe ich den Sender durch meinen Vater, der mit seinem Grundig Satellit keine Probleme beim Empfang hatte. Meine Schwester besaß später dann sogar eines der legendären Kofferradios mit der roten „Luxemburg-Taste” für die Kurzwelle. Es ist in der Radiogeschichte wohl einmalig, dass ein einzelnes Programm eine feste (nicht umstellbare!) Taste in Radios und Radiorekordern hatte. Dies unterstreicht doch sehr eindrucksvoll die Bedeutung dieses legendären Programms.

Ich hatte dann mit zwölf für den Mittelwellenempfang im Garten Langdrahtantennen aufgehangen. Auch im Urlaub war das meine erste Aktion, noch bevor meine Eltern mit dem Aufbauen der Zelte fertig waren. Da bis heute so gut wie kein Radio über einen funktionierenden MW-Antennenanschluss verfügt, hatte ich durch den Bau eines Antennenkopplers meine ersten überragenden Selbstbauerlebnisse. Nur mit Draht, einem Drehko und einem Ferritantennenstab konnte ich tagsüber mit einfachsten Radios fast so viele Sender hören wie nachts.



Olafs Zimmer aus Kindertagen mit Globetrotter-Weltempfänger (Nordmende), Kassettenrekorder von Grundig und selbstgebauter Rahmenantenne für die französische
RTL-LW 233 kHz. An der Heizung noch ein Erdungsanschluss für die außenliegende Langdrahtantenne.


Durch meine Begeisterung haben dann einige meiner Klassenkameraden und ich wohl als einzige RTL gehört. Und dieses Besondere, etwas zu tun, was hier keiner tat und meist auch nicht konnte, verbunden mit der großen Distanz zu Luxemburg („die Begeisterung wächst mit dem Quadrat der Entfernung”) war schon ein Reiz für sich. Hinzu kam die absolute Radio-Einöde hier im Norden, die ja erst 1986 durch R.SH durchbrochen wurde. Umgeben von den langweiligen öffentlich-rechtlichen Programmen Dänemarks, der DDR und inmitten der riesigen NDR-Wüste waren Musikprogramme eine
Sensation. Piratensender brauchten damals nur über 100 MHz Musik zu senden und schon waren sie inmitten der UKW-Radiowüste der absolute Renner. Auch auf MW oder KW sah es zu dieser Zeit kaum anders aus, so dass von daher eigentlich kein Weg an RTL vorbeiging.

Das sensationelle an RTL war ganz eindeutig die Personality und Privatheit der Moderatoren. Nirgendwo sonst wurde gespielt, Spaß gehabt und die Hörer sogar geduzt. Auch so mutige Vorstöße wie die RTL-Live-Spielshows (12 Uhr mittags) oder der RTL-Kindertag begeisterten. Bei letzterem habe ich es damals regelmäßig geschafft, den kompletten Tag vor dem Radio zu verbringen (es war ja auch Winter) und für Essen oder aufs Klo gehen den Rekorder zu benutzen. Aufregend genug war es allemal, wenn plötzlich ein Kind vor dem
Mikrofon kotzen musste oder Georg Bossert und Désirée Nosbusch nach einem Streit mit dem Tontechniker den Kindertag mittendrin abbrachen. Anschließend war dann eine dreiviertel Stunde außer Musik nichts mehr zu hören. Am Telefon wurden einem als Erklärung „technische Probleme” präsentiert. Dass man Zeuge eines einmaligen Eklats war, wurde einem spätestens dann bewusst. RTL weigerte sich daraufhin eine Woche lang beharrlich, etwas dazu zu sagen, erst als in der HörZu ein Bericht darüber erschien, wurde man in Luxemburg redseliger. Später erschien dieses unrühmliche Ende im O-Ton sogar auf einer RTL-Chronik-LP.

Mein größter Traum war zu der Zeit natürlich immer, mal bei einer RTL-Sendung dabei zu sein. Dies passierte dann auch tatsächlich: »12-Uhr mittags« machte an vier Tagen Live-Sendungen aus dem Kurhaus meiner Stadt, Bad Segeberg. Das war schon tierisch aufregend. Ich saß mit einem Freund unter einem der Saallautsprecher und nahm mit einem Rekorder und einem an den Lautsprecher geklebten Telefonadapter alles auf. Endlich konnte ich auch einige RTL-Größen erleben und mich mit ihnen unterhalten. Unvergessen ist in diesem Zusammenhang auch noch eine Episode auf der Funkausstellung in Berlin, von der RTL ebenfalls sendete: Im Gespräch mit Tontechnikern im Ü-Wagen stellte sich heraus, dass teilweise Original RTL-Jingle-Cartridges lose irgendwo rumlagen. Für mich unvorstellbar, sammelte ich doch diese Raritäten (Jingles gab’s damals nur bei RTL) mühsam aus KW- oder MW-Mitschnitten heraus. So konnte es auch passieren, dass eines Tages statt des normalen RTL-Verkehrsjingles nur noch das Ende im Programm gespielt wurde: Irgend jemand hatte versehentlich die Cartridge angelöscht, Originale gab’s nicht. Und so wurde dieses Fragment über viele Wochen gespielt, bis es dann durch ein vollkommen anderes Jingle ersetzt wurde.

Wenn das Programm aus heutiger Sicht durchaus betulich und unspektakulär wirkt, so begeisterte es damals durch seine Einmaligkeit und die erfrischende, unkonventionelle Art. Für mich sind das natürlich auch Erinnerungen an meine Jugend. Mit RTL bin ich praktisch groß geworden. Wie es ein OK-Radio Hamburg-Slogan passend ausdrückte: »Radio - the soundtrack to your life«.



Villa Louvigny in Luxemburg (1981). Links: Seitenansicht
aus dem Park mit Turm, in dem sich das Studio 4 für das deutsche Programm befand.


Aus RADIOJournal 4/1998



„Dies ist ein noch heute laufendes Radio aus den 70ern von Graetz mit der Original roten Luxemburg-Taste. Sie stellt das Radio quarzgesteuert auf die ehemalige RTL-KW-Frequenz 6090 kHz ein. Meine Eltern haben damals im Geschäft alle Radios getestet, dieses hatte den besten RTL-Empfang und wurde so das Weihnachtsgeschenk für meine Schwester. Sie hörte überwiegend RTL, genau wie ich später. Da RTL RADIO jedoch nicht mehr auf Kurzwelle 6090 kHz sendet, hat sich die rote Taste leider überlebt.”



»... Das Sensationelle an RTL war ganz eindeutig die Personality und Privatheit der Moderatoren. Nirgendwo sonst wurde gespielt, Spaß gehabt und die Hörer sogar geduzt.«


Fotos: © RJ-Archiv (privat)

Olaf mit 15 vor dem RTL-Dienstwagen am Eingang zum Studio.





Das RTL Funkhaus als Puzzle. Siegermotive des Malwettbewerbs aus der Sendung »Moment mal«.