Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern
Foto: © Ingo Gauß
Eine vielseitige Moderatorin -
Simone Panteleit ist in Radio und Fernsehen zu Hause
Moderatoren, die das Radio- und Fernsehhandwerk gleich gut
beherrschen, sind selten anzutreffen. Eines dieser positiven
Beispiele ist Simone Panteleit. Sie ist seit 15 Jahren bei
verschiedenen Rundfunksendern im „Haifischbecken“ Berlin aktiv, war
Redakteurin, Chefmoderatorin und präsentierte Morningshows. Geübt im
zeitigen Aufstehen ist Simone seit Mai 2008 als Moderatorin im
SAT.1-Frühstücksfernsehen zu sehen.
Mit der vom Radio gewohnten Mischung aus Charme, Neugier, Humor,
Herzlichkeit und ihrem soliden journalistischen Rüstzeug gelingt es
ihr überzeugend, die gerade zu Tagesbeginn so wichtige Balance
zwischen Information und Unterhaltung zu halten. Dem Radio ist sie
dennoch treu geblieben und geht in der Sendung »Warum? Darum!« beim
Berliner Rundfunk 91.4 Alltagsfragen kenntnisreich und spannend auf
den Grund.
Nachrichtensprecherin mit Vier
„Bei uns zu Hause in der Küche lief immer das Radio und zu hören
waren immer Schlager“, erinnert sich Simone Panteleit an ihre frühe
Kindheit. Bereits damals war der Wunsch da, einmal näher mit diesem
faszinierenden Medium zu tun haben zu wollen. Im zarten Alter von
vier Jahren drückte die kleine Simone bereits auf den Aufnahmeknopf
ihres Kassettenrekorders und sprach selbst erdachte Nachrichten.
Eine Schlagzeile hat sie noch im Kopf: „Mein Papa ist Bundeskanzler
geworden!“
Dass Radio nicht nur informativ sondern auch unterhaltend sein soll,
war dem aufgeweckten Mädchen ebenso klar. „Mit meiner Schwester habe
ich Musik gesungen oder geflötet.“ Und damit die Rollenverteilung
bei den gemeinsamen Funkstunden klar war, fiel - wie sich Simone
heute schmunzelnd erinnert - auch mal der Satz: „Ich bin hier die
Moderatorin!“.
Später
überlegte sie jedoch, Krankenschwester zu werden. Nach einer
Knie-Operation in der 11. Klasse und der damit verbundenen Auflage,
keine schwere Arbeit zu verrichten, hatte sich das aber schnell
wieder erledigt. „Auf einem Zettel notierte ich dann viele Berufe,
die ich spannend fand, von ‚Goldschmied’, über ‚Kindergärtnerin’ bis
hin zu ‚Radio?’. Nach und nach habe ich alles wieder durchgestrichen
- ich hab’ kein Händchen für filigrane Goldschmiedearbeiten und den
ganzen Tag die Kinder anderer Leute betreuen fand ich auch zu
anstrengend - nur das Radio mit dem dicken Fragezeichen blieb
übrig“, erinnert sich Simone Panteleit.
Die gebürtige Frankfurterin, die an einem 29. Februar das Licht der
Welt erblickte und damit nur alle vier Jahre ihren richtigen
Geburtstag feiern kann, hörte gern hr3 und damit natürlich Koschwitz
und Reinke. Beide sind bekanntlich immer noch auf Sendung, wenn auch
auf anderen Wellen. Simone Panteleit selbst wollte eher in Richtung
Nachrichten gehen und hatte am journalistischen Arbeiten Interesse.
Noch heute hat sie einen interessanten Beitrag über das Thema
„Wasser“ im Kopf, den sie damals abends in ihrem Zimmer hörte.
Während einer Uniwoche kam sie mit Radioleuten in Kontakt und merkte
sich den Satz: „Der Markt ist dicht, aber wenn ihr wirklich dafür
brennt, macht es!“
Einstieg in Stuttgart
Erstmal hatte Simone, vermittelt durch einen Bekannten, ein
Praktikum bei einer Zeitung ins Auge gefasst. Den Berufswunsch
‚Radio’ musste sie zu Hause bei ihren Eltern gut begründen. Der
Vater war Polizist und der Ratschlag natürlich klar: „Werde
Beamtin!“ Doch als er merkte, dass es Simone mit ihrer Berufswahl
ernst war, brachte er ihr eine Zeitschrift, wo Radio M in Stuttgart
Schnupperkurse anbot. „Die haben keine eigene Sendelizenz sondern
machen Beiträge, die sie an andere Sender verkaufen. Ich brachte
dann dort ein Wochenende zu, wo meine Eignung geprüft werden sollte.
