Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern
Seltenes Radiojubiläum gefeiert: Romain Fehlen ist seit 30 Jahren
beim SDR/SWR
Wer heute auf drei Jahrzehnte beim Radio zurückblicken kann, bildet
ohne Zweifel eine Ausnahme in der schnelllebigen Branche. Romain
Fehlen ist so ein Beispiel. Der gebürtige Luxemburger, der mit
seiner markanten Stimme heute ein Aushängeschild von SWR 4
Baden-Württemberg ist, begann seine Laufbahn vor 30 Jahren beim
Süddeutschen Rund-funk.
Parallel zum Studium startete er 1980 mit Wochenenddiensten und
Reportagen, dann schlossen sich Vertretungen beim Hessischen und
Saarländischen Rundfunk an. So konnte Romain Fehlen bei hr3 vier
Wochen am Stück Werner Reinke in seiner legendären »Hitparade«
vertreten. Sein Engagement beim SR auf dem Halberg dauerte gut drei
Jahre. „Dort habe ich immer am Samstagabend und Sonntagmittag
Musiksendungen moderiert“, erzählt Romain Fehlen. Gut in Erinnerung
ist ihm noch Manfred Sexauer, der ihn damals mit einem der ersten
Selbstfahrerstudios vertraut machte. „Manfred stand neben mir und
sagte, du schaust mir eine Stunde zu und dann fährst du die Sendung
selbst. Es hat dann auch gut geklappt.“ Die inhaltliche Kompetenz
für seine Sendungen bei SR 1 Europawelle Saar gefiel Romain Fehlen
gut. „Ich habe die Programme für meine Sendungen immer selber
gemacht.“
Bei SDR 1 in Stuttgart konnte Fehlen mit Beiträgen in der
»Spätvorstellung« vielen frankophilen Stars in deutschen Landen
Geltung verschaffen. Beim „Herz des Südens“, wie das erste Programm
des SDR genannt wurde, war Romain Fehlen darüber hinaus in Sendungen
wie dem »Samstagsmagazin«, »Weekendradio« oder »Dampfradio« mit
unzähligen Interviews vertreten. Zu den Ersten gehörten Frank
Elstner, Karl Dall und Günther Pfitzmann. „Mit der Zeit kriegt man
auch einige Lieblinge“, bekennt Romain Fehlen. „Mit Dieter
Hildebrandt, der stets geistreich und pointiert erzählt hat, bin ich
ein halbes Dutzend Mal zusammengetroffen. Mikis Theodorakis hat mir
ebenso imponiert wie Gilbert Bécaud und Gert Fröbe, der eine
absolute Ausnahmeerscheinung war - nett, sensibel, locker und ohne
jedes Weltstargehabe. Romain Fehlen begegnete Fröbe am Abend zuvor
in der Garderobe des Theaters. Seine Sätze sind dem Moderator noch
heute gut in Erinnerung: „Junger Freund, wir haben uns ja für heute
Abend verabredet, aber da sind die Spiele in der Bundesliga im
Fernsehen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns am nächsten Tag
zum Frühstück treffen? Ich habe mich mit ihm getroffen und er hat
mir ein klasse Interview gegeben.“
Eine besondere Erinnerung hat Romain Fehlen auch an ein Gespräch mit
Iris Berben während seiner BR-Zeit. „Wir sind ins damals noch
existierende ‚Mövenpick’-Restaurant in München gegangen und sie war
ganz und gar wunderbar. Ich erlebte sie zwar als souveräne Frau, zum
Teil aber auch etwas schüchtern und zurückgenommen.“ Mehrfache
Begegnungen hatte Romain Fehlen mit Emil Steinberger, den er nach
langer Zeit im Februar 2010 wieder traf. „Ich erinnerte mich noch an
ihn, aus der Zeit als ich während des Studiums im Stuttgarter
