RTL
Radio Luxemburg
Fanpage
Hörvergnügen trotz Rauschen im
Äther...
Heinz aus Donaueschingen erinnert sich:
Im September 1965, als ich als
elfjähriger Schüler wegen eines Armbruches einige Tage die Schule
nicht besuchen konnte, entdeckte ich die fröhlichen Wellen von Radio
Luxemburg. Durch ein Zeitungsinserat mit Hinweis auf die
»Bravo-Musikbox« bei Radio Luxemburg, der einzigen Zeitschrift mit
eigener Rundfunksendung, war ich auf den Sender aufmerksam geworden
und suchte nach der angegebenen Frequenz. Schon vorher war ich
begeisterter Radiohörer, nutzte aber meistens den heimatlichen SWF
1; Popwellen, wie SWF 3 oder ähnliches gab es noch nicht.
Radio Luxemburg mit seiner Musik, seinen Programmen und den
Sprechern (nur mit Vornamen) war für mich eine Sensation. Dieses
Radioprogramm wurde mein ein und alles und begleitete mich mehr oder
weniger (meistens sehr) intensiv durch die nächsten 25 Jahre.
Eigentlich war es nur eine fröhliche Welle, die Kurzwelle im
49-m-Band. Hier am Rande des Schwarzwaldes (mein Heimatort liegt in
der Mitte zwischen Freiburg im Breisgau und Konstanz am Bodensee)
war das Programm nur auf KW unter viel Rauschen und Krächzen zu
empfangen. In den ganz frühen Morgenstunden zum »Fröhlichen Wecker«
und den Abendstunden war der Empfang auch über die Mittelwelle etwas
erträglich, doch abends lief das englische Programm, welchem ich
manchmal auch per Kleintransistor unter der Bettdecke lauschte.
Ich beneidete alle Hörer im UKW-Empfangsgebiet. Nachdem ich mir dann
später einen PKW zugelegt hatte, bin ich für einige Urlaubstage in
die Eifel und an die Mosel gefahren, um ausgiebig meinen
Lieblingssender auch einmal auf Ultrakurzwelle zu hören. Dabei
besuchte ich das Großherzogtum und die Stadt Luxemburg und wartete
vor dem Funkhaus im Stadtpark sehnsüchtig, einen der Sprecher zu
erblicken.
Ich habe alles gesammelt, was Radio Luxemburg betraf, wie
Zeitungsausschnitte, Zeitschriften, Bücher, Autogrammfotos der
Sprecher, Kassetten aus dem RTL-Club mit der RTL-Chronik usw. Fein
säuberlich notierte ich und zeichnete alles auf: die Sprecher mit
bürgerlichen Namen, Geburtstag, Zeiten beim Sender, frühere und
spätere Tätigkeiten, ebenso die Urlaubssprecher, die Sendungen usw.
Man kann mich so etwa wie ein „wandelndes Lexikon“ bezüglich Radio
Luxemburg bezeichnen.
Meine ersten Radiojahre waren die zweite Hälfte der 60-er. Camillo
Felgen war Chef- und Starsprecher. Wegen seines Fernsehengagements
bei „Spiel ohne Grenzen“ war er allerdings nur noch am Samstag und
Sonntag auf Sendung (»Hitparade«, »Wunschkonzert«, »Die großen
Acht«). Neben ihm waren Frank, Dieter, Charly und Thomas (Dieter
„Thomas“ Heck) die Starsprecher. Mein Lieblingssprecher war Thomas,
meine Lieblingssendung »Die Luxemburger Funkkantine«. Leider gab es
viele Sprecherwechsel und im Jahre 1966 eine große Zäsur, als
Charly, Dieter und Thomas den Sender verließen. Dieter Thomas Heck
ging zur Europawelle Saar und machte ab Januar 1969 mit der
ZDF-Hitparade eine große Fernsehkarriere. Um Thomas weiter zu hören,
wurde ich ab diesem Zeitpunkt auch gelegentlich Hörer der
Europawelle Saar.
Danach war Frank der Star und wurde auch zu meinem
Lieblingssprecher. Im Frühjahr 1968 löste er Camillo als
Chefsprecher ab und übernahm die »Hitparade« und »Die großen Acht«.
Daneben wurde auch Helga immer mehr zu einer der Radiogrößen.
