Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

Innovative Programmideen für den Berliner Radiomarkt - Stephan Schmitter leitet
105'5 Spreeradio

Wer Gong 96,3 in München kennt, weiß wie ein modernes, unterhaltsames und inhaltsreiches Metropolenradio klingen kann. Bei dem beliebten Sender, der zu den Privatfunkpionieren in Bayern zählt und in diesem Jahr schon seinen 20. Geburtstag feiert, lernte Stephan Schmitter das nötige Rüstzeug für einen erfolgreichen Programm-Macher, das er seit Sommer letzten Jahres nun für eine erfolgreiche Weiterentwicklung von 105’5 Spreeradio einsetzt. Der studierte Kommunikations-, Theater- und Politikwissenschaftler verdiente sich seine ersten journalistischen Sporen bei der Lokalausgabe der Süddeutschen Zeitung für den Münchner Norden. Parallel zum Studium machte Schmitter auch ein Praktikum in einer Medienagentur, blieb dann dort als fester Mitarbeiter. Er belieferte die beliebte Talksendung „Live aus dem Alabama“, ebenso arbeitete er für die Rubrik „Gut drauf“, bei der im SAT.1-Frühstücksfernsehen Extremsportarten vorgestellt wurden. Der Bezug zum Sport kommt nicht von ungefähr: Stephan Schmitter, der früher intensiv Fußball spielte, lief in München auch schon den Marathon mit. 

Eine Affinität zu den Medien hatte er früh: Mit dem heimischen Kassettenrecorder gestaltete er als Kind bereits Radiosendungen, auf Partys legte er die neuesten CDs auf. Als Schauspieler war Schmitter in jungen Jahren in 16 Folgen der RTL-Serie „Unsere Schule ist die beste“ zu sehen, bis er feststellte, dass sein Wunschmedium eigentlich das Radio war. Zunächst erhielt er Absagen bei den Münchner Stadtsendern Energy und Gong, ehe ihm Richie Gutjahr-Löser, der bei „Alabama“ am Computer saß und bei Gong 96,3 die Sendung „Funhouse“ moderierte, doch noch den Weg zu einem dreimonatigen Praktikum ebnete. Dort lernte Stephan Schmitter unter Redaktionsleiterin Heike de Fries und Programmdirektor Ulli Jelinek das Radio von der Pike auf kennen. Das Praktikum ging nahtlos über in ein Volontariat, womit für das Studium nach der Zwischenprüfung keine Zeit mehr blieb. „Zur damaligen Zeit war Gong auf dem Münchner Radiomarkt nur die Nummer 4 oder 5. Energy war uns mit Markus Langemann und seiner Morningshow um Längen voraus“, erinnert sich Schmitter, der es später geschafft hat, auch mit Gong 96,3 den Quotenolymp zu besteigen. 

Zunächst entwickelte er 1997 mit Mike Thiel gemeinsam Konzepte für eine neue Morningshow, die sich von den Konkurrenzangeboten deutlich abheben sollte. „In dieser Zeit war ich fast nur im Sender“, erinnert sich Stephan Schmitter lachend. „Ich musste früh aufstehen, war ja für die Morningshow auch Produzent und Studioassistent, habe aber zugleich für Gong noch Abendtermine wahrgenommen“. Da er auch für das Lesen des Sports zuständig war, entwickelte sich schnell die Kultfigur »SportSchmitti«, die als ideale Ergänzung zu Mike Thiel mit schlagfertigen Dialogen und gekonnten Überleitungen funktionierte. Stephan Schmitter wurde dann zusätzlich verantwortlicher Redaktionsleiter der Morningshow, während die Programmhoheit weiter bei Geschäftsführer Georg Dingler lag. „Gemeinsam mit Mike wollten wir etwas eigenes machen. Beide waren wir von amerikanischem Radio fasziniert, insbesondere von Howard Stern, wenngleich uns klar war, dass man das nicht 1:1 auf den deutschen Radiomarkt transportieren konnte“, so Stephan Schmitter, der schließlich bei Gong 96,3 die Chefredaktion von Wolfgang Kreh übernahm. 

Kurze Zeit später wurde Schmitter auch noch Programmchef, war damit Musikplaner, Chefredakteur und Morningshow-Verantwortlicher in einem. „In dieser Zeit blieb das soziale Leben weitgehend auf der Strecke, da ich fast nie zu Hause war.“ Seine Frau, die als Balletttänzerin ebenfalls viel unterwegs ist, sah er in dieser Zeit kaum noch. „Mike und ich haben in den viereinhalb Jahren Morningshow ein Vollgasprogramm produziert, das sogar zum bisher unumstößlichen Münchner Marktführer Arabella aufgeschlossen hat.“ Dabei haben die beiden weder Kosten noch Mühen gescheut, sendeten zum Beispiel im Sommer auch mal eine Woche aus Kreta oder verreisten mit Gong-Hörern. 

