Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern
Eine vielseitige Stimme in Norddeutschland Isabel Garcia im Gespräch
Sie ist Sängerin, Sprechtrainerin und Autorin, komponiert eigene Lieder und arbeitet am eigenen Album. Kurzum, Isabel Garcia ist ein wahres Multitalent. Die Frau mit dem spanischen Nachnamen und sonnigen Gemüt arbeitet gern mit ihrer Stimme. Und die Leute in Mecklenburg-Vorpommern haben sogar das Glück, sie in ihrer erfrischenden, offenen und angenehmen Art hören zu können. Isabel Garcia moderiert beim Landessender NDR 1 Radio MV.
Isabel, der Wunsch mit deiner Stimme in den unterschiedlichsten Bereichen zu arbeiten, ist ja sicher schon in der Kindheit entstanden. Gehörtest du zu denjenigen, die heimlich in der Badewanne gesungen haben...?
Oh ja, ich war wirklich ein Kind der Kategorie „Gebt mir eine Schlagerkassette und ich sing fröhlich mit“. Obwohl ich eigentlich super schüchtern war, hab’ ich mich beim Nachsingen von Peter Alexander oder Wencke Myrrhe-Titeln ausgelebt. Gemeinsam mit einer Freundin hatte ich auch eine Liederkassette aufgenommen die Beschäftigung mit der Musik und dem Singen kommt also schon aus dieser Zeit. Ich sang dann in einer Schülerband und dem Hamburger Schubertchor und immer wieder wurde mir gesagt: „Du musst Gesang studieren!“ Nach einem Jahr in England klopfte ich also bei verschiedenen Gesangslehrern an die Tür: Bei der Ersten bekam ich zu hören, „keine Chance“, die Zweite meinte, „man könnte es probieren“ und der Dritte sagte dann „Wir packen das“.
Klavier spielen, die ganze Theorie und auch die Gehörbildung sind schon Bestandteile einer harten, anstrengenden Aufgabe. Hier hat sich vielleicht auch meine Eigenschaft herausgebildet, dass ich ungern aufgebe und so lange übe oder arbeitete, bis ich das kann, was ich will. Schon in der Zeit, wo ich Gesangslehrerin / Konzertsängerin studiert habe, fiel mir auf, wie viele schlechte Lehrer es gibt. Kleine Fachidioten, die nur ihren Bereich gesehen haben und nicht über den Tellerrand blickten. Das habe ich versucht besser zu machen, als ich in Uelzen Gesangsunterricht gab und einen Gospelchor gründete.
Nach zwei Jahren und der Zwischenprüfung ich wollte mir beweisen, dass ich es kann habe ich das Studium dann abgebrochen. Ich war damals 26, wenn ich noch auf Operngesang studiert hätte, was meistens das eigentliche Ziel ist, wäre ich erst mit über 30 fertig gewesen und das ist für eine Laufbahn in diesem Bereich natürlich viel zu spät. Etliche gescheiterte Solokünstler, landen schließlich als frustrierte Lehrer in Schulen. Ich wollte zwar gerne unterrichten, aber nicht nur! Deswegen war ich auf der Suche. Ich wusste, dass ich viele Talente als gute Basis habe, aber nirgendwo das herausragende Naturtalent bin.
Also hast du beim Radio vorbeigeschaut?
Da bin ich nur durch Zufall gelandet. In einem dieser fit for fun-Singlehefte reizte mich ein Mann, den ich angerufen habe. Aber ich bekam, bevor ich durchgestellt wurde die Frage gestellt: „Können Sie sich vorstellen, so eine Telefonanlage zu besprechen?“ Ohne mir etwas dabei zu denken hab’ ich ganz frech ja gesagt und bald darauf meldete sich, zu meiner vollsten Verblüffung, eine Firma aus Mitteldeutschland mit einem Castingwunsch bei mir. So ist ein Demoband entstanden und es kamen die ersten Aufträge zum Besprechen von Horoskopen, Telefondiensten oder solcher 0190-Flirtlines.
Über meine Gesangsstimme hatte ich mir schon Gedanken gemacht, über die Fähigkeiten meiner Sprechstimme jedoch nie. Eine von mir gesprochene Werbung wurde beim damaligen Hamburger Privatsender Magic FM gesendet und der technische Leiter, Cord Ehlers, wollte mich in seine Sprecherkartei für die Werbung aufnehmen. Es folgten dann einige Aufträge und plötzlich bin ich ganz unvermittelt in die Nachtsendung gerutscht. Ich hab’ dann im learning-by-doing-Verfahren geübt und war natürlich zu dieser Zeit wirklich grottenschlecht. Marzel Becker, der damals auch gerade einen Abstecher von Radio Hamburg zu Magic FM unternommen hatte, wollte mit mir nicht mal einen Aircheck machen. Tagsüber gearbeitet, nachts moderiert, wenig Schlaf das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Aber mein Chef Jens Krause meinte irgendwann als ich schon gar nicht mehr dran glaubte ich hätte mir einen Aircheck bei ihm persönlich verdient. Dank seiner Tipps und Hilfe wurde ich dann auch deutlich besser und vor allem sicherer, habe dann auch mal abends oder am Wochenende moderiert.
