Fotos: @ Archiv Hans Knot
100 Jahre Radio (Teil 22) -
Eintauchen in das Jahr 1938
Wir tauchen ein in das Jahr 1938 und schauen uns zunächst an, was es
an staatlichen Verlautbarungen gab in den Niederlanden. Oft sind es
kurze Sätze, die damals verständlich gewesen sein mögen, aber viele
Jahrzehnte später manchmal unverständlich erscheinen.
Was den Rundfunk betrifft, so kann nach Ansicht des Ministers von
einer Doppelmoral keine Rede sein der Entscheidung seines
Amtsvorgängers, mit der die dem Freidenker-Rundfunkverband erteilte
vorläufige Genehmigung zurückgezogen wurde.
Was die Herausgabe von Kalendern und Broschüren durch die
Rundfunkvereine betrifft, so stellt der Minister fest, dass er aus
keiner gesetzlichen Bestimmung die Befugnis ableiten könnte, die
Schaffung einer Vorschrift in der Vollzugsordnung für den Rundfunk
voranzutreiben oder in der Sendegenehmigung ein Erfordernis
aufzustellen, das derartige Veröffentlichungen verbieten würde.
Bis November 1938 waren von den insgesamt 818
Rundfunkverbreitungsgenehmigungen, die den Gemeinden und
Einzelpersonen erteilt worden waren, 745 verlängert worden, während
bei den 73 verbleibenden Genehmigungen aufgrund des Zustands, in dem
sich die Einrichtungen befanden, oder aus anderen Grün-den keine
Entscheidung über eine Verlängerung getroffen wurde. Diese
Verlängerung lief dann offiziell bis zum 1. Mai 1942 und konnte bis
zum 1. Mai 1947 verlängert werden, so die Regierungserklärung. Es
wurde jedoch hinzugefügt, dass eine Verlängerung nicht in Frage
käme, wenn sich vor diesem Datum wesentliche Veränderungen im
Rundfunksystem oder in der Technik ab-zeichnen würden, die es
erforderlich machen, die gesamte Frage der Rundfunkverbreitung zu
überdenken.
Es sollte klar sein, dass im Mai 1940 der Zweite Weltkrieg auch
unser Land traf, und in den folgenden Jahren wurde von den Deutschen
eine sehr strenge Politik gegenüber dem Rundfunk im Allgemeinen
verfolgt.
Über die möglichen Probleme, die die Regierung auf sich zukommen
sah, wurde in der ersten Novemberhälfte 1938 die folgende Erklärung
abgegeben. Im Anschluss an den Bericht des Unterhauses. Auf den
Bericht des Unterhauses über die Vorlage zur Ratifizierung des von
den Niederlanden unterzeichneten Vertrages über die Benutzung des
Rundfunks im Interesse des Friedens nimmt die Regierung folgendes
zur Kenntnis. Die Frage, ob eine andere Macht gegen die Bestimmungen
des betreffenden Vertrages verstoßen hat oder nicht, sollte bei der
Beurteilung und Würdigung dieses Gesetzentwurfs außer Acht gelassen
werden.
Es geht allein um die Frage, ob die Niederlande, die den Vertrag
bereits unterzeichnet hat, dessen Bestimmungen einhalten wollen und
ob sie diesen Vertrag für die Förderung guter internationaler
Beziehungen für nützlich halten. Diese Frage kann eindeutig bejaht
werden. Wenn dieser Vertrag ratifiziert wird, kann davon ausgegangen
werden, dass die Niederlande sich an seine Bestimmungen gebunden
fühlen und daher von Handlungen absehen, die ihnen zuwiderlaufen.
In Anbetracht dessen kann gegen eine Ratifizierung zum jetzigen
Zeitpunkt kein Einwand erhoben werden. In Bezug auf das
Übereinkommen ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die
Vollzugsordnung für den Rundfunk von 1930 vorsieht, dass Sendungen
nicht eindeutig für das Ausland bestimmt sein dürfen, wenn bekannt
ist, dass sie in einem befreundeten Staat nicht erlaubt sind.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Rundfunkanstalten nur
Nachrichten senden dürfen, die von einer guten Presseagentur
stammen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Nachrichtenagentur
ANP die Berichterstattung für den Sender übernommen hat. Da die
niederländische Presse damals im Ausland allgemein gut bekannt war
und es in den vorangegangenen Jahren nie Anzeichen für eine
parteiische Berichterstattung gegeben hatte, gab es keinen Grund zu
der Annahme, dass die Berichterstattung über die Rundfunkanstalt
einen Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen ermöglichen würde.