Dabei legte ich mich ordentlich ins Zeug, versuchte einen guten
Beitrag zu bauen und am Ende hieß es dann, ‚Mädel, Du bist gut,
mach’ das!’. Ich wollte das journalistische Handwerk von der Pike
auf bei einem großen Sender lernen - und wo wäre das besser gegangen
als in der Radiohauptstadt Berlin!?“
Auf
nach Berlin
Simone Panteleit begann ihr Germanistik-, Jura- und
Geschichtsstudium an der Freien Universität, traute sich die ersten
drei Semester jedoch nicht, bei einem Radiosender eine Bewerbung
abzugeben. „Einerseits wollte ich den Fuß in die Tür bekommen,
andererseits hatte ich Angst vor Absagen und dass der Traum wie eine
Seifenblase platzt.“ Schließlich - als sie sich entschieden hatte,
nur Jura weitermachen zu wollen - lernte Simone auf einer
Geburtstagsparty ein Mädel kennen, deren Kumpel wiederum Redakteur
bei 94’3 r.s.2 war. Er erfuhr so, dass es eine junge,
radiobegeisterte Studentin gab, die sich noch nicht so richtig
traute, den entscheidenden Schritt zu machen. Vor dem ersehnten
Volontariat stand jedoch ein Praktikum, denn - so gab man Simone zu
verstehen - „wir kaufen die Katze nicht im Sack“. Sie musste beim
Chefredakteur vorsprechen und hat noch den ersten Satz des Beitrages
in Erinnerung: „Reiselustig ist er ja, Karol Woytila, besser bekannt
auch als Papst Johannes Paul II.“
Simone war damals die einzige Frau in der Redaktion und man ließ sie
schon viel und relativ früh sprechen. „Am Anfang hatte ich jedoch
Mikrofonangst und meine Stimme wurde immer höher. Ich klang wie
Zwölf“, blickt Simone Panteleit zurück. Sie bekam Sprechtraining und
ihr Chef Ralf Mothil fuhr drei Wochen in den Urlaub. „Danach
entscheiden wir, ob es mit dem Volontariat etwas wird“, sagte er zur
Verabschiedung. Und der Chef vom Dienst hatte noch einen Tipp parat,
wie es mit dem Sprechen besser klappen könnte: „Simone, versuch es
doch mal mit ein bisschen Erotik in der Stimme.“ Gesagt, gewundert -
aber getan („ich dachte mir: Da muss man dann möglichst tief
sprechen und einfach entspannt sein“) und tatsächlich klang sie ab
da nicht nur wie sie selbst - es klappte auch mit dem Volo.
Mädchen für alles bei r.s.2
Das Volontariat forderte von ihr schon früh die ganze Palette des
Möglichen ab. Simone war Springerin für die damals noch
existierenden Regionalstudios in Cottbus, Frankfurt/Oder und
Schwedt, moderierte nachts im Berliner Studio und präsentierte die
Morgennachrichten mit Jörg Trotzki zusammen. Sie arbeitete dann noch
anderthalb Jahre weiter in der großen Senderetage mit den langen
Fluren in der Voltastraße, war hier Redakteurin, Moderatorin und
kommissarische Chefin vom Dienst. Zuletzt sendete sie als Wetterfrau
in der Morgenmannschaft um Katrin Schifelbein und Jochen Trus. Dann
folgte Simone Panteleit dem Ruf von Radio Paradiso an den Kleinen
Wannsee und blieb hier wiederum vier Jahre. Sie fing am Nachmittag
an und übernahm als Chefmoderatorin schließlich die Morningshow.
