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Das große RTL Lexikon der Pop-Musik
Von Abba bis Zappa hieß die Devise für sechs Autoren und zahlreiche Mitarbeiter, die viele Monate lang rund um die Uhr schufteten, um dieses bis dato umfangreichste Lexikon über Pop-Musik zusammenzustellen. Zum ersten Mal wurde in einem Buch dieser Art das ganze Spektrum der populären Musik abgedeckt und die wichtigsten Acts aller Bereiche abgehandelt. Fachkundige Autoren von Radiosendern und fünfzig Musikjournalisten trugen mit ihren Vorschlägen zum Gelingen dieses Mammut-Werkes bei. Alle Mitarbeiter des Senders gruben und wühlten in ihren Archiven, Leute aus dem Showbusiness standen dem Team während der Arbeit mit Rat und Tat zur Seite.
Das Lexikon wurde im Oktober 1982 aus Anlass des 25-jährigen Senderjubiläums herausgegeben. So enthält das Buch dann auch im Vorspann einen großen Geschichtsteil unter dem Titel: Radio Luxemburg - 25 Jahre MUSIK-GESCHICHTE. Hier wird auf 25 Jahre Deutsches Programm zurückgeblickt, aber auch auf die Anfänge einer Luxemburger Rundfunk-Epoche, in der bereits deutsche Programme über den Äther gingen. Im Januar 1933 war der offizielle Starttermin für Radio Luxemburg. Nach Tagen aufgeteilt wurde in französischer, luxemburgischer, englischer, flämischer, italienischer und deutscher Sprache gesendet: "Hier ist Radio Luxemburg, der große internationale Sender". Ein bemerkenswertes Detail aus dem Buch: "Ein Mann namens Christopher Stone sitzt im englischen Programm am Mikrofon. Er hatte bereits in den zwanziger Jahren - damals noch in den Diensten der BBC - einen neuen Beruf erfunden: den Discjockey. Der erste waschechte Stone-Nachfolger für das deutsche Programm wird 1963 engagiert: Discjockey-Profi Jörg Ebner. Weitere 18 Jahre später gibt es mit der Stone-Kreation »Discjockey« Emanzipationsprobleme: Honey-Bee Benson kommt, durch und durch internationaler Disjockey-Profi. Aber ebenso durch und durch eine Frau. Sie tendiert zum Hörer-Tip: »Discjockelyn«. Christopher Stone unterhält in den Dreißigern seine Hörer unter anderem mit Bing Crosby, Duke Ellington, Glenn Miller, Lilian Harvey. Im Donnerstag-Programm-Teil für Deutschland tauchen am 12. Juli 1934 die Namen anderer Musiker auf: Brahms, Beethoven, Haydn, Tschaikowsky"...
Als Musiksender wurde Radio Luxemburg in Presseberichten der ausgehenden Fünfzigern charakterisiert. Mangels Plattenmasse war die Musik damals noch ein Problemkind, auch wenn sich der Archivbestand seit Einführung der sogenannten "Bemusterung" im Herbst 1957 bereits erheblich vergrößert hatte. Camillo Felgen, der 1958 kam, stellte seine eigenen Platten zur Verfügung und kennzeichnete sie mit einem tintengeschriebenen F.
Ein Moderationsstil, der für den deutschen Rundfunk völlig neu war, brachte Elisabeth ins Programm. Mit ihrer lockeren und lustigen Art sprach sie die Radio Luxemburg Hörer der frühen Jahre in »Die Stunde mit Elisabeth« persönlich an. Sie hatte vorher im englischen Programm gearbeitet und brachte von dort Radio-Knowhow mit. Ihr Stil wurde zum "Synomym" für Radio Luxemburg. Gründerzeit-Mitglied Elisabeth heiratete den Plattenproduzenten Hans Bertram, ihr Baby schrieb ein Stück deutscher Schlagergeschichte: Im "Babysitter-Boogie" von Ralph Bendix lacht und quiescht der Säugling herzhaft von einer Platte. Als Elisabeth Radio Luxemburg längst verlassen hatte, textete sie unter dem Pseudonym "Lilibert" unter anderem den Roy-Black-Hit "Schön ist es, auf der Welt zu sein", den er im Duett mit Anita sang (Goldener Löwe 4. März 1972). Roy Black bekam mehrmals den "Goldenen Löwen" von Radio Luxemburg und die "Goldene Europa" vom Saarländischen Rundfunk.100 Prozent Deutsch war anfangs das Trumpf-As der Luxemburger bis die rein-deutsche Linie von "Europas Schnulzensender Nr. 1" (Twen 1961) ab 1963 aufgeweicht wurde. Die Rolling Stones, Elvis Presley, Cliff Richard und die Bee Gees fanden in der Sendung »Hits aus aller Welt« (moderiert von Jörg Ebner) den Weg ins Musikprogramm von Radio Luxemburg.
