Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

»Radiomacher mit viel Erfahrung«
Klaus Vorbrodt gibt nach 18 Jahren Radio seine Kenntnisse an der Hochschule Mittweida weiter

Wer Klaus Vorbrodt morgens im Dresdener Studio erlebte, merkte schnell, dass seine Leidenschaft für’s Radio machen auch in den Jahren seiner Mikrofonabstinenz nicht verschwunden ist. Seit Februar 2007 war der Frühaufsteher bei HITRADIO RTL SACHSEN wieder als Morgenmoderator auf Sendung und freut sich über das bisher Erreichte. „Unser Team, das vorher in dieser Form noch nicht zusammen gearbeitet hatte, musste sich natürlich erst finden. Da aber die Chemie von Anfang an stimmte, lebte die Sendung auch davon, dass man die Stärken und Schwächen des anderen kennt und jeder weiß, welcher Platz ihm in der Sendung zukommt.“ Viele Außenaktionen fanden insbesondere in den Sommermonaten statt, bei denen zwei Leute des Teams im Studio blieben und die anderen beiden vor Ort sendeten. „Das war schon eine große Herausforderung. Wenn wir uns nicht sehen und Zeichen geben können, müssen wir uns blind darauf verlassen, dass jeder im Team seinen Beitrag für eine gelungene Sendung leistet“, sagt Klaus Vorbrodt, für den eine gute Vorbereitung der Morningshow das A und O ist. „Letztendlich sind Dreiviertel geplant und ein Viertel entsteht spontan, während die Sendung läuft. Gleichwohl bin ich ein Freund davon, lieber 120 Prozent vorzubereiten, um dann etwas weglassen zu können, als umgekehrt in Schwierigkeiten zu kommen, weil es an Themen fehlt.“ Wichtiges Element beim „RTL Frühstücks-Radio“ ist die interaktive Einbindung der Hörer, die in vielfältigen Aktionen dabei sein können. Höhepunkte wie der „Kindertag“ bleiben Klaus Vorbrodt dabei ebenso in Erinnerung wie Sendungen mit besonderen Personen. So stand bei einer Übertragung ein Mann, der sich seit Generationen mit Wetteraufzeichnungen beschäftigt, im Mittelpunkt, in der Weihnachtszeit wurde ein Stollenbäcker besucht oder das Morgenteam schaute beim Fasching in der Lausitz vorbei.

Programm mit Ecken und Kanten

Klaus Vorbrodt, der bis März 2008 zugleich als Programmdirektor von HITRADIO RTL SACHSEN tätig war, hatte den Anspruch, die Agilität und Frische des Morgens auch ins Tagesprogramm hinüber retten. Dabei erhöhte Vorbrodt die Interaktivität, bezog die Regionalstudios mit Informationen vor Ort stärker und hörbarer ins Programm ein und wollte „ein Produkt mit Kontinuität anbieten, das mit neuen Ideen aufwartet und zugleich verlässlicher Partner der Hörer ist. Dafür müssen wir den engen Austausch mit unseren Hörern pflegen. Einer der größten Etats ist daher für die Marktforschung vorgesehen, wo Menschen nach ihrer Meinung zum Programm und ihren Erwartungen an HITRADIO RTL SACHSEN befragt werden“, berichtet Klaus Vorbrodt, der zu-gleich auf ungewöhnliche Aktionen verweist. „So waren wir die ersten, die beim Bau des Leipziger City-Tunnels mit dem Oberbürgermeister im Bahnhof standen, als normale Menschen zur Besichtigung dort mit rein durften und haben uns ausführlich mit dem Bauablauf beschäftigt." Musikalisch sieht der Programmdirektor seinen Sender ebenfalls abwechslungsreich aufgestellt. „Wir haben mit Abstand die breiteste Rotation im Markt und spielen in unserem oldie based AC-Format von den Klassikern der 60er Jahre bis hin zu aktuellen Hits die ganze Palette, die von den Beatles bis zu den Black Eyed Peas reicht. All das, was Menschen zwischen 30 und 50 gerne hören ist somit bei uns zu finden“, sagt Klaus Vorbrodt.

Neuer Traumjob in Mittweida

Wie das Leben manchmal so spielt, hat Klaus Vorbrodt Mitte März 2008 kurzfristig den Sprung nach Mittweida gewagt, wo er in den Bereich Ausbildung und Wissenschaft wechselt. Hier wird er an der „Hochschule Mittweida - University of Applied Scienes“ als Dozent im Fachbereich Medien lehren. Daneben wird Vorbrodt das zentrale Redaktionsmanagement der Hochschule verantworten sowie an neuen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mitwirken. „Die Anfrage aus Mittweida kam auch für mich überraschend, zumal das Zeitkorsett sehr eng war. Ich hätte gern weiter bei HITRADIO RTL gearbeitet und moderiert, wo ich auch noch Einiges mit dem Programm vorhatte. Andererseits bietet sich die Chance in Mittweida nur einmal und beide Tätigkeiten parallel sind mit der dortigen Festanstellung natürlich nicht vereinbar. So gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Vorbrodt, der sich dem Radio weiterhin verbunden fühlen wird.