„Hier konnte ich deutlich mehr auf die Sendung und die
Programminhalte Einfluss nehmen. Und auch so war das eine gute
Zeit“, erinnert sich Simone, die in dieser Zeit ihr erstes Kind
bekam und das familienfreundliche Klima bei Radio Paradiso als sehr
hilfreich empfand. Im Jahr 2004 wechselte sie dorthin zurück, wo
alles begann. Erneut war Simone Panteleit bei 94’3 r.s.2 zu hören -
erst am Abend und dann zweieinhalb Jahre in der Tagesschicht mit
ihrer Sendung »Simone bei er Arbeit« von 10.00 bis 15.00 Uhr. Sie
mochte diese Sendeschiene, wo die Hörer länger dabei sind als am
Morgen oder am Nachmittag und konnte hier in ihrer unnachahmlichen
Art nette Geschichten erzählen und die Berliner und Brandenburger im
besten Sinne unterhalten. Bereits zu dieser Zeit wurde Simone zu
einem Casting für das SAT.1-Frühstücksfernsehen eingeladen, das
gerade um eine Stunde von 9.00 auf 10.00 Uhr verlängert wurde. Zum
damaligen Zeitpunkt erschien ihr der Wechsel jedoch zu unsicher und
so blieb Simone Panteleit beim Radio. Bei r.s.2 übernahm Marcus
Kaiser die Morningshow und sie war für ein Jahr als Co-Moderatorin
wieder mit dabei. Dann kam erneut eine Anfrage vom
Frühstücksfernsehen und Simone beschloss: Jetzt oder nie! „Ich
dachte mir: Ein drittes Mal werden sie nicht fragen. Und da ich beim
Radio zu diesem Zeitpunkt bereits so ziemlich alles on air gemacht
hatte, was man machen kann und Lust auf eine neue Herausforderung
hatte, sagte ich zu.“
Simone mit Co-Moderator Jan Hahn
Foto: © Ingo Gauß
Abenteuer
Frühstücksfernsehen
Erleichternd kam hinzu, dass das SAT.1-Frühstücksfernsehen auch in
Berlin produziert wird. Nachdem der Gebäudekomplex am
Hausvogteiplatz in Mitte aufgegeben wurde ist nun die hochmoderne
„Fernsehwerft“ am Osthafen der neue Sendestandort. Hier entsteht
auch das SAT.1-Magazin, das Simone Panteleit als Stellvertreterin
ebenfalls einige Wochen im Jahr moderiert. Mit der inhaltlichen
Mischung ist sie sehr zufrieden. „Das Frühstücksfernsehen ist ein
großartiges Format, mit so vielen unterschiedlichen Facetten und
Gästen - es wird nie langweilig. Und wir haben uns mittlerweile bis
nach Hollywood einen Ruf erarbeitet. Harrison Ford war schon dreimal
da, Will Smith mit seiner ganzen Familie, Reese Witherspoon und
Kiefer Sutherland, Bradley Cooper - um nur mal einige Namen zu
nennen. Unser Studiohund Lotte ist dabei ideal dafür geeignet, das
Eis zu brechen.“ Froh ist Simone auch darüber, dass man sie machen
lässt. „Beim Frühstücksfernsehen habe ich viel größere Freiheiten
als beim Radio. Hier bin ich nicht nur auf Ramps reduziert. Gerade
die Live-Talks sind eine große Herausforderung und die Bildebene
bringt noch mal ganz andere Möglichkeiten mit sich.“
Fuß in der Tür beim Radio
Den
sprichwörtlichen Fuß in der Tür wollte Simone Panteleit dennoch beim
Radio behalten. Dankbar ist sie bis heute ihrem „Ziehpapa“ und
ersten Chef bei r.s.2, Ralf Mothil, der sie gut coachte und von dem
sie viel gelernt hat. Sie sieht ihre Rundfunkausflüge auch nach wie
vor als gute Ergänzung zum Fernsehen. „Radio ist insofern
schwieriger und spannender, weil man es schaffen muss, mit der
Stimme und dem, was man erzählt, die Leute zu binden.“ Zunächst
moderierte sie für anderthalb Jahre »Meine Reiseshow« auf 98.2 Radio
Paradiso, seit November 2010 ist sie mit »Warum? Darum!« beim
Berliner Rundfunk 91.4 zu hören. Hier ist Simone Panteleit täglich
um 15.15 Uhr und sonntags zwischen 10.00 und 13.00 Uhr den
Geheimnissen des Alltags auf der Spur und ergründet zum Beispiel,
warum Brausetabletten im Wasser sprudeln, warum die Spinne nicht im
eigenen Netz kleben bleibt oder warum bei Raketenstarts eigentlich
rückwärts gezählt wird. Schon bei r.s.2 war genau dieses „Warum?