Im RTL LEXIKON wird im History-Teil festgehalten, dass »die geistige Wiege des ab 1962 von der ARD ausgerichteten Schlagerfestivals in Luxemburg steht und dass das Team um Camillo Felgen zu den Uraufführern zählt. Von 1958 bis Herbst 1961. Zu Beginn des Schlagerfestivals war es das Rahmenprogramm für die Löwenverleihung an die drei Bestplatzierten der Hitparade. Das September-Festival 1961 war das letzte unter dem Löwen-Emblem. Der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß stiftete einen Ehrenpreis für die beste Marschmusik. "Unterm Lindenbaum, Johann" bekam den Marschmusik-Zuschlag am 23. September 1961 beim Deutschen Schlagerfestival in der Rhein-Main-Halle Wiesbaden. "Wir wollen", sagte Programmdirektor Helmut Stoldt bei seinem Amtsantritt 1964 "die Sorgen unserer Hörer vertreiben, wollen sie nicht belasten, wollen Freude in ihren Alltag bringen". Im gleichen Jahr kommen Helga Quitton und ein junger Mann zum Team, der 13 Jahre später, zum 20-jährigen Jubiläum von Radio Luxemburg, erklärt: "Wir wollen in unserem Programm den Alltag unserer Hörer widerspiegeln, aber ohne Grauschleier". 1964 war er gerade 22 Jahre alt und bereits ein Rundfunkprofi, der unter anderem im Südwestfunk-Hörspiel "Bambi" als Achtjähriger die Hauptrolle gesprochen hatte: Frank Elstner.
In diesem Jahr stoppte Camillo die Hitparade, was bei den Hörern einen Proteststurm auslöste. Der Chefsprecher befürchtete, dass durch Fanclubs die Platzierungen beeinflusst werden könnten. Nach einem Jahr kehrt die Hitparade mit verändertem Ausscheidungsmodus ins Programm zurück. Nun werden bei den Neuvorstellungen auch internationale Hits berücksichtigt. Im Februar 1965 landet zum ersten Mal in der Hitparaden-Geschichte von Radio Luxemburg ein ausländischer Song auf dem ersten Platz: "Downtown" von Petula Clark.
In der hitparadenlosen Zeit des Jahres 1964 wurde - um einen direkten Gradmesser für den Hörertrend zu haben - eine Sendung eingeführt, die es auch noch bei Erscheinen dieses POP-LEXIKONS gab: »Die Großen Acht«. Auch als die Hitparade wieder im Programm war, blieben »Die Großen Acht« erhalten. Pro Sendung wurden live sechs Plattengeschäfte angerufen, deren Verkaufszahlen gaben den Ausschlag für die Platzierungen. Um ein Gegengewicht zu den inzwischen stark internationalisierten »Großen Acht« zu schaffen, führte Camillo 1967 »Die Deutschen Zehn« ein. Er war der Meinung, dass die in den Plattengeschäften abgefragten Verkaufshits nicht identisch mit den Geschmackhits der Hörer sein müssen. Beide Sendungen wurden später unter dem Titel »Die Großen Acht« kombiniert - mit acht internationalen und acht deutschen Liedern. In diese Zeit fiel die Anweisung von Programmdirektor Helmut Stoldt (1968) grundsätzlich keine zwei ausländischen Titel hintereinander zu spielen. Im Frühjahr 1968 verließ Camillo Radio Luxemburg, Frank wurde sein Nachfolger als Chefsprecher. Etwa 15,5 Millionen Hörer pro Woche schalteten Radio Luxemburg ein; Roy Black wurde zum beliebtesten Schlagerstar gewählt und bekam dafür das Goldene Radio.
Ende der 60er Jahre setzte sich bei Radio Luxemburg ein 50 : 50 Trend bei der Musik durch, der Sender war auch weiterhin um den deutschen Schlager bemüht. Aus Radio Luxemburg wurde Radio-Télé-Luxembourg, kurz RTL. Alle RTL-Programme riefen 1969 in ihren Ländern zu einem Produzentenwettbewerb auf. Was von 1959 bis 1961 das Deutsche Schlagerfestival von Radio Luxemburg war, wurde jetzt auf internationaler Ebene zum »Grand-Prix-RTL-International«. Der Wettbewerb erregte Aufsehen, 1970 und 1972 übertrug das ZDF die Veranstaltung.
"Während der 1968 engagierte Rolf Röpke und der 1970 zum Team gekommene Ullrich (Ulf Pose) aus München über die Olympiade berichten, jubeln die Elvis-Fans unter den Radio Luxemburg-Hörern. Tony Prince von RTL London hat in Las Vegas Elvis interviewt. Mit verstecktem Mikrofon. Radio Luxemburg synchronisiert und sendet das Gespräch mit dem 'King of Rock'. In den »Hits aus aller Welt« gelingt es Jörg seine und RTLs Kontakte zur englischen Musikszene zu nutzen: Mehrere Songs der Beatles werden von Radio Luxemburg exklusiv vorgestellt".