Im Juni 1966, in den beiden vorherigen Jahren schon als
Urlaubssprecher, stieß Alf Wolf zum Sender. Er wurde innerhalb
kürzester Zeit neben Frank zum Aushängeschild des deutschen
Programms. Im Oktober 1967 nach der Feier des 10-jährigen Bestehens
des deutschen Programms im September 1967, verließ er schon wieder
den Sender. Danach war er bei Ö3 zu hören und im Jahre 1968 beim ZDF
mit „4-3-2-1 Hot and Sweet“ (die Vorgängersendung von Ilja Richters
legendären „Disco“) zu sehen. Im Januar 1969 kehrte er nochmals für
ein Jahr nach Luxemburg zurück, um dann im Februar 1970 Richtung
Europawelle Saar abzuwandern. Noch bis im Mai 2003 war er beim
Saarländischen Rundfunk beschäftigt, zuletzt bei der Saarlandwelle,
anfangs als Moderator und später als Redakteur. Alf war ungemein
populär und auch einer meiner liebsten Sprecher. Er war einige Zeit
mit der unvergessenen und leider viel zu früh verstorbenen
Sprecherin Monika verheiratet. Sein Ausscheiden blieb mir
unerklärlich. Es gab keine Verabschiedung und ich hörte bei
„Luxemburg“ auch nie wieder etwas über oder von ihm. Diese Zeit war
noch durch überwiegend deutsche Schlager, viel Werbung („Omo-Sender“),
nur Kurznachrichten am Morgen beim Wecker und vor Programmschluss
auf Mittelwelle gekennzeichnet. Auch gab es viele Sprecher, die nur
für einen Monat tätig waren. Nur wenige Kollegen, wie Frank, Monika,
Helga, Haidy, Jörg und Edy blieben dem Sender jahrzehntelang treu.
Die 70-er Jahre sind meines Erachtens
die größten Erfolgsjahre von Radio Luxemburg gewesen. Es wurden
stündliche Nachrichten eingeführt und das Informationselement gewann
neben der Musik und der Unterhaltung immer größeres Gewicht. Aus den
Sprechern und Discjockeys wurden Moderatoren. Parallel zum Radio
machten viele Karriere im Fernsehen (zum Beispiel Frank, Helga,
Jochen und Oliver). Die Sendezeiten des deutschen Programms wurden
ausgeweitet (ab Januar 1970 bis 18.00 Uhr auf Mittelwelle) und ab
Dezember 1970 war es auch ganztägig auf Kurzwelle zu empfangen.
Jetzt konnte ich meine Lieblinge den ganzen Tag hören, wenn auch bei
mir im Winter der Empfang abends schlecht oder gar nicht mehr
möglich war.
Zum Jahresbeginn 1970 startete eine steile Rundfunkkarriere, die von
Jochen Pützenbacher. Er wurde zum Inbegriff für Radio Luxemburg.
Nach dem Ausscheiden von Alf (ich habe manchmal in Jochens großem
Erfolg den Grund für seinen plötzlichen Weggang vermutet), übernahm
er gleich viele Top-Sendungen und hatte ausschließlich Sendezeiten
auf MW und KW. Schon im März 1970 moderierte er bei der
Löwenverleihung. 1973 löste Jochen Frank als Chefsprecher ab, wurde
später Unterhaltungschef und blieb dem Sender auch noch nach
Einstellung des Programms im Oktober 1990 und dann dem folgenden
RTL-Radio bis 1996 treu.
Im Frühjahr 1973 - nach dem plötzlichen Tod von Programmdirektor Helmut Stoldt - wurde Frank Elstner sein Nachfolger und jüngster Programmdirektor Europas. Er war jetzt nur noch am Sonntag mittag mit seiner »Hitparade« zu hören. Gleichzeitig wurde er im Fernsehen immer populärer. Nach Beginn als Mitkommentator bei „Spiel ohne Grenzen“ mit Camillo und der Ziehungssendung der ARD-Fernsehlotterie in den 60-ern, danach in Südwest 3 mit „Punkt, Punkt, Komma, Strich“, dann ab 1974 in der ARD mit den „Montagsmalern“. Schließlich sein größter Erfolg „Wetten, dass...?“ ab Januar 1981 im ZDF. Diese noch heute äußerst erfolgreiche Sendung hatte Frank erfunden.
Rainer Holbe, der beliebte
Moderator der „ZDF-Starparade“, kam als erster der Prominenten im
April 1974 und moderierte bald das morgendliche Zwei-Stunden-Magazin
»Mister Morning«.
