Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern
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Gut informiert und kurzweilig unterhalten
- Petra Mentner moderiert den Nachmittag
auf Bayern 1
Als wir uns im Foyer des BR-Hochhauses am Rundfunkplatz 1 in München treffen, hat Petra Mentner bereits einen langen Tag hinter sich. Um neun Uhr morgens im Funkhaus angekommen ging es gleich zur ersten Konferenz mit der Bayern 1-Redaktion, in der die Morgensendung nachbesprochen und der noch anstehende gesamte Tag einschließlich der regionalen Sendungen geplant wird. Vier aktuelle und unterhaltsame Sendestunden wollen schließlich strukturiert werden. Der Nachmittag hat bei Bayern 1 viele Hörer und Petra Mentner schafft es, seriöse Themen und humorvolle Anekdoten, emotionale Ereignisse und außergewöhnliche Geschichten stets passend an den Mann oder die Frau zu bringen. Bei so einer großen Bandbreite immer den richtigen Ton zu treffen ist nicht leicht, doch die Resonanz der Bayern 1-Hörer gibt ihr Recht. Petra Mentner ist ein Gewinn für’s Radio.
Themenplanung im Team
Die Schwerpunkte der jeweiligen Sendung des Bayern 1-Cafés, das wochentags zwischen 13.00 und 17.00 Uhr zu hören ist, richten sich nach dem aktuellen Tagesgeschehen. So können sportliche Großereignisse wie die Biathlon-Wettbewerbe im Winter ebenso Thema sein wie die Streitereien um die Nachfolge von Edmund Stoiber, die schließlich in dessen vorzeitigen Rückzug aus der Landespolitik mündeten. Wenn Politik Emotionen zeigt, berührt das auch die Hörer. Als Petra Mentner im letzten Jahr fragte, wer aus ihrer Sicht neuer CSU-Parteivorsitzender werden soll, gingen in 45 Minuten über 10.000 Anrufe ein. Ohne Zweifel: Bayern 1 wird gehört.
Zum kleinen Team um die zugängliche Moderatorin gehört ein Regisseur und Themenplaner, der überlegen muss, wie die geplanten Beiträge und Informationen am besten in der Sendung zu platzieren sind. Darüber hinaus gibt es einen integrierten Chef vom Dienst, bei Bedarf werden Sportreporter hinzu geholt. In der Sendung haben alle Themen, die Bayern bewegen, ihren festen Platz. Nicht nur Politik oder Sport, auch Promis, Musik und das tägliche Leben - etwa ein Single-Landwirt, der eine Frau sucht - gehören dazu. „In der ersten halben Stunde kann ich ein bis zwei Themen gut unterbringen, um Halb gibt es die regionalen Informationen aus unseren fünf Studios und in der zweiten Hälfte sind wieder ein bis zwei Themen dran. Bei Großereignissen kann dieses Schema natürlich auch aufgebrochen werden“, erzählt Petra Mentner, die auf eine „gute, homogene, bunte Mischung aus Information und Unterhaltung“ Wert legt.