Eine spezielle Sendung für Schüler wurde 1967 von Marion ins Leben gerufen, von Michael fortgesetzt und 1970 von Oliver übernommen: »Nachsitzen«. Hier wurde montags ab 15 Uhr eine Stunde lang gerockt. 1971 einigte sich das Team auf "mindestens 60 Prozent deutschsprachige Musik pro Programmstunde", nachdem Untersuchungen ergeben hatten, dass der deutsche Schlager mit weit über 60 Prozent an der Spitze der Publikumswünsche lag. Radio Luxemburg legte sich damit zu einer Zeit auf den hohen Prozentsatz deutschsprachiger Musik fest, während in den öffentlich-rechtlichen ARD-Sendern über Sinn und Unsinn des Deutschen Schlagerfestivals diskutiert wurde. 1973 moderierte Helga den "Schwanengesang" aus Berlin und feierte damit ihren TV-Durchbruch. Der NDR holte sie regelmäßig zur Moderation der »Schaubude« nach Hamburg.
"Das RTL-Team wächst mit dem Ausbau des Programms. Horst Tempel moderiert (ab 1972) mehrmals in der Woche das fast dreistündige Magazin »Mensch ärgere dich nicht«. Er gehört zu der schlagkräftigen Kreativ-Truppe, an deren Spitze der neue Programmdirektor Frank (seit Mai 1973, Stoldt war verstorben) und der neue Unterhaltungschef Jochen Pützenbacher stehen (seit 1970 dabei)". 1982 saßen von der damaligen Mannschaft noch am Mikrofon: Monika, Helga, Haidy und Achim, Axel, Edy, Jörg, Marion, Hans Meiser, Peter und Rolf. Ab 1974 Rainer Holbe, Günther und Matthias; 1976 Geert Müller-Gerbes und Camillo (als freier Mitarbeiter); 1979 Barbara, Björn, Viktor, Felix; 1980 Max Schautzer, Elmar Gunsch, Dave Christian, Karl Dall, Thomas Gottschalk, Reinhard Münchenhagen; 1981 Lou van Burg, Honey Bee Benson, Rolf Zuckowski, Wolfgang Rositzka, und ab 1982 Benno Weber.
Pierre Nilles arbeitete 1982 in der Redaktion des Luxemburger Programms. Enno Spielhagen ist verstorben (er wurde kurz vor Camillo Felgen als Musikspezialist engagiert und saß als "Franz" vor dem Mikrofon. 1964 wechselte er nach Saarbrücken, um die Europawelle Saar mit aufzubauen. Er wollte den persönlich-locker-lustigen Stil von Radio Luxemburg auf SR1 übertragen, was zu dieser Zeit aber misslang). Klabautermann-Erfinderin Annelie blieb bis 1970, Marianne und Klaus von 1963-66. Dieter Weidenfeld ging 1965 ins Künstlermanagement, Alf Wolf nach Saarbrücken. Dieter-Thomas Heck 1964-66 (machte anschließend bei der Europawelle Saar Karriere und präsentierte die Deutsche Schlagerparade); Brigitte 1966-72, Wolfgang 1967-70, Martin 1969-81, Sabine 1969-70, Oliver 1970-81, Hanny Eick (Susanne) 1970-74, Ulrich 1970-73, Gislind Milligan (Karin) 1971-77, Andreas 1972-76, Horst 1973-75, Christian Simon 1974-77, Christina und Ludwig 1975-79. Georg Bossert und Désirée Nosbusch 1977-81, Petra 1977-78, Hugo Egon Balder 1979-82, Carlheinz Hollmann 1980-81.
Mit dieser Truppe schaffte es Frank, das Image von Radio Luxemburg zu wandeln - ohne dabei das Stammpublikum zu vergraulen. Frank machte nicht mehr nur auf heile Welt, Information wurde nach und nach groß geschrieben. Olaf Steinbauer und Hans Meiser bauten die Nachrichtenredaktion auf. 1976 gab es mit Geert Müller-Gerbes das eigene »RTL-Studio Bonn«. Das Verkehrswarnsystem wurde eingeführt, ab 1973 zunächst an Wochenenden.
Am Pfingstsonntag 1982 fand bereits der siebte RTL-Kindertag statt, an dem die jüngsten Hörer einen ganzen Tag lang Programm gestalten durften. Für die Fans progressiver Musik hieß es täglich ab 19 Uhr »RTL Young« mit Honey Bee Benson, Jörg, Dave, Peter (aus Los Angeles) und Achim. Donnerstags von 14 bis 15 Uhr konnte sich das Jungvolk im Klassenverbund seine Hitparade zusammenbasteln. Die »Vier von der Schulbank« wurde im Wechsel von zwei Mädchen und zwei Jungen moderiert. Darunter Anke (16), dem Radio- und TV-Publikum der Neuzeit besser bekannt als Anke Engelke.
Der History-Teil im RTL LEXIKON der POP MUSIK endet mit dem Zitat: "An den Anfängen der 25 Jahre Musik-Geschichte von Radio Luxemburg stand das, was erst 15 Jahre später von Axel formuliert wurde: »Radio Luxemburg spielt Musik, die Hörer wünschen«. Für Gegenwart und Zukunft hat dieser Satz Gültigkeit. Nur: Mit der zunehmenden musikalischen Bandbreite wandeln sich auch die vielfältigen Wünsche eines Millionenpublikums". Autor des History-Beitrags ist Thomas Wilsch.
Anita Pospieschil
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