Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

Einblicke in das facettenreiche Leben eines Medienkreativen - Gespräch mit Bayerns Radiotalker Stefan Parrisius

Mit ihm lebte beim „großen Privaten” Antenne Bayern ein im Rundfunk sehr stiefmütterlich behandeltes Genre Hochkonjunktur: Die Talkshow. Stefan Parrisius implementierte beim heute in Ismaning bei München ansässigen Sender den nach ihm benannten Talk »Parrisius«, der neben der monatlichen »Antenne Bayern Talk Night« sein „Baby” ist. Die wöchentliche Samstags-Talk-Show hat sich dem Ziel verschrieben, heiklen und brisanten Themen auf den Grund zu gehen. Dass sich der Moderator und Programmgestalter, der früher sogar einmal als Animateur in Griechenland arbeitete, auch in anderen Sparten der Medienwelt auskennt, beweist er im Interview mit RADIO JOURNAL.

Wie sieht Ihr Werdegang in TV und Rundfunk aus?

1985 begann ich ein Praktikum bei Radio 1, einem Münchener Sender, den es heute nicht mehr gibt. Dort bekam ich schnell die Chance zu moderieren. Parallel zu meinem Studium [Politik, Volkswirtschaft und Kommunikationswissenschaften, d.Verf.] arbeitete ich fortan beim Radio, redaktionell wie auch als Moderator. Kurz nachdem Radio 1 aufgeben musste, zog ich mit Freunden ein Radio-Pilotprojekt in Garmisch hoch und arbeitete anschließend einige Monate bei Radio Xanadu in München [heute Radio Energy, d.Verf.]. Als dann für Antenne Bayern der Startschuss fiel, gab es auch für mich kein Halten mehr. Ich war hier zunächst vier Jahre lang Moderator der Nachmittagsschiene »Servus Bayern«, während ich immer noch nebenbei studierte. Irgendwann kamen dann auch Tätigkeiten beim Fernsehen hinzu, hauptsächlich als Autor und Redakteur für verschiedene Formate, sodass ich heute jeweils zwei Wochen monatlich hierfür verwende und die anderen zwei Wochen für meine Moderationstätigkeit bei Antenne Bayern. 

Welche Aktivitäten im TV beschäftigen Sie genau?

Nun, ich schreibe die jährliche Sendung »Menschen« und gehöre dem Team von »Wetten Dass?« an, beides selbstredend Programme im Auftrag des ZDF. Hier arbeite ich auch noch als Autor für das Format „Die große Show der Sieger”. Kreativarbeit für das Bayerische Fernsehen steht ebenfalls noch in meinem Fernsehprogramm. 

Wie gesagt begann Ihre Karriere beim Radio, dem Sie auch stets als Moderator treu blieben. Wann entdeckten Sie Ihre Affinität zum gesprochenen Wort?

Ich war immer schon ein schreibfauler Mensch, deshalb stellt meine Autorentätigkeit heute eine Art Therapie für mich da [schmunzelt]. Der Hauptgrund für meine Radiobegeisterung ist ein Kassettenrecorder mit Aufnahmefunktion, der in Kinderjahren mein stetiger Begleiter war. Hiermit nahm ich eigentlich alles Mögliche auf, denn Briefe zu schreiben war ab diesem Punkt nicht mehr so reizvoll. Selbst meine ersten Liebesbekundungen waren auf Magnetband gespeichert und noch heute steigt mir fast die Schamesröte ins Gesicht, wenn ich an Aufnahmen aus Zeiten vor dem Stimmbruch denke. Das Mikrofon hat somit schon sehr früh eine große Rolle in meinem Leben gespielt. Gerne erinnere ich mich an einen Skikurs, bei dem ich mit anderen Kindern in die Berge fuhr und vorne im Bus mit dem Mikrofon, dass eigentlich für Reiseleiter bestimmt war, Reinhard May immitierte.

Was ist für Sie der Reiz bei der Arbeit im TV auf der einen und beim Radio auf der anderen Seite?

