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Webausgabe 7-8/2023


Foto: © ORF

“Ö1 Hörspiel-Gala”: Publikumspreis und Kritikerpreis an “Zrugg” von Händl Klaus

Bei der vom ORF zum 30. Mal durchgeführten Publikumswahl wählten Ö1-Hörerinnen und Hörer aus 22 Neuproduktionen des Jahres 2022 ihr “Hörspiel des Jahres”. Sowohl das Publikum als auch die Literatur- und Kulturkritiker-Fachjury entschieden sich für “Zrugg“ von Händl Klaus unter der Regie von Martin Sailer. Damit wurde erstmals der zum 16. Mal vergebene “Hörspielpreis der Kritik“ auch an das vom Ö1-Publikum gewählte Hörspiel vergeben. Die Ergebnisse der Publikums und Juryentscheidungen wurden im Rahmen der “Ö1 Hörspiel-Gala“ am 24. Februar im ORF-Radio Kulturhaus bekannt gegeben.

Als “Schauspielerin des Jahres” wurde Brigitte Karner ausgezeichnet. Erstmals wurde auch ein Preis für “Bestes Sound Design“ eines Hörspiels vergeben. Hier konnte “Was siehst du? Die Nacht!“ von Ludwig Fels unter der Regie von Stefan Weber die Fachjury überzeugen. Ebenfalls ausgezeichnet wurden die Siegerprojekte von “Track 5‘“, dem in Kooperation mit der “schule für dichtung“ ausgeschriebenen Ö1-Kurzhörspiel-Wettbewerb.

“Zrugg“ ist “Hörspiel des Jahres 2022“

Sowohl das Ö1-Publikum als auch die Fachjury aus Literatur- und Kulturkritiker der “Salzburger Nachrichten“, der “Presse“, der “Kleinen Zeitung“, des “Falter“ und des “Standard“ prämierten das Stück “Zrugg“ von Händl Klaus unter der Regie von Martin Sailer zum “Hörspiel des Jahres 2022“. Damit wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Ö1 Hörspiel-Gala der Publikumspreis und der Preis der Kritik an das selbe Hörspiel vergeben. In “Zrugg“ findet man sich in einem Familientreffen wieder, bei dem viel geredet und ge-scherzt wurde. Als dieses sich dem Ende zuneigt, schreckt einer aus der Runde, der Dichter Giggi, auf. Ihm ist ein Wort, eine Wendung, die geäußert wurde, entfallen. Er braucht diese, um daraus ein Gedicht zu formen. Deshalb bittet er seine Familie das Gesagte zurückzuholen. Im gedanklichen Retourgang werden Familienepisoden nochmals erzählt. Das Hörspiel ist im Tiroler Dialekt gehalten, was auch den “Zurück“ bedeutenden Titel “Zrugg“ erklärt. Die Jury begründete ihre Wahl so: “Aus einem Gedanken, nämlich der Suche nach dem verlorenen Wort für ein Gedicht, entfaltet sich ein riesiges Panorama einer Tiroler Familie – mit Zeitgeschichte, mit zwischenmenschlichen Untiefen, die angesprochen, aber würdig umschifft werden. ‘Zrugg‘ von Händl Klaus ist ein raffiniertes, vielschichtiges Spiel mit der Sprache, das vom Anfang bis zum Schluss spannend bleibt. Der Tiroler Dialekt ist in diesem Hörspiel elegant, präzise, sorgfältig, hochdifferenziert und kultiviert, das Medium Hörspiel wird virtuos ausgereizt. ‘Zrugg‘ ist ein glorioses Tirol-Sprachspiel mit einer herrlichen Julia Gschnitzer und anderen vorzüglichen Schauspielerinnen und Schauspielern. Das Klischee, Dialekt-Sprecher hätten wenig bis nichts zu literarischer Poesie zu sagen, wird durch ‘Zrugg‘ ausgehebelt.“

Der zweite Platz bei der Ö1-Publikumswahl zum “Hörspiel des Jahres“ ging an “LECK MICH!“ von Elisabeth Weilenmann. Der dritte Platz ging an “aufsicht - eine Auseinandersetzung mit prekärer Arbeit im Kunstumfeld“ vom Kollektiv Weiter. Das Künstlerkollektiv Weiter, bestehend aus Autorin Alexandra Pâzgu, Musiker und Komponist Florian Kmet und Schauspieler Roman Blumenschein, veröffentlichte 2021 sein erstes Hörspiel “Die Eroberung der Stadt“ im Ö1-”Kunstradio“. Als weiterführende Recherche zum Thema Städteflanieren möchte das Kollektiv mit diesem Projekt einmal stillstehen, einatmen und nachdenken.

“Wie soll ich es sagen?“ war das Motto des Ö1-Kurzhörspielwettbewerbs “Track 5‘“, den Ö1 wieder mit der “schule
für dichtung“ ausgeschrieben hatte. Aus den 202 Einreichungen, die die Kriterien erfüllt haben, hat eine Jury zehn Kurzhörspiele nominiert: Die geforderten Kriterien waren neben einer Länge von maximal fünf Minuten ein Original-Ton und der Satz “Wie soll ich es sagen?“. Platz 1 und damit 1.000 Euro Preisgeld ging an Petra Nachbaur mit “ELTSCHIBISIBJU“. Den zweiten Platz mit 500 Euro belegte “Nos Itrocs ó Töte den Hund, der an mein Hirn bellt”. Platz drei ebenfalls mit 500 Euro ging an das Hörspiel “Vielleicht ist dann gar nichts“ von Johanna Schmidt. Zusätzlich vergab die “schule für dichtung“ zum neunten Mal einen mit 1.000 Euro dotierten Sonderpreis, der dieses Jahr an Paula van Well und Lara Bäucker für ihr Kurzhörstück “szenen einer zersetzung//der körper“ ging.

Dieses Jahr wurde zum ersten Mal der Preis für “Bestes Sound Design” vergeben. “Was siehst du? Die Nacht!“ von Ludwig Fels unter der Regie von Stefan Weber konnte die Fachjury überzeugen und belegte den ersten Platz. Der Dichter Ludwig Fels erzählt eine Geschichte zweier Menschen, die diese nicht mehr selbst erzählen können.

Seit 1997 wählt eine Fachjury die Hörspiel-Schauspielerin oder den Hörspiel-Schauspieler des Jahres. Diesmal fiel die Wahl auf Brigitte Karner für ihre herausragende Leistung in mehr als 30 ORF-Hörspielproduktionen, unter anderem in Thomas Bernhards “Theatermacher“ (2022), Etwas“ von Helmut Peschina (1997) oder “Hotel Savoy“ von Joseph Roth (1994). “Brigitte Karner gibt Frauenfiguren Wärme, Würde und Witz. Anmutig bis zornig, präzise und beseelt vermittelt sie uns weibliche Lebenswelten. Die Vielfalt der Rollen und die große Zahl an Hörspielproduktionen beweisen, dass die Schauspielerin Brigitte Karner dem Genre Hörspiel immer treu verbunden war“, so die Jurybegründung.

http://oe1.orf.at