Früher Kontakt mit Westradio

Der Rundfunk selbst hat für den gebürtigen Magdeburger schon immer eine relativ große Rolle gespielt. „Bei uns zu Hause gab es in jedem Zimmer ein Radio und auch mein sieben Jahre älterer Bruder hörte meist intensiv zu. NDR 2 konnten wir ohne Probleme mit der Zimmerantenne empfangen und Moderationslegenden wie Günter Fink oder Wolf-Dieter Stubel sind mir daher noch in guter Erinnerung“, blickt Klaus Vorbrodt zurück. Ihm fallen auch noch technische Kniffe ein, mit denen er die Berliner Sender nach Magdeburg holte. „Ich habe damals den Klingeldraht vom Fahrrad an der Gardinenstange festgemacht, um so SFB 2 und rias2 hören zu können“, schmunzelt Vorbrodt, der sich auch noch daran erinnern kann, dass sonntags beim Essen Radio DDR mit der „Hitparade“ lief, die schon damals von Reinhard Mirmseker moderiert wurde. Zu dieser Zeit mischte Klaus Vorbrodt auch bei der Disko im Schulkeller mit, die für die 7. bis 10. Klassen stattfand. „Ich war regelmäßig derjenige, der dort Musik spielen konnte.“ Dann ging es nach Schwerin, wo Vorbrodt eine Berufsausbildung mit Abitur bei der Bahn absolvierte, die auch einen kaufmännischen Teil beinhaltete. Hier kam er mit dem Privatfunk erstmals in Berührung. „1986 war R.SH gestartet und dieses lebendige und frische Programm zu hören war am Nachmittag noch wichtiger als die Erledigung der Hausaufgaben. Ich habe sogar regelmäßig R.SH-Sendungen auf K60-Magnetband-Kassetten aufgezeichnet“, weiß Klaus Vorbrodt noch heute. 1989 war die Ausbildung zu Ende. Wie so viele junge Leute in dieser Zeit wollte auch er sich mit der politischen Agonie und Perspektivlosigkeit in der DDR nicht abfinden und flüchtete über die Prager Botschaft in den Westen, wo er schließlich in Aachen landete.

Radiomoderator in Belgien

Hier kam er durch einen Zufall mit einem deutschsprachigen Radiosender im benachbarten Belgien in Verbindung. „Ich arbeitete damals nebenbei als DJ und bei einer Off-Air-Veranstaltung fehlte der Moderator aufgrund eines Unfalls. Also habe ich das Programm moderiert und der Einstieg ins Radio hat sich so entwickelt“, erinnert sich Klaus Vorbrodt. Der Sender in Belgien war in einer Gesellschaft ohne Erwerbszweck organisiert, die etwas mit dem klassischen Bürgerfunk zu tun hatte. Geld durfte hier nur zur Kostendeckung verdient werden. Vorbrodt machte dort sein Volontariat, was ihm sehr geholfen hat. Nachdem die Mauer gefallen und Deutschland nun wiedervereinigt war, bot sich die Gelegenheit, zurück in die alte Heimat zu gehen. Frank Kornath, damals ffn-Studioleiter in Braunschweig, hatte gerade einen Vertrag als Chefredakteur bei radio SAW unterschrieben und traf Klaus Vorbrodt bei einer Veranstaltung. „Du bist aus Magdeburg und kannst Radio machen? Er war ganz verblüfft, offenbar den richtigen getroffen zu haben, den er gut gebrauchen konnte“, erinnert sich Vorbrodt. Als er in Belgien aufhörte, fing dort gerade ein anderer heute namhafter Vertreter der Radiobranche an: Stephan Schwenk.

Verrückte Zeit mit "Scholle"

Bei radio SAW in der ehemaligen Tapetenfabrik in der Großen Diesdorfer Straße angekommen, fand Klaus Vorbrodt ein breites Betätigungsfeld. „Ich machte Nachrichten, war Chef vom Dienst und habe Sendungen moderiert.“ Am Morgen war damals noch ein klassisches Magazinformat zu hören, das durch eine neue, frischere Form mit mehr Unterhaltung abgelöst werden sollte. So entstand die Sendung »Muckefuck«, die Klaus Vorbrodt gemeinsam mit seinem Kompagnon Maik „Scholle“ Scholkowsky in eine richtige Morningshow umwandelte. „Wir bewohnten damals in Magdeburg eine Zwei-Zimmer-Wohnung als WG, haben dort aufeinander gehockt und unser gemeinsames Thema war das Radio. Wir hatten beide nur überschaubar Ahnung, aber den Mut Sachen zu probieren und auch zu provozieren. Das war eine verrückte Zeit, die aber unglaublich Spaß gemacht hat“, denkt Klaus Vorbrodt gern an dieses Abenteuer zurück.

