Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

»Die schönste Stimme Hamburgs«
Kathrin Lehmann über geniale Radiojahre, Spaß bei der Arbeit und Pumas im Studio


Ein charmantes Lächeln, ansteckend gute Laune und stets ein offenes Ohr für alles und jeden - so kann man Kathrin Lehmann wohl ganz treffend charakterisieren. Die schönste Stimme Hamburgs hat das geschafft, was auch im umkämpften hanseatischen Radiomarkt nur ganz wenigen gelungen ist: Sie ist zu einer Institution geworden. Trotzdem ist Kathrin Lehmann bodenständig geblieben. In allen Medien zu Hause, war ist und bleibt Radio doch ihre echte Leidenschaft. In über einem Jahrzehnt bei Radio Hamburg setzte Kathrin mit ihrer herzlichen Art und der angenehmen Stimme Maßstäbe. Dieser "Mix" machte auch ihre Fernseharbeit bei RTL und später SAT.1 zu einem großen Erfolg.

Kathrin, was bedeutet Radio für dich und wie hast du dich mit dem Rundfunkvirus infiziert?

Radio ist für mich lebendig, spannend, manchmal verrückt, aber immer am Puls der Zeit. Kurz: Es macht einfach nur Spaß! Gibt's etwa eine Job-Beschreibung die noch einladender ist? Ich kenne keine. Na ja, der eigentliche Weg zum Radio vollzog sich über kleinere Umwege, vom Medium an sich war ich allerdings immer schon fasziniert. Es war sozusagen meine Kinderliebe. Damals, als es noch keinen Privatfunk gab, lauschte ich ständig den NDR 2-Hitparaden. Ich wollte schon immer in irgendeiner Form mit Menschen umgehen, sämtliche Talkshows habe ich schon damals "verschlungen". Als ich mit dem Abi fertig war, wusste ich - wie es ja oft so ist - nicht genau, wie es für mich weitergehen sollte. Also schrieb ich mich an der Uni erst mal für Jura ein - studiert habe ich aber eher die Cafeteria... Nach diesem "Quasi-Ferien-Semester" startete ich mit einer Werbe-Ausbildung durch. Kreativ sein, außergewöhnlich - das klang gut. So sah ich mich in Gedanken schon unvergessliche Slogans und Spots entwickeln, und, was war? Leider wenig. Der erhofft bunte "kreative" Alltag entpuppte sich als mausgrau. Zumindest weiß ich seitdem, wie man "Ablagen macht", wie Buchhaltung funktioniert und dass eine Ausbildung sehr wohl verkürzt werden kann. Herrlich! Darauf folgte ein kurzer Zwischenstopp in einer PR-Agentur. Kurz deshalb, weil zeitgleich im Norden das erste landesweite Radio-Programm auf Sendung ging: R.SH. Und für mich war klar: Da muss ich hin! Also schmiss ich allerschnellstens den PR-Job um noch schneller in Kiel zu sein. Bevor ich für ein halbes Jahr ins sonnige Kalifornien entschwand ging es ab in die Hauptstadt Schleswig-Holsteins - für ein Praktikum.

Ich seh' mich noch allfrüh-morgendlich, im totalen Schnee-Chaos-Winter, mit der Bahn losdüsen. Hatte aber irgendwie was. Am zweiten Tag bei R.SH ließ man mich ran, ich durfte einen Beitrag vertonen. War schon ein komisches Gefühl, die eigene Stimme das erste Mal im Radio zu hören... Dennoch - mir machte es Riesen-Spaß, ich hatte "Blut geleckt" und setzte sogar einige kleine Reportagen aus Ami-Land nach Kiel ab.

Und dann stand Radio Hamburg in den Startlöchern und suchte nach frischen, unverbrauchten Leuten für das neue Programm?

Meinen Praktikumsplatz bei Radio Hamburg trat ich im August 1987 an. Der Sender war erst ein dreiviertel Jahr on air, in der Crew super-nette und witzige Leute. Jeden Tag passierte etwas Neues, Spannendes - wenn ich zurückdenke, es war einfach klasse. Meinen "Berufsdaddy" Thomas Walde - damals stellvertretender Programmdirektor - hatte ich gerade in der Anfangszeit viel zu verdanken. Er förderte mich, bot mir ein Volontariat an. Ich dachte erst noch, na, auf mich werden die bestimmt nicht warten, aber es ging dann alles ganz schnell. Während des Volos wurde ich auf's Moderieren gecoacht, und zu hören war ich dann im gesamten Tagesprogramm, weil es noch keine festen Schienen gab. Später gab's mich dann immer am Vormittag mit »Hamburg Live«. Es war eine geniale Zeit am Speersort und hat Riesen-Spaß gemacht. Im Prinzip war es damals eine nicht enden wollende Party, bei all den ersthaften Dingen, die natürlich auch gemacht werden mussten. Das schönste Kompliment für meine Arbeit war aber ganz sicher die unheimlich positive Resonanz der Hörer.

Dazwischen kamen deine Ausflüge zum Fernsehen. Hast du damals eine Alternative zum Radio gesucht oder war es einfach nur die Lust, mal was Neues auszuprobieren?