Darum!“ ihre Lieblingsrubrik, die in der Woche um 14.30 Uhr
ausgestrahlt wurde. Bereits damals wurden Fragen wie „Warum sagt man
‚Kümmeltürke’?“ oder „Warum sind die Taxis alle beige?“ beantwortet
und es gab regelmäßige Specials dazu, etwa an Weihnachten oder
Ostern. „Die Fragen müssen alltagstauglich und nicht langweilig sein
sowie eine spannende, aber dennoch kurze Antwort ermöglichen“,
erläutert Simone ihre Maxime bei der Themenauswahl. Einmal die Woche
fährt sie ins Studio des Berliner Rundfunks, um die neuen Folgen
ihrer beliebten Rubrik aufzuzeichnen und das sonntägliche Special
zwischen 10.00 und 13.00 Uhr vorzubereiten. „Ich finde es toll, hier
eine Sendung machen zu können, zu der ich zu 100 Prozent stehe. Sie
passt auch gut zum Berliner Rundfunk, wo auf Inhalt noch Wert gelegt
wird.“
Vielfältige Eventmoderation
Immer wieder gern ist Simone Panteleit auch für Veranstaltungs- und
Eventmoderationen unterwegs. In besonders schöner Erinnerung ist ihr
ihre erste Fahrt mit der „Queen Mary 2“ von Hamburg über Southampton
nach New York im Mai 2010. „Abgesehen von einigen hohen Wellen war
das absolut großartig. Ich konnte beim Kapitän auf der Brücke
stehen, an der Hafenausfahrt das Horn brummen lassen und als wir in
New York im Sonnenaufgang an der Freiheitsstatur vorbei gefahren
sind, war das wirklich großes Kino.“ Ansonsten stand sie bereits für
die gesamte Bandbreite des Möglichen auf der Bühne - von der
Eröffnungsgala der ITB über den Tag der offenen Tür der
Bundesregierung bis hin zur Auftaktveranstaltung der
Frauensportaktionswochen. In bleibender Erinnerung ist Simone auch
noch die Moderation ihrer ersten Partyshow bei der Berliner
Automobillegende Heidi Hetzer. „Ich war ganz jung und furchtbar
aufgeregt. Aber am Ende war es ein spannender und
abwechslungsreicher Tag mit gutem Feedback.“
Höhepunkte
des Radiolebens
In ihrem inzwischen 15-jährigen Radioleben hat Simone Panteleit
viele Highlights aber auch journalistische Herausforderungen erlebt.
Darunter fällt der 11. September 2001. „Damals habe ich gerade die
Paradiso-Morningshow des nächsten Tages vorbereitet, als die Meldung
kam. Die ganze Sendung am folgenden Morgen habe ich mit eigener
Schwerpunktsetzung allein bestritten. Das war auch inhaltlich eine
enorme Herausforderung.“ Vier Jahre zuvor, beim Oderhochwasser 1997,
hatte sie während ihres Volontariats schon eine Ausnahmesituation
erlebt. „Wir waren damals rund um die Uhr im Studio oder mit dem
Mikrofon unterwegs. In acht Tagen habe ich nur 16 Stunden
geschlafen.“
An ein Interview, das Simone ebenfalls als Volontärin
führte, erinnert sie sich auch noch gut. Sie befragte damals den
Schauspieler und bekannten Synchronsprecher Hans Paetsch in Hamburg,
den Simone schon aus Kindheitstagen von ihren Märchenschallplatten
kannte. „Er hat mir zwei Tage lang mit dieser einmaligen Stimme
superspannende Geschichten aus seinem Leben erzählt - das waren
meine privaten Märchenstunden, ganz großartig.“ Bis heute ist Simone Panteleit dankbar dafür, dass sie diese abwechslungsreiche Arbeit
machen darf. „Ich fühle mich unglaublich privilegiert, weil ich
jeden Tag die Dinge tun kann, die mich herausfordern und die mir
Spaß machen.“
Bild ganz oben: Simone mit SAT.1-Studiohund Lotte.
Stefan Förster
Aus RADIOJournal 10/2011