Jens Krause war dann eines Tages weg, Imke Svensson kam von Radio Hamburg als neue Programmchefin und Rik de Lisle begleitete den Relaunch als Berater. Er wollte mich unbedingt für den Vormittag haben und wischte meine anfänglichen Zweifel, ob ich dem schon gewachsen bin, mit seiner gewohnt charmanten Art vom Tisch. Ich sollte eine frische, neue Stimme für einen frischen, neuen Sender sein und das war dann sozusagen mein erster Karrieresprung nach gut einem halben Jahr. Für ein Dreivierteljahr war ich dann am Vormittag zu hören, bis mich Rik de Lisle, der nun beim Aufbau von Radio Wir von Hier in Bremen half, dort für die Morningshow vorschlug. Dort konnten sie sich aber ewig nicht entscheiden, sodass ich ein bisschen in der Luft hing. Rik de Lisle hat dann bei R.SH in Kiel angerufen, gesagt, die Isabel Garcia ist gut, und so bin ich dann dort unter den Fittichen von Programmchef Axel Hose gelandet. Über die Nacht und den Abend bin ich als Nadina Kress CvD wurde - wieder auf den Vormittagssendeplatz gerutscht. Bei Axel Hose habe ich am meisten gelernt und ich bin ihm heute noch super dankbar dafür.
Nach zweieinhalb Jahren R.SH kam dann der Anruf aus Schwerin vom NDR...
Der kam sogar schon ein Jahr vorher. Ich hatte bei Thorsten Nitz ein Vorstellungsgespräch in Schwerin, aber zu dem Zeitpunkt brauchte er keine neue Stimme. Er packt mich aber ganz oben auf seine Liste mit „eventuellen Neuzugängen“. Ein Jahr später rief er mich an und wollte mich schon nach drei Wochen in Schwerin haben. Ich hatte das große Glück, dass die Verantwortlichen bei R.SH allen voran wieder Axel Hose sehr kollegial waren, sich über meine Weiterentwicklung gefreut haben und mich aus dem bestehenden Vertrag entließen.
Seit Januar 2002 bin ich teilweise für die Abendschiene zwischen 17 und 19 Uhr zuständig und werde als Springer auch in den anderen Tagesschichten als Vertretung eingesetzt. Am Sonntagvormittag bin ich auch zu hören, das ist übrigens die quotenstärkste Sendung bei NDR 1 Radio MV. So habe ich dann, je nach Dienstplan, eine 4- bis 7-Tage-Woche. Gerade in der Abendsendung, die sehr stark auf Interaktivität mit den Hörern aufbaut, sind mir gute Gespräche mit den Menschen aus unserem Land am wichtigsten. Da kann es dann auch mal passieren, dass ich bei der Aufzeichnung eines Spiels vergesse, die Aufnahme-Taste zu drücken. Ziemlich peinlich, aber wenn man sich vorher nett unterhalten hat, kann man auch nochmal anrufen und von vorn anfangen. In die Musikabteilung kann ich mich auch einbringen, mache Musiksondersendungen und führe Interviews zum Beispiel mit Howard Carpendale oder Chris Rea.
Ein zweites Standbein hast du dir mittlerweile als Sprechtrainerin in Hamburg aufgebaut. Wie sieht dein Kundenkreis aus, was kann man bei und von dir lernen?
Gemeinsam mit Andreas Bell auch ein Kollege von Magic FM biete ich Seminare für alle Facetten des Sprechens an. Bei so vielen Menschen zum Beispiel bei Lehrern, die abends heiser nach Hause kommen, weil sie nicht gelernt haben ihre Stimme richtig einzusetzen fehlt die Basis für die richtige Ansprechhaltung und Körpersprache. Andreas unterrichtet die Teilnehmer einzeln in Phonetik, bei mir gehen wir dann in Gruppen-Wochenendseminaren mit maximal zehn Teilnehmern durch, wie man die Stimme richtig einsetzt, machen kleine Schauspielübungen, trainieren die Stimme in ihrer vollen Breite. Das Ganze geht über 25 Wochenenden, weil es mir auch wichtig ist, in aller Ausführlichkeit eine tragfähige Basis zu entwickeln, mit der die Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern dann auch zufrieden sein können.
Bleiben noch deine musikalischen Ambitionen. Wie sieht es denn da zur Zeit aus?
Da will ich eigentlich dieses Jahr einen entscheidenden Schritt weiterkommen. Ich habe schon viele neue Lieder mit deutschen Texten, aber auch Songs aus den neunziger Jahren alte Lieder, die ich nie richtig aufgenommen habe parat. Das vorhandene Material will ich dieses Jahr endlich einmal auf eine CD packen, um dann auch wieder frei für neue Stücke zu sein.
Stefan Förster
Aus RADIOJournal 7/2003