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Adieu Camillo!
Er war ein Pionier der glorreichen Zeit des Radios. Seine Stimme verzauberte Millionen, vor allem weibliche Hörer. Sein Name stand für Radio Luxemburg – seine Hitparade war Kult. Vor über 40 Jahren traf er mit seinen „vier fröhlichen Wellen" genau den Geschmack der Jugend und wurde dadurch auch am Mikrofon ein Star – ein gefeierter Sänger war er schon. Aber er war auch – wie Jochen Pützenbacher es ausdrückte: „Ein Botschafter seines Landes" – Camillo Felgen! Jetzt ist der hochkreative und sympathische Radio-Mann, Sänger und Entertainer am 16. Juli 2005 im Alter von 84 Jahren in seiner luxemburgischen Heimat gestorben. Eine der populärsten Stimmen aus den Bereichen Funk, Fernsehen und Schallplatte schweigt für immer.
Der Discjockey, Moderator, Sänger und Texter wurde am 17. November 1920 im luxemburgischen Tétange geboren. Nach Volksschule und Gymnasium arbeitete der spätere Publikumsliebling unter anderem als Lehrer, Dolmetscher und Zeitungsreporter. Er studierte Gesang, Oper und Schauspiel in Brüssel und Lüttich. Sein Studium finanzierte er sich als Journalist und als Dolmetcher für die amerikanische Armee. 1946 erhielt der damals 27-Jährige unter 80 Bewerbern den Job als Nachrichtensprecher bei Radio Luxembourg und bewarb sich auch für den Rundfunkchor. Die Karriere als Sänger folgte. Seine erste Platte „Bonjour les amis" wurde die Erkennungsmelodie für das französische Programm von Radio Luxembourg.
1953 war die Geburtsstunde von „Camillo". Es war die Zeit der populären „Don Camillo"-Filme, die den Künstler prägten. Unter dem neuen Namen nahm Felgen mit „Onkel Toms altes Boot" seine erste deutschsprachige Platte auf.
Als 1958 das deutsche Programm von RTL startete, war Camillo Felgen als Taufpate mit dabei. Er wurde zum Programmleiter des neuen Senders ernannt. Am 6. April 1958 ging erstmals seine »Hitparade« (bis 1963) über den Äther. Gleich darauf erfand er die fröhlichen Wellen von Radio Luxemburg. Camillo entwickelte und moderierte im Lauf der Jahre weitere Erfolgssendungen wie »Die Großen Acht«, »Wunschkonzert« und viele andere, die er auf charmante Weise zu Hörfunkfavoriten machte und seinem Sender damit zu enormer Beliebtheit verhalf.
1959 landete Camillo seinen ersten Hit in Deutschland: „Sag warum", einem mehr gesprochenen als gesungenen Chanson. Es war die deutsche Version zu Teddy Bears Platte „Oh why", dessen Melodie Camillo sehr gut gefiel. Zu einer legendären Begegnung kam es 1964 in Paris. Dort traf er sich mit den Beatles, die ihre beiden deutschsprachigen Texte „Sie liebt dich" und „Komm, gib mir deine Hand" aufnahmen. Die Texte stammten von einem „Jean Nicolas" – hinter diesem Pseudonym (seinem richtigen Namen) verbarg sich Camillo Felgen. Als Texter war er außerdem für Peter Alexander („Ich zähle täglich meine Sorgen"), Connie Francis („Schöner fremder Mann"), die Everly Brothers („Wenn du mich küsst", Ralf Paulsen („Bonanza") und viele andere Kolleginnen und Kollegen tätig. 1973 gelang Camillo mit „Ich hab Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren" einer der gefühlsbetontesten deutschen Evergreens – ein Lied für seine Mutter. Das Singen gab Camillo nie auf. Dem Hauptdarsteller in dem Musical „Sound of Music" lieh er seine Stimme und bastelte noch als 80-Jähriger an einem neuen Album mit deutschen und französischen Texten.
Camillo Felgen eröffnete 1969 mit dem Scotch-Club in Aachen die erste Diskothek in Deutschland. Getanzt wurde nach heißen Beat-Rhythmen. Zwischendurch legte Camillo als Schmuselied seine Platte „Sag warum?" auf. Das gefiel den jungen Leuten. Nach dem Modell seines Lokals schossen dann die Diskotheken wie Pilze aus dem Boden. Übernommen wurde auch die Art der Musik. Dann begann der Siegeszug von „Sag warum?" von Deutschland aus nach Brüssel und Paris, obwohl dort niemand den Text verstand. Allein drei Millionen Platten wurden damals in Frankreich verkauft.