Für das Verhältnis von bundesweiten und bayerischen Themen, wobei auch die verschiedenen Regionen angemessen zu berücksichtigen sind, hat sie im Laufe der Zeit das richtige Gefühl entwickelt. „Die grobe Struktur der Sendung steht schon am Vormittag. Der CvD sammelt mögliche Themen, sonst sitzen und palavern wir zu lange und kommen nicht zum eigentlichen Arbeiten. Die Korrespondenten in Bayern werden befragt, ich habe dann Gelegenheit, meine eigenen Ideen in den Sendeablauf einzupassen. Künstler, Schauspieler, Sänger und Musiker arbeiten heute oft mit Agenturen, auch hier müssen die entsprechenden Kontakte hergestellt werden.“ Gute Vorbereitung ist daher für Petra Mentner das A und O: „Ich bin ein sehr präziser Mensch, der aber auch gerne spielt. Wenn ich informiert bin und viel gelesen habe, wenn ich weiß, wie ich vorgehen will, fällt es mir auch leicht, zum Beispiel Meinungen mit den Hörern auszutauschen. In manche Geschichten gehe ich mit Stichpunkten rein, in andere ohne. Persönliche Anekdoten zu erzählen ist mir auch wichtig. Ab und an will ich auch überraschend sein, um zum besonderen Hinhören zu animieren.“
Die Hörer sollen also Aufmerken, spüren, dass bei Petra Mentner das richtige Leben on air ist. Sie freut sich noch immer über die schöne Arbeitszeit am Nachmittag, auch wenn sie hin und wieder mal in anderen Tagesschienen zu hören ist. Als sie vor 1997 bei Bayern 1 anfing, war ihr erstes Großereignis eines, das auch noch zehn Jahre später die Gemüter erregt: Der Tod von Prinzessin Diana in Paris, über den sie damals ausführlich berichten musste. Dabei weiß Petra Mentner, dass eine ganz breite Hörerschaft bei Bayern 1 anzutreffen ist. „Unser Programm ist keine Alters- sondern eine Geschmacksfrage. Wir haben eine starke Musikredaktion und eine starke Marktforschung, die ein beständiges Weiterentwickeln ermöglicht. Von der jungen Mutter mit Mitte 30, wo das Baby im Hintergrund auf dem Arm brabbelt, bis hin zu Älteren, die Geschichten von ihren Enkeln erzählen, hatte ich alle schon in der Sendung.“
Bayern 1-Sommerreise als Highlight
Besonders gern erinnert sich Petra Mentner jedes Jahr an die große Bayern 1-Sommerreise, wo das Landesprogramm quer durch Bayern unterwegs ist, um „mit einem gigantischen Team ein genial gutes Bühnenprogramm auf die Beine zu stellen“. Traditionell findet dieses Fest freitags und samstags statt, damit die Menschen nach der Arbeit auch wirklich teilnehmen können. „Es ist immer wieder schön zu sehen, wenn wirklich halbe Orte kommen und mitmachen. Wir gehen bewusst in mittlere bis kleine Gemeinden, wo die Resonanz noch größer als in den Städten ist mit ihren umfangreichen Unterhaltungsangeboten. Es sind bis zu 10.000 Leute dabei, eben das ganze Bayern 1-Publi-kum vom Kleinkind bis zur Oma. Auch logistisch gesehen ist das eine Meisterleistung.“
Für Petra Mentner ist der direkte Kontakt mit ihren Hörerinnen und Hörern stets eine tolle Erfahrung. „Man steht auf der Bühne, sieht Massen von Menschen, die uns freudig gestimmt begegnen. Ich nehme die Gesichter dieser Leute mit heim und sehe sie als Hörer dann in der Sendung vor mir“, schwärmt die Bayern 1-Moderatorin, die meistens mit den Morgenmännern des Senders auf der Bühne steht. Das Konzept der Sommerreise verändert und entwickelt sich jedes Jahr, die Planung läuft präzise wie bei einer Fernsehshow inklusive Dialogbuch mit dem roten Faden für die Akteure. Fünf Stunden Unterhaltung wollen schließlich nicht dem Zufall überlassen sondern gut durchorganisiert sein. In den Jahren 2005 und 2006 war die Gruppe Wind die begleitende Band der Bayern 1-Sommerreise. „Es war so gigantisch, sie live zu erleben. Ich habe noch so viele Bilder im Kopf, etwa als sie im strömenden Regen mit dem Publikum a capella sangen.“