„Radio bedeutet für mich, sich voll inhaltlich und persönlich einzubringen“, gibt Stephan Schmitter sein Credo wieder. „Die Stimmung im Team muss gut sein“, ist sich Schmitter sicher, dessen Ausdauer und Engagement er auch durch seine frühere katholische Jugendarbeit geprägt sieht. Dankbar ist er rückblickend auch Geschäftsführer Georg Dingler, der ihm volle Rückendeckung gab und die Programminnovationen mittrug. „Mir war es von Anfang an wichtig, dass man in einem Unterhaltungsmedium auch auf sein Bauchgefühl hört“, sagt Stephan Schmitter. „Research ist zwar die Grundlage für jedes Programm, aber nur durch das Bauch- und Stadtgefühl der Macher wird es einzigartig.“ 

Dann kam im Frühjahr 2004 das Angebot von Stephan Schwenk und Olaf Hopp, den beiden Haupteigentümern des Berliner Radiosenders 105’5 Spreeradio, von München in die Hauptstadt zu wechseln und die Geschäftsführung des programmlich aufgefrischten Senders zu übernehmen. Für Stephan Schmitter war dies zunächst keine leichte Entscheidung, blickte er doch auf acht erfolgreiche und schöne Jahre in München zurück. „Ich bin aber in dem Bewusstsein gegangen, den Sender mit sehr guten Hörerzahlen übergeben zu können. Für mich war es an der Zeit, auch einmal andere Sachen kennen zu lernen. Bei Gong stand mit Ralf Schülzke, der von der Rock Antenne kam, auch schon ein erfahrener Nachfolger bereit.“ 

Als Stephan Schmitter dann zum 1. Mai von der Isar an die Spree wechselte, fand er „ein extrem fleißiges Team vor, das alles tun wollte, um das Programm nach vorn zu bringen.“ Schnell konnte der neue Geschäftsführer in unzähligen Gesprächen die Stärken erkennen und dadurch die Schwächen beseitigen und vorhandene Ängste zerstreuen. „Bei der Neustrukturierung ging es hauptsächlich darum, die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen und die Mitarbeiter zielgerichtet einzusetzen.“ Die Mannschaft blieb dann tatsächlich fast in der alten Zusammensetzung bestehen. „Für die Morningshow wollten wir unbedingt Jochen Trus gewinnen, der seine Morningshow bei r.s.2 gerade beendet hatte und als Top-Personality ideal für uns war.“ Trus zeigte sich von Schmitters Vorstellungen angetan und übernahm zunächst die Programmdirektion. Als er dann bei 105’5 Spreeradio vor Ort war, erlag er schnell dem Reiz, doch wieder für die Morningshow an die Regler zu gehen und ist seit dieser Zeit auch on air das Zugpferd des Senders. 

Bei der Programmoptimierung stellte Stephan Schmitter fest, dass der Name „Spreeradio“ in Berlin eine sehr hohe Bekanntheit genießt, weshalb er auch weitergeführt werden sollte. „Allerdings waren über die Jahre mit all den Formatwechseln sämtliche Images verloren gegangen, die es nun durch eine klare Fokussierung neu aufzubauen gilt.“ In den letzten Monaten ist dies auch schon ein gutes Stück gelungen. Mit einer großen Playlist in einem klar umrissenen Musikformat und der Fokussierung auf die Zielgruppe der 30-59-Jährigen, will Schmitter das neue Spreeradio mittelfristig in die TOP 5 der Berliner Radiosender bringen, um sich später - wie in München - ganz an die Spitze zu arbeiten. So schnell wie möglich will er dafür die 100.000 Hörer-Schwelle in der Durchschnittsstunde überschreiten. „Gerade in Berlin gibt es viele Möglichkeiten, die Schnelligkeit des Radios für originelle Programmformate zu nutzen“, ist sich der 30-jährige Schmitter sicher. Dabei legt er Wert darauf, „keinen Nebenbei-Dudelfunk“ zu veranstalten sondern „richtig gutes Radio“ zu machen. 

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 4/2005 


Foto: © Spreeradio

»... Radio bedeutet für mich, sich voll inhaltlich und persönlich einzubringen ... Die Stimmung im Team muss gut sein ... Mir war es von Anfang an wichtig, dass man in einem Unterhaltungsmedium auch auf sein Bauchgefühl hört. Research ist zwar die Grundlage für jedes Programm, aber nur durch das Bauch- und Stadtgefühl der Macher wird es einzigartig ... Gerade in Berlin gibt es viele Möglichkeiten, die Schnelligkeit des Radios für originelle Programmformate
zu nutzen...«




»... Bei der Neustrukturierung ging es hauptsächlich darum, die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen und die Mitarbeiter zielgerichtet einzusetzen ... Für die Morningshow wollten wir unbedingt Jochen Trus gewinnen, der seine Morningshow bei r.s.2 gerade beendet hatte und als Top-Personality ideal für uns war...«


Foto: © Spreeradio

• Gut gelaunt in den Tag geht es Montag bis Freitag von 5.00 bis 10.00 Uhr mit »Jochen Trus am Morgen« und seinem Team.

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