Renitenztheater an der Abendkasse jobbte. Das war Ende der siebziger
Jahre. Er ist ein sympathischer, netter Mensch und als wir uns jetzt
trafen, waren seine Frau und meine Familie dabei.“ Ohnehin hat
Romain Fehlen seine ganz eigene Philosophie um ein gelungenes und
hörenswertes Interview zu erreichen. „Es ist wichtig, ein Gespräch
nicht nur auf Fakten aufzubauen, sondern die Person als Mensch
vorzustellen. Zudem hilft eine positive Erinnerung an das erste
Treffen. Wenn jemand weiß, er wird nicht in die Pfanne gehauen, ist
die Freude beiderseits, wenn man sich wiedersieht.“
Ab 1985 war Romain Fehlen auch im damals noch Südfunk 3 genannten
Programm zu hören, moderierte dort regelmäßig »Schlafrock« und
»Nachtrock« sowie gelegentlich »Doctor Music«, »Hitparade« und
»Leute«. Es entstanden auch weit über 100 Konzertkritiken. Das
Interviewformat »Leute«, das bis heute bei SWR 1 Baden-Württemberg
überlebt hat, beeindruckte Romain Fehlen wegen seines
vierzigminütigen Wortanteils. Erinnern tut sich der
Hörfunkjournalist hier an eine beeindruckende »Leute«-Sendung mit
Alt-Kanzler Kiesinger in Tübingen sowie an Gespräche mit Ephraim
Kishon oder Hera Lind. Auch im Rahmen der Aktualität führte er
etliche Interviews.
Musikjournalistische Glanzlichter waren für ihn ein Interview mit
Rick Davis von Supertramp in Stuttgart, die Begegnung mit Madonnas
Produzent, dem Musiker Nile Rodgers, und der Start einer
Europatournee von Pink Floyd, die sich in Versailles eine Stunde
Zeit für’s Gespräch nahmen. Für die sehr pop- und rockorientierte
Sendung »Schlafrock« war Romain Fehlen damals Moderator und
Musikredakteur in einer Person. Zahlreiche Gespräche führte Fehlen
auch mit den Auslandskorrespondenten der ARD. Mit
Frankreich-Korrespondent Heiko Engelkes machte er mal ein Interview
für’s »Weekend-Radio«, Armin Amler in Los Angeles bewunderte er für
sein schnelles Recherchieren. „Man konnte ihn mitten in der Nacht
wecken und zu einem bestimmten Thema fragen. Dann hörte man das
Klappern der Computertastatur und nach zwanzig Minuten war er mit
seinen Informationen sendefähig.“
Mit Beginn der 90er Jahre folgte seine Zeit beim Bayerischen
Rundfunk, wo Romain Fehlen bei Bayern 3 die »Radiothek« moderierte.
Inhaltlich war es für ihn die schönste Radiozeit. „Meine
Moderationen waren hier Fehlen pur. Spontaneität, Witz, Frechsein
und viel Sachkenntnis waren gleichermaßen gefordert.“ Weiter ging es
währenddessen zusätzlich für Romain Fehlen beim damaligen
Landessender S4 Baden-Württemberg, der gemeinsam von SWF und SDR
getragen wurde. Hier hat er auch während seiner Bayern 3-Zeit, wenn
er nicht in München war, weiterhin die »Wunschmelodie« moderiert.
Zudem war Romain Fehlen verstärkt redaktionell in der Abteilung Wort
und Unterhaltung tätig mit Interviews und einer regelmäßigen Glosse
übers Fernsehen. Seit der Fusion von SDR und SWF zum SWR ist Romain
Fehlen wieder stärker vor dem Mikrofon präsent. Vor allem ab 18.00
Uhr kann man ihn hören, dann ist das Programm musikalisch gediegener
und es bleibt Platz für inhaltliche Moderation.