Nein, eine Alternative hab' ich auf keinen Fall gesucht, dafür machte und mache ich Radio einfach viel zu gerne. Während meines Volontariats war ich unter anderem bei der RUFA in Bonn und bei RTL-Nord in Hamburg. Die hatten schon damals Interesse, mich mal vor die Kamera zu setzen und ließen demzufolge auch nicht locker. Also hab' ich dann erst eine, später zwei Wochen im Monat bei RTL das Regionalmagazin moderiert. Fast drei Jahre lief das parallel. Irgendwann aber wollte ich nicht mehr auf zwei Hochzeiten tanzen und konzentrierte mich wieder voll auf Radio Hamburg. Nach genau elf Jahren kam dann im August 1998 aber der Schnitt: Es gab einige Programmveränderungen, die ich nicht mittragen wollte. Gleichzeitig keimte in mir schon seit längerer Zeit der Wunsch, mich noch einmal auf etwas Neues einzulassen. Gesagt, getan - ich entschied mich für SAT.1. Dort habe ich zweieinhalb Jahre das Regionalmagazin »17:30 Live für Hamburg und Schleswig-Holstein« moderiert. Was natürlich klar war: So ganz ohne Funk ging es bei der Lehmann nicht. Also startete ich - parallel - noch jeden Samstagvormittag bei Energy 97,1 durch.

Aber so wie ein Bumerang immer zurückkommt, verschlug es auch dich wieder zum Radio...

Ja, absolut. Trotzdem möchte ich klarstellen - auch die Fernseh-Moderation ist sehr reizvoll. Wer weiß, ob es mich nicht mal irgendwann wieder in die TV-Ecke zieht? Wenn ich aber sage, mein Herz schlägt für's Radio, dann meine ich es genau so. Das wird sich auch nie ändern. Für alster radio habe ich mich entschieden, weil ich an das gute Potential des Senders glaube und die damit verbundene Herausforderung. Außerdem würde es mich freuen, könnte ich meinen Teil dazu beitragen, dass der Erfolg wieder größer wird.

Kleiner Sprung zurück in deinen reichhaltigen Anekdotenschatz aus bald 15 Radiojahren. Woran denkst du besonders gern zurück?

Extrem begeistert haben mich immer die Hörer beim Osterhitmarathon von Radio Hamburg. Drei Tage und zwei Nächte nonstop Live-Moderation. Manche haben sogar vorm Studio campiert, nur um uns anzufeuern. Ganz unglaublich. Da fühlt man sich fast wie Madonna und fragt sich: Warum machen die das? Ich bin doch nur Kathrin Lehmann. Einmal durfte ich meinen Schwarm Richard Gere interviewen, ein Privileg, was man wohl nur in diesem Job hat. Das war unvergesslich. Und er war auch noch so verdammt charmant...

Samstags hatten wir bei Radio Hamburg eine Zeit lang Sendungen mit Doppelmoderation. Der Gag: Der eine Moderator durfte den anderen mit irgendetwas (auch fiesem) überraschen. Mein Kollege Marzel Becker (ein an sich nettes Kerlchen ... an sich aber auch nur...!) wollte meine "Tierliebe" testen. Dafür hat er mir doch tatsächlich einen (wie sich hinterher rausstellte dressierten) Puma ins Studio gesperrt. Da saß ich nun, auf drei Quadratmetern, mit dem Riesen-Raubtier Aug in Aug. Und mir brach ein wenig der Schweiß aus - natürlich nur vor Freude... Bin ja tierlieb! Habe ich dem Puma auch gesagt. Hat er offensichtlich auch verstanden oder vorher schon gut gefrühstückt. Wie auch immer, das Ergebnis zählt: Ich habe überlebt. An dieser Stelle noch mal: Danke, Marzel! War 'ne riesige Idee.

Kathrin, du hast in Hamburg Popularitätswerte, die wenige deiner Kollegen erreichen. Was ist dein Erfolgsrezept, um bei den Hörern anzukommen?

Erst mal vor allem eine Riesenportion Spaß. Im Idealfall gelingt es mir, die gute Laune, die ich bei der "Arbeit" im Studio kriege nach draußen zu transportieren, um die Hörer damit anzustecken. Dabei ist es mir wichtig, News mit Unterhaltendem zu verbinden. Auf meine persönliche Art, das heißt niemals mit erhobenem Zeigefinger. Da fällt mir ein "Spruch" von Dr. Walde ein: "Wir sind keine Oberlehrer sondern Oberkellner" - Recht hat er. Im Übrigen darf man sich selbst nicht zu ernst nehmen. Ich find' es immer schade, wenn man Moderatoren anmerkt, dass sie vor allem sich selbst gerne sülzen hören. Jeder von uns sollte immer daran denken, dass wir nur Teil eines Gesamtprodukts sind, zu dem Liebe und Enthusiasmus gehört. Vergessen wir das, vergessen die Hörer uns. Das soll mir nie passieren.

Stefan Förster
Aus RADIOJournal 1/2002 


Foto: © Kathrin Lehmann

»Radio ist für mich lebendig, spannend, manchmal verrückt, aber immer am Puls der Zeit.«


Foto: © Radio Hamburg

Ostern 1998 - Das »Radio Hamburg Dreamteam« Kathrin Lehmann und Gunnar Kron ist
im Wechsel mit John Ment und Sven Hasenclever auf Sendung, um die 809 Lieblingshits der Hörer zu präsentieren - die Radio Hamburg TOP 809 Nonstop-Hitmarathon.




• Kathrin Lehmann, „die schönste Stimme der Stadt“, war über elf Jahre eines der Aushängeschilder von Radio Hamburg. Nach Abstechern zu Energy und alster radio sowie der Moderation des RTL Nord- und SAT.1-Regionalmagazins nutzte sie ihre umfangreiche Erfahrung zum Sprung in die Selbständigkeit und bietet seit März 2004 Medientrainings „nach Maß“ an.

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