RTL Radio Luxemburg
Fanpage


Vicky Leandros (Mitte) mit Helga, Chefsprecher Jochen, Monika, Direktor Frank Elstner, Oliver, Haidy, Martin
und Susanne (von links).

Die Musikmaschine
von Radio Luxemburg

„Hier ist Radio Luxemburg. Es ist 6.17 Uhr. Wenn Sie bis jetzt noch nicht aufgestanden sind, dann bleiben Sie ruhig noch liegen. Wer zu spät kommt, hat mehr vom Chef!" Mit solchen Aufsteh-Hilfen startet das deutsche Programm von Radio Luxemburg täglich ein 19-Stunden-Programm, das in der Bundesrepublik von über sechs Millionen Menschen pro Tag gehört wird (in jeder Woche sind es etwa 17 Millionen). Aber beim „Gehört werden" allein bleibt’s nicht: Zur Freude der Deutschen Bundespost und zum Kummer der Luxemburger Postkollegen treffen täglich Waschkörbe voll Karten und Briefe im Funkhaus, der Villa Louvigny, ein. Grüße, Gewinnspiel-Lösungen und Musikwünsche. Die Musikmaschine von Radio Luxemburg lässt pro Jahr rund 90.000 Titel auf den Plattentellern rotieren.

Und jedes Mal, wenn diese Plattenteller stillstehen, vermittelt Radio Luxemburg seinen Hörern Informationen. Meist im Plauderton, als säße der Sprecher im Wohnzimmer des Hörers oder als Beifahrer im Auto. Da gibt es Tipps für die Hausfrauen, zum Beispiel jetzt Zwetschgen einzumachen, weil sie besonders preisgünstig sind, für den Gartenfreund, Blumen am besten mit Regenwasser zu begießen und für Autofahrer den Hinweis, mit welchen Fahrtricks man Benzin sparen kann. Da werden abenteuerlustige, von zu Hause davongelaufene Jugendliche gesucht, Urlaubsreisende in Notfällen zurückgeholt, entwichene Wellensittische eingekreist und Katzen an tierliebende Familien vermittelt. Seriöse Informationen kommen dabei nicht zu kurz: Täglich werden elfmal Kurznachrichten ausgestrahlt, die einzigen Minuten des Tages, an denen im Studio 4 die Fröhlichkeit Pause hat.

„Gemacht" wird dieses Programm von einem 50-Mann-Team, dessen Durchschnittsalter unter 30 Jahren liegt. Knapp 20 Sprecherinnen und Sprecher, die nur auf ihren Vornamen hören - das erleichtert den Kontakt zum Hörer -, stellen ihre Musikprogramme selbst zusammen, beantworten Hörergrüße und -anfragen und springen für den Kollegen ein, der gerade hoffnungslos im Verkehr stecken geblieben ist, obwohl seine Sendung bereits begonnen haben sollte.

Denn Improvisation gehört zum Programm der vier fröhlichen Wellen: Jeder muss alles können, Chefsprecher „Jochen" spricht die Nachrichten ebenso, wie den Geburtstagsgruß an eine „liebe Oma" in Leuterskirchen.

Und was auch immer in diesem knapp 20 Quadratmeter kleinen Studio 4 gemixt wird - auch der Versprecher, der zum Programm gehört -, das alles wird gleichzeitig über vier verschiedenen Wellen nach Deutschland und in die ganze Welt ausgestrahlt. Der Vorteil dieser „Vierer-Bündelung" liegt auf der Hand: Über die zwei Ultrakurzwellen-Kanäle 6 und 33 wird der Nahbereich in der Bundesrepublik optimal bedient, die Mittelwelle 208 Meter gleich 1439 Kilohertz sorgt für die Programmverbreitung im übrigen Bundesgebiet, und die Kurzwelle 49,26 Meter gleich 6090 Kilohertz (übrigens eine der stärksten in Europa) kennt keine Grenzen. Hörergrüße aus dem afrikanischen Busch, aus aller Welt, beweisen es.

Doch Radio Luxemburg - RTL - besteht nicht nur aus einem deutschsprachigen Programm. Aus dem Großherzogtum wird in insgesamt fünf verschiedenen Sprachen (Französisch, Englisch, Deutsch, Flämisch, Luxemburgisch) gesendet. Auf den Musikwellen von RTL ist das Vereinigte Europa solchermaßen schon Wirklichkeit geworden.

Obwohl in der Bundesrepublik von Millionen gehört, erhält der Sender keinen Pfennig an Hörergebühren. Trotzdem startet Radio Luxemburg eine Vielzahl von Aktionen, die im Interesse der Öffentlichkeit liegen und Geld kosten. So fahren zum Beispiel an jedem Wochenende in der Hauptreisezeit elf Ford-Verkehrsbeobachtungswagen auf den Straßen und Autobahnen der Bundesrepublik, um per Telefon direkt ins Studio 4 Verkehrslageberichte abzusetzen. Und wenn Not am Mann ist, legen die Fahrer dieser Wagen - darunter oft auch Sprecher des Teams - selbst helfend Hand an. Seit zwei Monaten sitzt außerdem ein Sprecher direkt in einem Studio beim Polizeiwarnfunk im Düsseldorfer Innenministerium, dessen Durchsagen ohne jede Zeitverzögerung direkt auf Sendung geschaltet werden.

Diese Aktualität pflegt Radio Luxemburg schon seit Jahren. Warnungen werden sofort bei Erhalt und Unterbrechung des laufenden Programms durchgegeben, damit es immer heißt: „Gute Fahrt mit Radio Luxemburg".

Sendezeiten, die eigentlich Geld kosten, stellt Radio Luxemburg aber auch gemeinnützigen Aktionen wie der Hilda-Heinemann-Stiftung oder „Jugend forscht" zur Verfügung.  




1973 erschien unter dem Titel starREVUE eine einmalige Sonderausgabe
zur Internationalen Funkausstellung in Berlin, herausgegeben von Gruner+Jahr, Abt. Tonträger, in Zusammenarbeit mit teleton. Sie enthielt Produktinfos zu teleton HiFi- und TV-Geräten sowie Schallplatten des Labels maritim, und auf der Rückseite einen großen bebilderten Artikel über Radio Luxemburg von Autor Olaf Steinbauer. Der Bericht zeigt wie populär der Sender Anfang der 70er Jahre war. Bemerkenswert sind die Aktionen "Ford-Verkehrs-beobachtungswagen" und "Verkehrslageberichte", aber auch andere kleine Details lassen vermuten, dass sich so manche Idee vom Luxemburger im öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk später weiter entwickelt hat bzw.
in neuerer Form wieder aufgetaucht ist.




Helga von Radio Luxemburg war laut Umfrage von 50 großen deutschen Tageszeitungen 1973
die beliebteste deutsch-sprachige Rundfunk-Specherin.



1000 Mark sammelte das Team für den guten Zweck und übergab ein Sparschwein für die Hilda-Heinemann-Stiftung.
Im Bild: Frau Heinemann
mit Direktor Frank Elstner (rechts) und Chefsprecher Jochen Pützenbacher (links) im Studio 4.




Die Ford-Autoflotte
von Radio Luxemburg

Fotos: © starREVUE-Sonder-ausgabe; Archiv Friedel Weiß