Im Januar 1976 war Schluss mit der »Funkkantine«. Jetzt gab es etwas
total Neues, nämlich eine zweistündige Live-Sendung aus
verschiedenen Orten, die Sendung »12-Uhr-mittags« mit Jochen als
Moderator im Studio mit seiner Assistentin Kristina Hertel und
verschiedenen Außenreporten, wie Axel, Peter, Horst oder Christian
Simon. Diese Sendung wurde ein Erfolg ohne gleichen, wie dann auch
die späteren Nachfolgesendungen »RTL-Mittagspause« usw. Im Oktober
1977 war ich selbst mal Gast einer Sendung im benachbarten
Schwenningen. Außenreporter war Christian Simon, mit dem ich mich
nach der Sendung noch nett unterhielt. Christian war vom 1. Oktober
1974 bis 1. Dezember 1977 Sprecher in Luxemburg, um danach seine
Fernsehkarriere in der ZDF-Sendung „Rock-Pop“ (ab Januar 1978) zu
starten. Anschließend war er noch bei vielen deutschen
Rundfunksendern zu hören.
Zwischendurch im Herbst 1978 ging Jochen mit dem Zirkus Busch-Roland
auf Tournee und präsentierte an den Gastspielorten des Zirkus die
zweistündige Live-Mittagssendung »Radiozirkus« - eine Sensation. An
einem Oktobersonntag 1978 bei dieser Livesendung in der benachbarten
Stadt Villingen im Schwarzwald hatte ich dann mein größtes Erlebnis
hinsichtlich Radio Luxemburg. Ich hörte und schaute der Sendung zu
und konnte danach mit Jochen Pützenbacher persönlich plaudern. Frank
Elstner war von einem Fernsehauftritt in Basel auf dem Heimweg auf
Station in Villingen. Mit ihm konnte und durfte ich mich bestimmt
eine halbe Stunde über die Geschichte, das damalige und jetzige
Programm und über frühere und heutige Sprecher unterhalten. Er
wirkte ganz natürlich und sehr sympathisch.
In diesen Jahren gab es einen rasanten Wandel des ehemals oft von
Kritikern als „Schlagerradio“ oder „Omo-Radio“ verspotteten Senders.
Ab Februar 1974 startete eine tolle Jugendsendung, den »Superclub«
mit Oliver Spiecker. Ab Januar 1977 holte sich Frank den
Kinderfunkredakteur Georg Bossert vom WDR, um eigene Kindersendungen
(»Momentmal«, »die 10 vor sieben Sache«, »Kindertag« einzuführen.
Dabei wurde dann Desirée Nosbusch entdeckt. Der Sport wurde
ausgeweitet mit täglichen Sportsendungen mit Björn Hergen Schimpf
und der samstäglichen dreistündigen »RTL-Torparade« während der
Bundesliga. Magazine wurden eingeführt, wie das »Radio-Telex« mit
Helga, später mit Carl-Heinz Hollmann und danach »Take five« mit
Felix Parbs und Viktor Worms.
In Düsseldorf wurde ein Büro, später ein Studio eingerichtet. Radio
Luxemburg hatte jetzt also auch neben den Vor-Ort-Sendungen in
Deutschland Fuß gefasst. Gewinnspiele mit dem Telefoncomputer
erlebten ihren ersten Höhepunkt. Die Volksmusik mit der
»Heimatmelodie« mit Edy bekam einen Stammplatz. Für das neu
eingerichtete Studio Bonn wurde Geert Müller-Gerbes gewonnen. Nun
fand auch Politik statt.
Ständig gab es Programmreformen, meist zu Beginn eines neuen Jahres.
Altehrwürdige Sendungen, wie »Autofahrer unterwegs«,
»Hörergrußlotterie«, »Von Haus zu Haus« mit Haidy oder »Hallo
Nachbarin« mit Edy, »Klingende Filmillustrierte« oder »Hits aus
aller Welt« mit Jörg wurden eingestellt. Die Programmänderungen
erfolgten in einem unglaublichen Tempo, was mir manchmal etwas zu
rasch ging.
1980 war dann das Jahr des Wechsels der prominenten Fernseh- und
Radiopersönlichkeiten zu Radio Luxemburg. Max Schautzer, Thomas
Gottschalk, Reinhard Münchenhagen, Elmar Gunsch und Karl Dall sind
hier genannt. Mir gefiel diese Entwicklung trotz der prominenten
Namen nicht so ganz, da dadurch langjährige Sprecher teilweise ihre
angestammten Sendungen verloren, zum Beispiel Oliver musste die
sonntägliche Hitparade an Thomas Gottschalk abgeben. Mit dem
Jahresende 1981 verließ „Super-Oliver“ dann den Sender.
