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Webausgabe 9-10/2024



Fotos: @ Archiv Hans Knot

100 Jahre Radio (Teil 23) -
Olympia-Radio Helsinki 1952


Ich erinnere mich an ein Sportbuch, in das man Bilder zu den Olympischen Spielen in den 1950er Jahren einkleben konnte und das auch ein Kapitel zu den Olympischen Spielen 1952 in Finnland enthielt. Ich sah das Sammelalbum bewusst erst in den 1960er Jahren, und es stellte sich heraus, dass es ein Sammlerstück meines älteren Bruders Jelle war. Die vom Finnischen Olympischen Komitee organisierten Olympischen Spiele gingen als Folge 15 der Olympischen Spiele der Neuzeit in die Geschichte ein.

Die NRU, die Niederländische Rundfunkunion, war während dieser Spiele ebenfalls aktiv und hatte im Vorfeld ein Skript vom Finnischen Yleis Radio, dem staatlichen Sender, erhalten, in dem beschrieben wurde, wie die Eröffnung der Spiele abläuft. Ein Skript, dessen Notizen erhalten geblieben sind und damals in den Technischen Mitteilungen des Technischen Dienstes der NRU vom November 1952 veröffentlicht wurden.

Der Text begann mit “Olympiaradio”, gefolgt von: “Dieser Text wird dreimal wiederholt, und es folgt Start”. Oder der Aufnahmebefehl für die damals im Auftrag der NRU anwesenden Techniker. Olympia Radio war der Name, den die finnische Rundfunkgesellschaft der Organisation gab, die sie aufgebaut hatte, um die Berichterstattung über die 42 Länder, die sich zur Teilnahme angemeldet hatten, zu beginnen. Die anwesenden Journalisten hörten sogar dreimal das Wort “Radio Olympia” als Wählton über die Telefone, die ihnen von der Organisation zur Verfügung gestellt wurden.



Diese Telefone waren mit einer speziellen olympischen Telefonzentrale verbunden, an der Tausende von Anschlüssen realisiert worden waren. Bis dahin war die Organisation der Olympischen Spiele in vielerlei Hinsicht großartig, und das staatliche Finnische Radio Yleis hatte keine Kosten gescheut, um die ausländischen Berichterstatterteams zu bedienen. Die Radioarbeit wurde von Yleis-Technzentrum für die Inlandssendungen wurde vom Gebäude von Yleis Radio in Helsinki aus bereitgestellt und geleitet. Für die ausländischen Sender wurden im Olympiastadion und an einigen anderen Stellen im so genannten “Radiozentrum” spezielle Kabinen eingerichtet, die über 17 Leitungen mit anderen Sportplätzen in Helsinki und der näheren Umgebung verbunden waren. Ebenso gab es P.T.T.-Leitungen zu Orten wie Turku, Lathi und Kotka.

Auf diesen Sportplätzen wurden je nach der erwarteten Anzahl von Reportern eine größere oder kleinere Anzahl von Mikrofonen aufgestellt. Ein “Twin-Trax”-Magnetophon diente als Leitungsverstärker, so dass im Notfall eine Aufnahme vor Ort gemacht werden konnte. Techniker der NRU, so zeigen die gefundenen Unterlagen, machten davon mehrfach Gebrauch, vor allem im Schwimmstadion. Die Hintergrundgeräusche wurden von einem oder mehreren Mikrofonen aufgezeichnet und nach der Verstärkung an alle Kontrollräume der jeweiligen Sportstätte verteilt. Auf diese Weise konnte jeder Techniker selbst entscheiden, ob Hintergrundgeräusche hinzugefügt oder weggelassen werden sollten. Die abgehenden Leitungen und damit die Signale all dieser Geräte kamen direkt in den Schaltraum des Funkhauses.

Die Leitungen zum und vom Funkzentrum waren 1952 noch ungeschirmt, was zu einem gewissen Übersprechen führte, und gelegentlich wurde auch ein HF-Signal von Polizeisendern aufgefangen. Solche Signale wurden hauptsächlich in den ersten Verstärkerstufen erkannt.

