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»Bonjour mes amis« - Camillo Felgen

Mit der Geschichte von Radio Luxemburg verbunden, ist besonders ein Mann. Zu seiner Zeit erfreute sich das deutsche Programm großer Beliebtheit. Das war einfach "der Sender", weil er ganz anders klang als die anderen. Flotter, lebendiger, unterhaltsamer. Gute Musik, freundliche Moderatorinnen und Moderatoren, die sich mit ihren Hörern verbunden fühlten. Und seine sonore Stimme eroberte die Herzen von jung und alt. Selbst die damals "angesagte" Waschmittelwerbung nach jeder fünften Platte, konnte er so charmant rüberbringen, als wäre es ein Kompliment. Sein Name war Programm: Camillo Felgen. "Der Mann, dessen Stimme in ganz Europa gehört wurde", schrieb die Boulevard-Presse, und weiter: "Dank seiner Improvisionskunst begeisterte das deutsche Live-Programm damals Millionen von Hörern".

In den 60er und 70er Jahren stand Radio Luxemburg für Europa. Statt politischer Debatten über offene Grenzen und Zusammengehörigkeit gab es den Fernempfang im 49-Meterband. Sogar spezielle Kofferradios mit der "Radio Luxemburg-Taste" kamen auf den Markt. Die Jugend hatte mit einem Klick den richtigen Sound.

Camillo wurde als Vater der »Hitparade« bekannt, stellte in einer seiner vielen Sendungen »Die großen Acht« Spitzenschlager aus aller Welt vor. Sie war das Erfolgsbarometer für die Schallplattenindustrie. Camillos dunkle Sexy-Stimme bezauberte in der Abenddämmerung die Seelen der Frauen und bescherte ihm körbeweise Briefe (zirka 350 pro Woche).

In die Herzen der Hörer geplaudert hat sich Camillo Felgen seit Ostersonntag 1958. Seine schönsten Sendungen waren: Hitparade (1958-1963); Die großen Acht; Wunschkonzert; Vom Schönen das Schönste; Autoradio-Klänge; Sektparty und Die fröhliche Welle.

Camillo Felgen wurde am 17. November 1920 in Tetingen im Großherzogtum Luxemburg geboren. Er besuchte die Volksschule, dann das Gymnasium und die Lehrerbildungsanstalt. Von 1941 bis 1945 war er Volksschullehrer. Anschließend Dolmetcher bei den Besatzungstruppen, Reporter bei einer französischsprachigen Zeitung in Luxemburg, studierte Schauspiel, Gesang und Oper in Brüssel und Lüttich. Wurde schließlich von Radio Luxemburg als Chorsänger engagiert und erhielt einen Vertrag als französischer Nachrichtensprecher. Als er 1951 in Paris seine erste Plattenaufnahme machte, entstand (mit dem Orchester Marcel Coestier) die Erkennungsmelodie seines Heimatsenders: „Bonjour mes amis".

Von seinem Hit „Sag warum?" sind 800.000 Platten verkauft worden. Camillo hat unter dem Pseudonym Jean Nicolas Schlagertexte für Connie Francis („Schöner fremder Mann") und Peter Alexander („Ich zähle täglich meine Sorgen") geschrieben. Auch „Komm, gib mir deine Hand" und „Ich liebe dich", die beiden einzigen Platten von den Beatles mit deutschem Text, stammen aus seiner Feder.

1958 wurde Camillo Felgen von Radio Luxemburg zum Programmleiter der neuen Sendung in deutscher Sprache berufen. Am 6. April 1958 erklang Camillos erste Hitparade, die erste deutschsprachige überhaupt. Gleich darauf erfand er die „Fröhlichen Wellen von Radio Luxemburg".

1965 übernahm Camillo - zu seiner Verpflichtung bei Radio Luxemburg - für den WDR die Spielleitung der Fernsehsendung »Spiel ohne Grenzen«. Bei RTL war er zuletzt für das klassische Wunschkonzert am Sonntagmorgen und für das große Wunschkonzert am Sonntagnachmittag verantwortlich. Seine Sendung »RPR-Caféhaus« wurde von 1992 bis 1994 sonntags von 14.00 bis 17.00 Uhr auf RPR Zwei ausgestrahlt.

Camillos Frau Anna-Maria stammt aus Aachen, er lernte sie dort bei einem Gastspiel kennen. Am 10. März 1963 kam Sohn Gino zur Welt, ein Jahr später Camillo, genannt Camill. Annemarie führt einen Modesalon in Luxemburgs Hauptstraße, wo Camillo auch als Modeschöpfer tätig war.

Camillo spricht Deutsch, Französisch, Englisch, Italienisch und Luxemburgisch. So war er der ideale Kommentator der Fernsehsendung »Spiel ohne Grenzen«; bei der zweiten Sendung fungierte er bereits als Spielleiter. Beim Städteturnier am Mikrofon dabei war auch Tim Elstner, den Hörern bekannt als Frank von Radio Luxemburg. Frank Elstner begegnete Camillo Felgen 1964. Er kannte damals eine Sprecherin von Radio Luxemburg, die erzählte ihm, dass der Sender einen neuen Sprecher suche. Am nächsten Tag machte er seine erste Sendung und war auch mit Kollegin Haidy in der »Funkkantine« zu hören. Camillo Felgen föderte den Neuling, brachte ihm alle Tricks und Kniffe bei.

Maßgeblich beteiligt war Camillo auch an der Idee vom „Goldenen Löwen von Radio Luxemburg". Aus seiner Hand bekamen unter anderem Petula Clark („Downtown") und Roy Black („Ganz in Weiß") die begehrte Trophäe.

1968 verabschiedete sich Chefsprecher Camillo Felgen von seinen Hörern, um frei zu arbeiten. Dreizehn Folgen der Fernsehserie »Spiel ohne Grenzen« warteten auf ihn, sowie Verträge im Showgeschäft. Solange sein Name in einem Atemzug mit Radio Luxemburg genannt wurde, blieben ihm die Plattenteller der westdeutschen Sender versperrt. Als er mit 48 Jahren seinen Job als Chefsprecher von Radio Luxemburg aufkündigte, hatte der Sender rund 15 Millionen Hörer pro Woche. Camillos wichtigster Grundsatz: „Die Hörer vertrauen uns ihre intimsten Geheimnisse an. Wir dürfen dieses Vertrauen auf keinen Fall enttäuschen".

Sein Nachfolger Frank Elstner (damals 26) überreichte Camillo zum Abschied das nachträglich vergoldete Mikrofon, in das er vor 20 Jahren bei Radio Luxemburg seine ersten Worte sprach.

Anita Pospieschil

Herzlichen Dank an Paul Heinze, der für diese Story
seine Fan-Mappe zur Verfügung stellte.

Aus RADIOJournal 9/1997









Anlässlich der von Camillo
in Fürth vorgenommenen Taufe des Concert-Boy konnten auch diese beiden Facharbeiterinnen ihren Lieblingssprecher aus allernächster Nähe bewundern.
(Aus Grundig-Werbeprospekt; damals kamen Grundig-Kofferradios mit 20fach gespeiztem 49-m-Europaband und Punkteichung für Radio Luxemburg auf den Markt)




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