Die Information wurde weiter ausgebaut und die Nachrichtenredaktion
verstärkt. Erstmals gab es eine einstündige reine Wortsendung
»Politik nachgefragt« aus Bonn am Sonntagabend mit Geert
Müller-Gerbes. RTL präsentierte sich immer öfter draußen bei den
Hörern mit Livesendungen auf Messen, Bädertournee oder ähnliches.
Max Schautzer leitete das Studio Düsseldorf, aus dem immer mehr
Sendungen gefahren wurden.
Ende 1982 gab es dann den meines Erachtens größten Einschnitt in der
Geschichte von Radio Luxemburg, nachdem zuvor noch das 25-jährige
Jubiläum des deutschen Programmes groß gefeiert worden war. Frank
Elstner verließ den Sender. Ein meiner Ansicht nach nicht zu
verkraftender Verlust. Nachfolger als Programmdirektor wurde Dr.
Helmut Thoma, der dann ab Frühjahr 1983 eine kräftige Programmreform
einleitete. »Guten Morgen, Deutschland« löste den „Fröhlichen
Wecker“ ab, neue Sendungen waren »Ein Tag wie kein anderer« mit
Jochen, »Liederlotto« und »Viva« mit Helga, »Musikduell« mit Tommy
Ohrner, »Entenjagd« mit Achim oder »Prima« mit Thomas Germann. Das
Programm gefiel mir nicht mehr so sehr, auch wenn einzelne
Sendungen, wie das Reisequiz mit Jochen durchaus ansprechend waren.
Das ganze Programm bestand fast nur noch aus Telefongewinnspielen,
dies war entschieden zu viel. Die Moderation in den Abendstunden
wurde ganz eingestellt. Ebenfalls ein großer Verlust, da Radio
Luxemburg neben seiner Musik und der Information gerade von den
Sprecherpersönlichkeiten lebte.
1983 liefen die Vorbereitungen und zum 2. Januar 1984 dann der Start
des eigenen Fernsehens „RTLplus“ aus einem kleinen Studio in
Luxemburg. Viele Radiokollegen waren nun auch per Bildschirm zu
sehen und hatten eine Doppelbelastung zu tragen. Manche, wie
Matthias oder Björn wechselten ganz zum Fernsehen. Die prominenten
Sprecher hatten sich schon zuvor vom Radioprogramm aus Luxemburg
verabschiedet. Das Radioprogramm litt darunter und ich konnte mich
nicht des Eindrucks erwehren, dass zu Gunsten des Ausbaus des
zukunftsträchtigen Fernsehens das Radioprogramm immer mehr
vernachlässigt wurde. Jammerschade!
Die Radiolandschaft in Deutschland wandelte sich durch die Zulassung von
Privatradios in ungeheuerlichem Tempo. Radio Luxemburg verlor
Werbeeinnahmen und Hörer. Ende 1987 siedelte dann RTLplus von
Luxemburg nach Köln um und weitere Radiokollegen folgten dem. Der
Aderlass an langjährigen Sprechern, wie Axel, wurde immer größer.
Die drei letzten Jahre bis zum Ende im September 1990, des sich nun
nennenden RTL-Hörfunk, verfolgte ich nicht mehr so intensiv, war
aber doch immer wieder meinem Programm zugeschaltet und
registrierte, was alles so an Veränderungen (in dieser Zeit leider
keine positiven mehr) ablief.
Die letzten Tage und Stunden vor der Einstellung von Radio Luxemburg
wiederum verfolgte ich mit traurigen und gemischten Gefühlen, was
die Nachfolge betraf. Jetzt hieß der Sender RTL RADIO, das Programm
fand ich anfangs gar nicht so schlecht. Vor allem konnte ich den
Sender jetzt auch in UKW-Qualität über Kabel empfangen, was ich die
25 Jahre zuvor so schrecklich vermisst hatte. Neben vielen neuen
Moderatoren und Sendungen blieben einige wenige der alten Kämpen
noch erhalten. Doch gab es auch bittere Abschiede. So habe ich
gehört, dass Jörg Ebner, der dem Sender über 27 Jahre die Treue
hielt, entlassen wurde, weil er nicht mehr zum neuen Senderformat
passte.
Aus
RADIOJournal 11/2005