Bemerkenswerterweise fand ich diesen Zeitungsbericht vom 19.
November 1938, in dem es hieß, dass eine besondere Radiosendung
zwischen den Niederlanden und Japan stattfinden würde. Es handelte
sich um eine einzigartige Zusammenarbeit zwischen der AVRO und dem
japanischen Staatssender, die als so genanntes Austauschprogramm
bezeichnet wurde.
Zu diesem Zweck sendete der japanische Sender am nächsten Morgen ab
11.20 Uhr niederländischer Zeit von Tokio aus auf der Wellenlänge
19,79 m, wobei unter anderem eine auf die Niederlande gerichtete
Antenne verwendet wurde. In Tokio sprachen Z. E. Sato, der damalige
Außenminister und der niederländische Gesandte in Tokio, General J.
C. Pabst.
Die Reden wurden von japanischer Musik begleitet. Die Klänge aus
Japan wurden auf Schallplatten aufgezeichnet und von der A.V.R.O. am
folgenden Sonntagnachmittag um 3.40 Uhr erneut gesendet. Im
Anschluss daran, gegen 4.00 Uhr, ließ die AVRO ein Sonderprogramm in
Richtung Japan ausstrahlen. Es wurde über die 301 Meter und über den
P.C.J. Transmitter auf 13,97 Meter ausgestrahlt.
Die Sprecher dieser Sendung waren: Kasuwe Kuwajima, Gesandter Japans
in Den Haag und E. D. van Walree, Vorsitzender der
Niederländisch-Japanischen Gesellschaft. Die Reden wurden von
niederländischer Musik begleitet. In keiner Weise lässt sich
feststellen, ob es Zuhörer gab und wie hoch die Qualität der
ausgestrahlten Sendungen damals war.
Sind Sie neugierig, was an Sonntagen, dem einzigen freien Tag in der
Woche für viele damals, zu hören war? Hier die Übersicht vom 27.
November 1938.
Hilversum I. 1875 und 415,5 m. Aufgeteilt zwischen NCRV und KRO,
unter anderem 8.30 Uhr Morgenandacht, 9.30 Uhr Grammophonmusik,
10.00 Uhr Hochamt, 11.30 Uhr Grammophonmusik, 12.15 Uhr Kausalserie
“Das Engagement des Staates auf dem Gebiet der Blinden”, 35 KRO-Melodisten
und Solist, 13.00 Buchbesprechung, 13.20 KRO-Orchester, 14.00
Religionsunterricht für ältere Menschen, 14.30-15.05 “Wie die Kirche
zur Weihnachtszeit singt”, Kausalreihe (mit Grammophonplatten).
15.10 Klavierkonzert und Grammophonmusik, 15.55 Grammophonmusik.
16.10 Uhr Hörspiel mit Gesangsillustrationen, 16.55 Uhr
Sportnachrichten, 17.00 Uhr Reformierter Gottesdienst. Anschließend:
Gesuchte Musik (Schallplatten), 19.45 Sportnachrichten, 19.50
Grammophonmusik, 20.00 Nachrichten ANP-Ankündigungen. 20.15
KRO-Orchester, 20.45 Auswahl aus der Operette “Viktoria und ihr
Husar”, 21.05 Saxophonkonzert mit Klavierbegleitung, 21.20
Grammophon-Musik. 21.50 Fortsetzung des Konzerts, 22.05 KRO
Kamerorkest, 22.30 Nachrichten ANP und 22.40-23.00 Epilog,
anschließend Schließung des Bahnhofs.
Hilversum 11. 301,5 m. Sendezeit aufgeteilt zwischen VARA, AVRO und
VPRO, unter anderem. 8.00 AVRO Grammophon Musik. 9.01
Sportnachrichten, 9.05 Gartenbauvortrag, 9.30 Trio-Konzert, 9.45
Kausalserie “Von Staat und Gesellschaft”, 10.00 Residentie-Orchester
und Solisten, 10.40 Deklamation und Grammophonmusik, 11.00
Esmeralda, VARA-Kinderchor “De Merels” und VARA-Orchester. 12.00
Causeway-Reihe...
Hans Knot