Fotos: © WDR/Ben Knabe
Deutscher Hörbuchpreis 2023
in sieben Kategorien vergeben
In einer Live-Radiosendung bei WDR 5 wurden am 28. Februar die
Gewinnerinnen und Gewinner des Deutschen Hörbuchpreises 2023 bekannt
gegeben. Erstmals seit der Pandemie konnte der Verein Deutscher
Hörbuchpreis mit seinen drei Jurys wieder in Präsenz tagen. Aus
insgesamt rund 350 Einreichungen wählten sie in einem mehrstufigen
Verfahren folgende Preisträgerinnen und Preisträger aus:
Schauspieler Max von Pufendorf gewinnt den Preis in der
Kategorie “Bester Interpret“ für seine Lesung des Romans “Ich
ist ein anderer. Heptalogie III-V“ des norwegischen Autors Jon
Fosse (Hörkultur Verlag). “Ohne jegliche Hürde“ gleite man dank der
“packenden Sprachmelodie“ und der “klaren, warmen Stimme“ des
Interpreten in einen Text, dessen punktlose Bandwurmsätze und “karge
Erzählweise“ das eigene Lesen ungleich schwieriger gestalten als das
Hören, befindet die Preisträgerjury. Dem “kolossalen, fast schon
meditativen Sog“ dieser Literatur verleihe von Pufendorf Struktur,
ohne ihn zu stoppen: “ein Hörbuch mit Mehrwert!“
Als “Beste Interpretin“ wird Schauspielerin Nina Hoss geehrt für
ihre “souveräne Lesung“ von Dörte Hansens Bestseller “Zur See“
(Random House Audio). “Unbeeindruckt von möglichen Erwartungen und
naheliegenden Gefälligkeiten“ schaffe Hoss “ein ganz eigenes
Kunstwerk“, indem sie “selbstbewusst und ruhig, hellwach und
pointiert“ sowohl der “Tiefe und Breite“ des Textes Raum gebe als
auch “mit nahezu greifbarer Empathie“ die Figuren des Romans zu
Personen werden lasse. “Substanziell stark und elegant zugleich“
präsentiere sich Nina Hoss mit dieser Lesung als “eine Insel im Meer
der Stimmen“.
Regisseur Ulrich Lampen erhält den Preis in der Kategorie
“Bestes Hörspiel“ für seine Adaption des Klassikers “Bonjour
tristesse“ von Françoise Sagan für den Hessischen Rundfunk (Der
Audio Verlag). “Ein Hörspiel wie ein Urlaub am Meer“, so empfindet
es die
Jury. Man tauche augenblicklich ein in die Idylle an der Côte d’Azur
mit ihrer „prallen Sonne“ und den “klirrenden Eis-würfeln im Glas“.
Changierend “zwischen Hitze und Kälte, auch emotional“ entfalte
Ulrich Lampen sein Hörspiel, das “alles in der Schwebe“ halte und
auch deshalb so “lebensnah und überzeugend“ sei, weil jede Figur mit
ihren Sehnsüchten ernst genommen werde.
In der Kategorie “Beste Unterhaltung“ wird Luise Helm als Sprecherin
des Romans “Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus ausgezeichnet
(Hörbuch Hamburg/Osterwoldaudio). In einer beispielhaften “Symbiose
von Text und Stimme“ verkörpere Luise Helm die kämpferische
Selbstbehauptung der Protagonistin in einem patriarchalen Umfeld
“mit so viel Energie und Glaubwürdigkeit“, dass deren turbulentes
Leben “plastisch“ auferstehe. Seiner komödiantischen Seite ebenso
gerecht werdend wie der dramatischen, bereite die Sprecherin dem
Text “gekonnt die Bühne“ – ein “Hörgenuss“ in den Ohren der
erfreuten Jurorinnen und Juroren.
Die Entscheidung in der Kategorie “Bestes Kinderhörbuch“ traf eine
fünfköpfige Kinderjury, diesmal ausgerichtet vom Literaturbüro
Ostwestfalen-Lippe in Detmold. Sie kürte Schauspieler und Sprecher
Jona Mues zum Preisträger für seine Lesung des Fantasyromans “Sansaria.
Träume der Finsternis“ von Tania Messner (Oetinger audio). “Lebendig
und liebevoll“ lese Mues das Buch, finden die Kinder, und man spüre,
wie viel Spaß ihm das gemacht habe. Seine “abwechslungsreiche“
Lesung in einem “tollen Tempo“ halte die Spannung über fast elf
Stunden und ziehe die Zuhörer mitten hinein in die fantastische
Traumwelt, in der sich der Sprecher für die vielen Figuren “jeweils
eine eigene Stimme“ ausgedacht habe.
Autor Mohamed Amjahid bekommt den Preis in der Kategorie “Bester
Podcast“ für “17 Tage Scheitern – wie Freiwillige in Afghanistan
aushalfen“ (WDR). “Ein Zeitdokument im besten Sinne“ werde hier
gewürdigt, lautet die Begründung der Preisträgerjury. Die
“packende“, aber nicht vordergründige Dramaturgie lasse Raum für die
journalistische Einordnung des Geschehens im Herbst 2021 und auch
für die sich einstellende “Sprachlosigkeit“ angesichts der
gebrochenen Versprechen westlicher Regierungen. Man könne von diesem
Podcast, einer “Weltgeschichte im Kleinformat“, mehr über die
Zusammen-hänge lernen, “als die Nachrichten allein erzählen“.
“Das besondere Hörbuch“ des Jahres 2022 schließlich sehen die
Jurorinnen und Juroren im vierteiligen Hörspielzyklus “Der Ring
des Nibelungen“ nach den Opernlibretti von Richard Wagner
(Rundfunk Berlin-Brandenburg/Der Audio Verlag). In ihrer
Abschiedsinszenierung für den rbb hat Regisseurin Regine Ahrem
das 16-stündige Opernwerk zu einem fünfstündigen Fantasyhörspiel
verdichtet, dafür die “stabgereimten Stolpersteine“ gestrichen und
das moderne Hochdeutsch, untermalt von Neukompositionen “im
akustischen Breitwandformat“, von einem “spielfreudigen“ und
hochkarätigen Ensemble in Kunstkopfstereofonie einsprechen lassen:
“formal wie inhaltlich auf Höhe der Zeit“, rühmt die Jury.
Mit Ausnahme der undotierten Kategorie “Das besondere Hörbuch“ ist
der Deutsche Hörbuchpreis mit 3.333 Euro dotiert.
Die Live-Radiosendung auf WDR 5 war auch im Deutschlandradio / Kanal
“Dokumente und Debatten“, als Stream unter bayern2.de sowie auf den
Kultursendern hr2-kultur, NDR Kultur, rbbKultur, SR 2 und SWR2 zu
hören. Einer langjährigen Tradition entsprechend eröffnete die
Verleihung des Deutschen Hörbuchpreises das internationale
Literaturfest Lit.COLOGNE, das vom 1. bis 11. März 2023 stattfindet.
Die Sendung “Deutscher Hörbuchpreis 2023“ ist in der ARD-Audiothek
nachzuhören:
www.ardaudiothek.de
Moderation: Rebecca Link
Musik: WDR Big Band Small Group;
Redaktion: Tobias Habig, WDR 5.
Mehr Informationen zum Deutschen Hörbuchpreis unter:
www.deutscher-hoerbuchpreis.de