Das Funkzentrum wurde unter den Tribünen an der Längsseite des Olympiastadions in Helsinki gegenüber dem Marathonturm errichtet. Im Erdgeschoss befanden sich das so genannte Buchungsbüro sowie die Informationsstelle, die Kantine, das Lager, die Werkstatt und das Büro des Chef de Bureau, also der Person, die letztlich für alle Sendungen verantwortlich war. Im ersten Stock befanden sich Arbeitsräume für die Reporter, das Ergebnisbüro, vier Aufnahmeräume ohne Kommentarstudio, 14 so genannte Abfertigungskabinen und eine Radioempfangsstation. Im zweiten Obergeschoss des Funkhauses befanden sich dann Schalträume, die technische Verwaltung und 30 Kontroll- und Aufnahmeräume. Diese verfügten jeweils über ein angeschlossenes Kommentarstudio.



Am Fuße des bereits erwähnten Marathonturms waren 30 Mikrofone aufgestellt, die jeweils direkt mit einem der 30 Kontrollräume verbunden waren. Ein unter den Tribünen aufgehängter Holzsteg verband diese 30 Reporterplätze mit dem eigentlichen Funkhaus. So mussten Reporter, Techniker und andere Mitarbeiter nicht durch das Publikum gehen.

Einige weitere Zahlen: 42 Länder hatten Reporter entsandt, 21 erhielten einen eigenen Aufnahmeraum. Die anderen Länder konnten die übrigen neun und eventuell einen der vier freien Aufnahme-räume im Zwischengeschoss nutzen. Die Niederlande teilten sich Studio und Regieraum Nummer 17 mit Indonesien. Die Indonesischen Sendungen, 15 Minuten pro Tag, wurden von NRU-Technikern aufgezeichnet und über P.C.J Sender nach Indonesien gesendet.

Aus den gefundenen Dokumenten geht hervor, dass technisch nicht alles nach Plan lief. So wurden zum Beispiel die bereits erwähnten amerikanischen “Twin Trax”-Maschinen durch AEG-Maschinen ersetzt, die teilweise unzuverlässig waren. Während bei den Twin Trax-Maschinen der untere Teil der entlang der Köpfe verlaufenden Bänder verwendet wurde, wurde bei den ursprünglichen AEG-Maschinen der obere Teil verwendet. Auf Wunsch des damaligen finnischen Senders lieferte AEG modifizierte Maschinen, so dass sie in Kombination mit den amerikanischen Maschinen eingesetzt werden konnten.

Die Mitarbeiter aus Hilversum verwendeten in Finnland ihre eigenen Bänder, nicht nur im Reportagewagen, sondern auch in den Kontrollräumen im Olympiastadion und an den anderen Sportstätten. Es war ihnen nämlich nicht gestattet, die von Yleis gelieferten Reifen mit dem Cut-and-Paste-System zu montieren. Die Finnischen Techniker wurden speziell geschult, um die Reifen durch bloßes Kopieren zu montieren.



Für die Tür dieser Ausgabe der Olympischen Spiele waren 12 Leitungen und zwei Kurzwellenverbindungen für die Übertragung von Nachrichten und Berichten reserviert. Die 12 Leitungen waren einerseits ständig mit den wichtigsten europäischen Sendezentren verbunden und andererseits mit den bereits erwähnten Abfertigungskabinen. Diese Kabinen waren alle mit einem Verstärker ausgestattet, da sie seinerzeit für die Olympischen Spiele 1940 entworfen und gebaut wurden. Sie bestanden aus drei Eingangsreglern, die auf sechs Kanäle umschaltbar waren. Daran angeschlossen waren ein Mikrofon, ein Orthofen-Drehteller, die ankommende Leitung, ein Zeitsignal und ein 800-Hz-Ton, der periodisch von einem Morsesein H.K.I. unterbrochen wurde, das für Helsinki stand.

Das Zeitsignal war die Greenwich-Zeit, die mit der damaligen Zeit in den Niederlanden synchronisiert war. In den aufgefundenen Notizen heißt es weiter, dass Yleis, die staatliche Finnische Rundfunkanstalt, über zu wenig fest angestellte Techniker verfügte, um alle Arbeiten sorgfältig auszuführen. Zusätzlich wurden Technikstudenten und Techniker eingesetzt, die dazu überredet wurden, auf ihren geplanten Urlaub zu verzichten. Diese Techniker waren jedoch gründlich geschult worden, um sich in das Gesamtteam einzufügen, und waren der Aufgabe und dem Druck gewachsen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es für Yleis Radio im Jahr 1952 ein schöner Erfolg war, allen ausländischen Radiostationen die technischen Voraussetzungen zu bieten, um die Berichterstattung über die Olympischen Spiele in Finnland ordnungsgemäß und zügig durchzuführen.

Hans Knot

Quelle: N.R.U. Technical Communications Technical Service Office. Sammlung Freewave Nostalgia, Sammlung Mans.