Zurück nach Schwerin

1997 folgte er dann dem Ruf zu ANTENNE MV ins Funkhaus Plate. Hier sollte sich Vorbrodt um das dortige Morgenmagazin kümmern, das auch nicht lief. „Meine Aufgabe bestand also darin, eine Morningshow zu entwickeln, die im Markt erfolgreich bestehen konnte. Eine Woche im Monat habe ich dort noch selbst moderiert und schließlich Leif-Erik Holm als neuen Anchor für den Morgen aufgebaut.“ Parallel dazu war Klaus Vorbrodt zu dieser Zeit als Moderatorencoach bei Radio Paradiso in Berlin tätig. „Der Sender stand gerade in den Startlöchern und es gab nur wenige Leute mit Moderationserfahrung. So bin ich einmal die Woche am Kleinen Wannsee gewesen um meine Erfahrungen weiter zu geben.“

Plötzlicher Wechsel nach Leipzig

Klaus Vorbrodt, der skandinavien- und wasseraffine Mensch, hatte sich gerade in Schwerin für länger eingerichtet und einen Mietvertrag unterschrieben, als eine neue Wendung in sein Berufsleben trat die dazu führte, dass die Wohnung leer blieb. „Ich erhielt einen Anruf, dass man dringend jemanden suchte, der nach dem Weggang von Böttcher & Fischer die Lücke bei RADIO PSR am Morgen füllen könnte.“ So sagte Vorbrodt im Januar 1998 spontan zu und schon am 1. März ging er gemeinsam mit Eileen Mägel, die zuvor im Chemnitzer Regionalstudio arbeitete aber unbedingt nach Leipzig wollte, als »Klaus und das Morgenteam« auf Sendung. „Damals sagten uns die Marktforscher voraus, dass Antenne Sachsen 1999 an uns vorbei ziehen würde. Ich habe mich gewundert, dass unser Konzept so gut funktioniert hat, dass dies nicht eingetreten ist. Unsere engere Programmmannschaft hat rund um die Uhr für den Erfolg gearbeitet“, bilanziert Klaus Vorbrodt rückblickend. Knapp vier Jahre moderierte er am Morgen, bis 2001 eine Entscheidung aufgrund zahlreicher paralleler Aufgaben getroffen werden musste. „Ich war damals Geschäftsführer und Programmdirektor und auch mit dem Umzug ins neue Funkhaus beschäftigt. Alles auf einmal war dann nicht mehr zu bewältigen.“ Als Nachfolger am Morgen kamen Alex Buchwald und Jasmin Wiegand nach Leipzig. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges mit der Moderation bei RADIO PSR aufgehört zu haben, darüber ist Klaus Vorbrodt heute noch froh. „Die Sendung war eine riesige Herausforderung für mich, denn ich probiere gern Neues aus. Gleichzeitig konnte ich die Entscheidung zum Aufhören selbst treffen und habe mich mit den besten Hörerzahlen in der Morningshow verabschiedet, die PSR je hatte. Mit dem Blick zurück bin ich sehr zufrieden, dass es so gelaufen ist.“

Womit sich der Kreis schon fast wieder schließt. Nachdem die Zeit bei der Regiocast zu Ende gegangen war, riefen neue Aufgaben bei HITRADIO RTL SACHSEN in Dresden. Klaus Vorbrodt wurde Programmdirektor und hatte plötzlich auch die Morningshow neu zu besetzen. „Da ist mir in den Sinn gekommen, es noch einmal selbst zu probieren. Ich habe sofort festgestellt, dass es wieder Spaß macht vorm Mikrofon zu sein und wollte dieses Erlebnis auch nicht missen.“

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 3/2008
 


Foto: © BCS

»... Wir haben mit Abstand die breiteste Rotation im Markt und spielen in unserem oldie based AC-Format von den Klassikern der 60er Jahre bis hin zu aktuellen Hits die ganze Palette, die von den Beatles bis zu den Black Eyed Peas reicht. All das, was Menschen zwischen 30 und 50 gerne hören ist somit bei uns zu finden...«


Klaus Vorbrodt mit Peter Maffay
Fotos: © BCS

»... Ein Produkt mit Kontinuität anbieten,
das mit neuen Ideen aufwartet und zugleich verlässlicher Partner der Hörer ist. Dafür müssen wir den engen Austausch mit unseren Hörern pflegen...«



Klaus Vorbrodt mit Anke Engelke
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»... So waren wir die ersten, die beim Bau
des Leipziger City-Tunnels mit dem Oberbürgermeister im Bahnhof standen, als normale Menschen zur Besichtigung dort mit rein durften und haben uns ausführlich mit dem Bauablauf beschäftigt...«


Klaus Vorbrodt und Eileen Mägel als »Klaus und das Morgenteam« bei RADIO PSR.

»... Damals sagten uns die Marktforscher voraus, dass Antenne Sachsen 1999 an uns vorbei ziehen würde.
Ich habe mich gewundert, dass unser Konzept so gut funktioniert hat, dass dies nicht eingetreten ist. Unsere engere Programmmannschaft hat rund um die Uhr für den Erfolg gearbeitet...«


• Klaus Vorbrodt ist seit März 2008 Koordinator Medien und Politik - Sprecher der Hochschule Mittweida.
http://hs-mittweida.de