Den Anspruch, seine Lieblingsmusik im Radio zu hören, hat Romain
Fehlen nicht. „Titel, die ich in der Sendung nicht finde, höre ich
zu Hause. Wir senden Musik nach dem Geschmack der Hörer.“
Nach
der Einstellung der Wunschmelodie-Sendung zu Beginn des Jahres 2010,
die Romain Fehlen 110 Mal im Jahr aus Heilbronn moderierte, ist er
nun verstärkt als Musikredakteur vom Dienst im Einsatz. Hier
koordiniert er Interviews mit Künstlern und Sängern oder sorgt
dafür, dass dem Anlass entsprechende Titel, etwa zum Thema Schnee,
im Programm von SWR 4 Baden-Württemberg die Tagesaktualität
unterstreichen. Zudem denkt er sich Musikrätsel aus und lässt seiner
Kreativität freien Lauf. So hat er einen bekannten Titel der Band
„Wirtschaftswunder“, der sonst zu schnell zu erraten gewesen wäre,
je zur Hälfte vor- und rückwärts gespielt. Erfreut ist Romain
Fehlen, dass es auch Hörer unter 30 gibt, die regelmäßig zu
Veranstaltungen von SWR4 Baden-Württemberg kommen. Er selbst, der
mit allen Musikstilen aufgewachsen ist, moderierte eine Zeit lang
den französischen Part einer Sendung aus der Stuttgarter
Liederhalle, die S2 Kultur und Radio France Musique gemeinsam
ausstrahlten. So ist das akzentfreie Französisch noch immer ein
Vorteil von Romain Fehlen, der seit 1977 in Esslingen bei Stuttgart
zu Hause ist. Seine Moderationen bereitet er komplett selbst vor,
Beiträge für die Sendungen bekommen die Moderatoren von der
Redaktion eingestellt. „Mir ist ganz wichtig, dass ich zu dem stehe,
was ich am Mikrofon erzähle und authentisch bin. Da ich die Hörer
mit der Formulierung ‚mit Romain Fehlen an Ihrer Seite’ stets
verabschiede, will ich wirklich im besten Sinne ihr Begleiter sein.“
Die Form der Präsentation hat sich im Laufe der Jahre natürlich
verändert. Mittlerweile strahlt Romain Fehlen gelassene Kompetenz
aus, seine Art zu moderieren ist ruhiger geworden, was auch damit zu
tun hat, dass seine Sendungen Inhalt zu bieten haben. „Am Tag ist
das Radio ein klassisches Nebenbeimedium. Deswegen sind mir weniger
Hörer am Abend, die dann aber aufmerksam zuhören, sogar lieber. Die
Resonanz per Mail ins Studio ist mittlerweile ein guter Maßstab.“
Romain Fehlen stand ohne Zweifel in seinem Radioleben Anfang der
neunziger Jahre bei Bayern 3 auf der Karriereleiter ganz oben, fühlt
sich jetzt aber zwei Sprossen weiter unten auch sehr wohl. Besonders
freuen ihn Stammhörer, die ihn seit vielen Jahren begleiten und auch
auf Veranstaltungen besuchen. Zum Schluss gibt der leidenschaftliche
Moderator und Journalist noch eine Anekdote aus seinen Anfangszeiten
zum Besten: „Damals habe ich in den Wintermonaten neben dem
Europawetter auch die Passierbarkeit der Alpenpässe mit durchgesagt.
Einmal merkte ich, kurz bevor ich damit auf Sendung gehen sollte,
dass ich die entsprechenden Papiere auf meinem Schreibtisch liegen
gelassen hatte. Ich rannte zurück, kam wieder und saß im Studio,
ohne die Atmung im Griff zu haben. Das Rotlicht war an und ich
brachte die Meldungen schwer atmend über den Sender. Gleich darauf
kam ein Anruf der Redakteurin, ob mit mir alles in Ordnung sei.“
Über diese kleinen Pannen kann Romain Fehlen heute schmunzeln. Der
sympathische Zeitgenosse aus dem Radio hat noch einige Jahre vor
sich. „Wenn die Freude am Mikrofondasein so stark bleibt, werde ich
auch noch das 40-jährige Hörfunkjubiläum erreichen.“
Stefan Förster
Fotos: © Fehlen / SWR
www.diemoderation.de
Aus RADIOJournal 2/2011