Überhaupt sind die Moderatoren in die Programmnummern integriert, bei denen es thematisch von Ritterspielen bis zu Höhlenforschern gehen kann. Petra Mentner selbst hatte eine denkwürdige Begegnung mit einem Olympiamedaillengewinner im Taekwondo, der mit seiner ganzen Truppe - vom kleinen Buben bis zum älteren Herrn - angereist war und ihr einen eigenen Anzug mitgebracht hatte. Den zog sie kurz vor der Show über, guckte dem Meister beim Üben zu und er warf sie über seine Schulter. Petra Mentner überlegte mit ihm, wie man daraus einen Gag für das Publikum machen könnte. So entstand die Idee, es doch mal umgekehrt zu versuchen. „Wir haben dann die entsprechenden Griffe trainiert und ich fragte ihn auf der Bühne ‚Wohin wollen Sie denn fallen?’ Danach habe ich ihn vor einem verblüfften Publikum auf die Matte gelegt.“
Emotionen im Radio
Überhaupt mag es Petra Mentner, wenn es im Radio menschelt. Wenn Leute sich nicht aufgesetzt sondern ganz natürlich geben. Wie etwa Uschi Disl, die Bayern 1-Biathlonexpertin, bei der man während des Telefoninterviews ein Brabbeln im Hintergrund hörte. Auf die Frage, ob dies ihre damals drei Wochen alte Tochter sei, antwortete die Sportlerin während des Gesprächs „ja, ich bin gerade beim Stillen“ und wenig später „ich glaub’ jetzt ist sie auch bald satt“. Petra Mentner liebt es, selbst ans Telefon zu gehen und mit den Hörern zu sprechen, wenn es die Zeit im Studio zulässt. „Ich zeichne dabei immer gleich auf, denn es könnte das Gespräch des Lebens sein.“
Die Anliegen der Hörer sind ganz unterschiedlich. Einmal rief eine Frau an, die mit dem Rettungswagen auf der A6 unterwegs war, aber nicht durchkam, weil die Autofahrer die Rettungsgasse nicht freigehalten hatten. Sie erhoffte sich mit einer Durchsage über das Radio die entsprechende Wirkung. Ein anderes Mal fragte Petra Mentner, „was machen Sie am Montag, um ihn besser werden zu lassen“. Ein Mittvierziger rief an, der mit seiner Tochter „Leiterli“ (so eine Art Spareribs) essen gehen wollte. „Ich habe ihn gesendet, weil er nett war und am nächsten Tag kam eine eMail des Mannes, der sich darüber freute, Teil der Sendung gewesen zu sein und Fotos vom ‚Leiterli essen’ mit seiner Tochter schicken wollte. Man hat das Gefühl, man kennt sich ein Stück und der Umgang mit den Hörern ist vertraut.“
Eben getreu dem Bayern 1-Motto „immer in Ihrer Nähe“. Dabei muss auch bei den Moderatoren die regionale Verankerung gegeben sein. „Ich möchte natürlich auch Dörfer in Mittelfranken kennen und nicht nur Orte in Oberbayern. Wir haben riesige Landkarten in der Redaktion hängen, wo wir ganz genau nachschauen können.“ Als Petra Mentner mal erwähnte, dass ihr Papa gebürtig aus Zwiesel im Bayerischen Wald stammt, riefen gleich Leute an die überprüfen wollten, ob sie mit ihm in einer Schulklasse waren. Bayern 1 verbindet also nicht nur Regionen sondern auch Menschen.
Röhrenradio beim Großvater
Ihr erstes bewusstes Radioerlebnis hatte Petra Mentner bei ihrem Großvater. Der hatte so ein riesiges Röhrenradio mit Stoffbezug, das die kleine Petra faszinierte. „Als Kind dachte ich immer, dass die Menschen im Radiogerät auf Etagen und Treppen wie kleine Männchen umher laufen“, lacht sie heute rückblickend. Gern hörte sie die „Hitparade“ mit Mama beim Abspülen in der Küche, später lauschte sie Sabine Sauer, die Petra Mentner noch heute im Fernsehen gerne sieht. Der Weg zum Radio war keineswegs vorgezeichnet. „Moderatorin zu werden war nicht mein Berufswunsch, es ist über Fügungen so passiert.“ Als junges Mädchen las Petra viel Zeitung, später wollte sie Mathelehrerin werden. Also studierte sie Mathematik in Kombination mit Geschichte und Politikwissenschaft in Nürnberg. „Irgendwann während des Studiums klingelte morgens der Radiowecker, ich hörte ein aktuelles Interview beim Bayerischen Rundfunk und danach einen launigen Moderator. Da habe ich zum ersten Mal den Wunsch gespürt, dass der Beruf mich auch mal interessieren würde“, erinnert sich Petra Mentner. Sie schiebt noch einen zweiten Gedanken von damals nach: „Wenn mich je einer fragen sollte, würde ich die Frühsendung nehmen.“ Genau ein Jahr später ist es genauso auch eingetreten.