Ab 1965 verpflichtete ihn das Fernsehen als Moderator für den Städtewettstreit »Spiel ohne Grenzen" (125 Folgen). 1968 verließ Camillo Radio Luxemburg, für das er außerdem die Verleihung der „Goldenen Löwen" entwickelt hatte und arbeitete von da an frei - der von ihm entdeckte und geförderte Frank (Tim) Elstner wurde sein Nachfolger. Mit dabei war Camillo auch bei der Geburtsstunde des damaligen TV-Programms RTLplus. Bis 1987 moderierte er dort 250 Mal das Wunschkonzert „Was darf’s denn sein?". Zu seinen Wunschkonzert-Sendungen, die er im RTL-Hörfunk präsentierte, erschienen für RTL Club-Freunde mehrere LPs, unter anderem „Camillos Wunschkonzert `83", eine Zusammenstellung der seinerzeit beliebtesten Melodien dieser erfolgreichen Sendung, die am 26. Juni 1983 zum 1111-ten Mal ausgestrahlt wurde. Sie war eine Mischung aus Oper, Volkslied, Operette, Konzert und nostalgischen Schlagern. Wöchentlich beantwortete Camillo - in direkter Verbindung zum Hörer - rund 50 Briefe.
Obwohl er sich längst aus der ersten Reihe zurückgezogen hatte, moderierte Camillo Felgen bis ins hohe Alter dann und wann Sendungen, war Gast bei Hörfunk- und Fernseh-Specials. 1986 heiratete er seine dritte Frau Marianna, mit der er in Luxemburg auch eine Boutique für Ballkleider betrieb.
Sein Tod erfüllt die Mitarbeiter von RTL RADIO mit tiefer Trauer, blieb er doch bis zuletzt dem Sender in Luxemburg verbunden. „Noch heute kommen regelmäßig Briefe, Postkarten - ja sogar Pakete für Camillo Felgen, die wir stets weiterleiten", so RTL RADIO in seinem Nachruf. „Ein Beweis für die immer noch enorme Beliebtheit des Moderators. Camillo Felgen hat als Mann der ersten Radio-Luxemburg-Stunden ein großes Stück Rundfunkgeschichte geschrieben. Er hat als Moderator (damals: ‚Sprecher’) den Stil von Radio Luxemburg geprägt und miterfunden, das ‚Wir-Miteinander-Gefühl’ zwischen RTL und den RTL-Hörern. Er war der erste Chefsprecher des deutschen Programms, moderierte die erste deutschsprachige Hitparade überhaupt (Ostern 1958), schenkte uns ‚Spiel ohne Grenzen’ im TV, war zusammen mit ‚Blacky Fuchsberger’ und Harald Juhnke auf der Kinoleinwand zu sehen, und, und, und..."
„...Und alle seine Nachfolger haben von ihm gelernt", schreibt Gabrielle Seil in der Lux-Revue vom 20. Juli 2005: „Frank Elstner, Dieter Thomas Heck, Helga Guitton... »Bei der Moderation kommt es auf den persönlichen Stil an«, erklärte er Laien. Er klang anders. Flotter. Lebendiger. Einfach unterhaltsamer. Genau deshalb war er beim Publikum so beliebt. Sein Name war Programm, und selbst eine banale Waschpulverwerbung konnte er mit seiner sonnigen Stimme so charmant rüberbringen, als handele es sich um ein Kompliment".
Bis zuletzt trat Camillo Felgen in zahlreichen Theaterstücken und Filmen auf. In Andy Bauschs „Le Club des chômeurs" war der Schauspieler ebenfalls mit dabei. Als Hommage an einen der Großen der Luxemburger Kulturschaffenden darf der Dokumentarfilm „Monsieur Warum" verstanden werden, den Bausch vor einem Jahr über den Sänger, Schauspieler und Rundfunkpionier drehte.
Das Bild oben ist eine Autogrammkarte aus dem Jahr 1951, die Camillo im Team des französischen Programms zeigt. Vor dem Mikrofon (von links): Martine, Paul-Pierre Le Clercq, Monique; dahinter: Cluade Robert, Camillo Felgen, Robert Alain.