Beim Fernsehen liegt der Vorteil darin, dass man viel Zeit hat, sich mit einzelnen Programmelementen zu beschäftigen, dass heißt für wenige Fernsehminuten, die letztendlich über den Äther gehen, wird viel „Manpower” eingesetzt. Der Reiz liegt hier in der Detailarbeit. Beim Radio jedoch hat man als Moderator im Selbstfahrerstudio die Möglichkeit, als eigener Regisseur, Redakteur und Präsentator auf das ausgestrahlte Programm einzuwirken. Ideen können hier konsequenter umgesetzt werden. Radio ist halt immer noch das schnellste Medium! 

Was ist das Wesentliche bei Ihrer Radio-Talkshow »Parrisius« auf Antenne Bayern? 

Niveau und Seriosität werden bei uns groß geschrieben, was man bei den unzähligen TV-Talkshows nicht immer behaupten kann. Im Gegensatz zum Rundfunk ist Fernsehtalk eines der kostengünstigsten Programme und erfährt aufgrund der täglichen Ausstrahlung verschiedener Sendungen eine Inflation in puncto Gäste und Themen. »Parrisius« hingegen ist eine wöchentliche Sendung, bei der wir auf eine qualitativ hochwertige Auswahl unserer Gesprächspartner Wert legen wie auch auf eine ausgewogene Mischung in der Themengestaltung. Aktuelles, Brisantes und Politisches kommen bei uns genauso zum Zug wie bunte Themen, die aus dem Leben gegriffen sind. Deshalb auch der unverbindliche Name der Sendung »Parrisius« und nicht etwa „Brennpunkt der Woche”, mit dem man sich schon früh auf eine Sparte festlegen würde. Aus heutigen Rundfunkaspekten betrachtet ist »Parrisius« ein sehr ungewöhnliches Format, da wir in der Stunde vierzig Minuten Wortanteil haben.

Haben Sie bei »Parrisius« schon einmal Gäste so richtig zum Schwitzen gebracht?

Spannende Gäste hatten wir natürlich schon viele. So richtig brisant war zum Beispiel 1999 der Auftritt von Herrn Sauter bei »Parrisius«. Nur wenige Stunden nach der Sendung wurde er aufgrund seiner Äußerungen aus dem Ministeramt entlassen. Ob dies ausschließlich auf seinen Statements bei mir beruhte oder auf einem seiner Interviews zuvor, weiß ich natürlich nicht, aber es war schon sehr denkwürdig. Auf einen satirischen Ausflug nahm uns ein österreichischer Publizist mit, der bei der Diskussion um Autobahngebühren in seinem Land einfach vorschlug, dass sich die Deutschen doch am besten von seinem Heimatland fernhalten sollten. Er musste sich den Rest der Sendung von meinen Hörern ordentlich beschimpfen lassen. Richtig heiß wurde es bei Hartmut Engler [Sänger von Pur, d.Verf.] in der Diskussion mit einem Mitglied einer rechtsradikalen Musikgruppe. In solchen Situationen fragt man sich dann als Moderator: Wie komme ich hier wieder heraus?! 

Urs König
Aus RADIOJournal 1/2001


Foto: © ANTENNE BAYERN

»... Beim Radio hat man als Moderator im Selbstfahrerstudio die Möglichkeit, als eigener Regisseur, Redakteur
und Präsentator auf das ausgestrahlte Programm einzuwirken. Ideen können hier konsequenter umgesetzt werden. Radio ist halt immer noch das schnellste Medium!...«
 

• »Parrisius - die Radio Talkshow« lief bis Ende des Jahres 2007 jeden Samstag Mittag von 12.00 bis 13.00 Uhr auf ANTENNE BAYERN. Außerdem moderierte Stefan Parrisius die Sendung »Menschen am Sonntag« von 9.00 bis 12.00 Uhr. Dabei ging es um Promis, Menschen aus den Schlagzeilen oder einen Hörer mit seiner ganz persönlichen Geschichte.


Foto: © BR (Ralf Wilschewski)
 
• Seit Januar 2008 ist Stefan Parrisius auf Bayern 2 zu hören: Montags um 16.05 Uhr in der Sendung »Eins zu Eins. Der Talk« und einmal pro Woche führt er durch »Das Tagesgespräch« von 12.05 bis 13.00 Uhr - läuft zeitgleich auch in BR-alpha.
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