Morgenmoderatorin in Nürnberg
Petra Mentner besuchte einen Freund, der bei Charivari in Nürnberg arbeitete, im Sender, der sich damals gerade im einjährigen Probebetrieb befand. „Ich habe das erst alles gar nicht so ernst genommen, fand mich dann aber im Moderatorenteam wieder. Vom Sendestart an war ich fünf Jahre in der Morgensendung zu hören.“ Damals war das Medium Radio für fast alle im Team noch Neuland, was für Petra Mentner ein großer Vorteil war. „Man durfte sich noch ausprobieren und die Grenzen des Formats erfahren. Hier konnte man sich in allen Bereichen entwickeln.“ Sie bekam Schauspielunterricht, ließ sich in die Technik einweisen und hatte ihre ersten Probesendungen. Die meisten Menschen in ihrem persönlichen Umfeld hielten sie für verrückt, dass sie ein halbes Jahr vor ihren Prüfungen beim Radio anfing. „Aber es war alles eine Frage der Organisation: Nach der Frühsendung bin ich an die Uni, habe danach noch gejobbt und abends am Lernprogramm für Kinder im Computerraum gesessen“, erinnert sich Petra Mentner.
Ihr erstes Großereignis, das sie im Radio darstellte musste, ist ebenfalls noch präsent. „Der Reaktor-Unfall in Tschernobyl war 1986 das alles beherrschende Thema. Da kamen wir auch als Lokalsender natürlich nicht drum herum.“ Petra Mentner blieb bei Charivari in Nürnberg, moderierte später die Mittagssendung und schrieb für Zeitungen. Dann wurde sie Chefredakteurin und gestaltete das Tagesprogramm. Danach ging sie als Programmchefin zu Radio Arabella nach München. Petra Mentner merkte in dem einen Jahr dort, dass sie mittlerweile etwas anderes wollte. „Ich hatte das Glück, die Pionierzeiten des Privatfunks mitzugestalten und mitzuerleben. Wir haben in Nürnberg aus einem Musiksender ein Programm mit Ansprüchen gemacht. Nach zehn Jahren Privatfunk merkte ich aber, dass das was ich geliebt habe, nämlich Action zu machen, zu schauen, wie kriege ich alles noch besser hin, nicht mehr mit dem in Einklang zu bringen war, was ich machen sollte. So blieb die persönliche Entscheidung für Bayern 1, die sich nach einem Jahr in München ergeben hatte. Es war ein Marker auf meinem Lebensweg, für den ich bis heute dankbar bin.“
Reiten als Passion
Wenn Petra Mentner nach einem langen Tag zu Hause auf dem Land angekommen ist, versucht sie noch, ihrer Leidenschaft für das Reiten nachzugehen. Ihr junges Pferd ist dort in einem Stall eingestellt und sie versucht, gleich nach der Arbeit vorbeizuschauen. Ausritte macht sie bei jedem Wetter, findet die Zeit auf dem Pferd herrlich entspannend. Aber ihr Pferdewissen kam ihr auch bei der Moderation der „Royal Horse Gala“ zu Gute, die Petra Mentner natürlich auf einem Pferd sitzend präsentierte. Und einen guten Vergleich zwischen Beruf und Hobby hat sie beim Abschied am Bahnhof auch noch parat: „Durch Pferde öffnen sich die Sinne. Man ist dann im Jetzt wie beim Radio!“
Stefan Förster
Aus RADIOJournal 5/2008