Interviews
mit Radioleuten und Radiomachern

»Außerdem liebe ich Sonnenaufgänge...«
Gespräch mit Berlins Nachmittagsstimme
Claudia Heber

Wer sie trifft, ist sofort bezaubert von ihr: Charmant, sympathisch und witzig erzählt Claudia Heber über ihr bisheriges (Radio-)Leben. Langeweile kommt garantiert nicht auf, die Erlebnisse und Anekdoten sprudeln nur so aus ihr heraus. Nach einer tollen Zeit bei radio SAW, zuletzt entweder am Nachmittag zu hören, oder morgens gemeinsam mit den »Muckefucks« in der dortigen Morningshow, folgte Claudia in diesem März [2003] dem Ruf nach Berlin. Beim BERLINER RUNDFUNK 91!4 ist sie seitdem die DriveTime-Stimme am Nachmittag. Mit dem Umzug sind auch die roten Haare wieder verschwunden - aber das natürliche Blond steht Claudia Heber genauso.

Claudia, zum Radio kommt man meistens „durch Zufall“. War es bei dir genauso?

Das kann man wohl sagen. Um von ganz vorn anzufangen: Aufgewachsen bin ich in Osterweddingen, einer winzigen Gemeinde unweit von Magdeburg, zur Penne gegangen bin ich dann im benachbarten Egeln. Nach dem Abi 1992 verabschiedete ich mich erstmal für ein Jahr als Au-Pair nach Minneapolis. Diese Zeit war für mich ungemein prägend. Zum einen der liebevolle Umgang mit gleich vier Kindern, der mich hat erwachsener werden lassen - zum anderen die offene, herzliche Lebensart dort. Zurück in Deutschland hab’ ich dann 1993 in Halle mit dem Jura-Studium begonnen. Das hat mich zuerst weder sonderlich interessiert, noch über die Maßen gefordert (in den Semesterferien hatte man ein paar Gutachten zu schreiben, das war’s eigentlich. Viel öfter hat man mich anfangs nicht an der Uni gesehen…).

So hab’ ich am Wochenende und während des laufenden Semesters Zeit gehabt, als Promoterin zu arbeiten. Als „Blumenmädchen“ wurde mir noch die Ehre zuteil, Rex Gildo zu küssen. Da war ich für MDR 1 in Magdeburg tätig. Als meine Chefin Barbara Klabunde dann zu SAW wechselte, nahm sie uns Mädels mit. Ich kannte radio SAW und die Hörer also schon lange und ziemlich gut, weil ich bei fast allen Veranstaltungen - auch der Hit-Arena - dabei war. Nach sechs Jahren als Promoterin wurde meine Stimme dann beinahe klassisch entdeckt. Während eines Umbaus im Magdeburger Funkhaus von radio SAW wurde der Sendebetrieb ins Regionalstudio nach Halle verlegt. Ich hatte abends Telefondienst, während André Ehlers auf Sendung war. Irgendwann landete ich dann bei ihm im Studio und wir blödelten auch on air ein bisschen rum.

Zwei Wochen später - ich hatte den Abend schon wieder vergessen - meldeten sich Mario A. Liese und Bernd Kalauch und boten mir den üblichen Einstieg ins „richtige“ Radiogeschäft mit Praktikum und Volontariat an, was ich dann auch überrascht und ohne lange zu fackeln annahm. Durch so einen dummen Zufall bin tatsächlich dauerhaft beim Radio gelandet. Es passte alles bestens, weil ich 1999 gerade mit dem Studium fertig war und die Aussicht auf die obligatorische Referendarzeit nicht gerade verlockend fand. Ein Kostüm kaufen und dann jede Woche in Gericht oder Kanzlei rumsitzen, wollte ich nicht. Mit damals 25 Jahren war's auch noch nicht zu spät, genau die richtige Zeit, mal was Anderes auszuprobieren.

So warst du dann auf den verschiedensten Sendeplätzen bis hin zur Morningshow zu hören. Hat dich denn das frühe Aufstehen nicht gestört?

Nö, überhaupt nicht. Das Aufstehen um drei Uhr früh fühlt sich an wie „Ferienlager“ - finde ich lange nicht so schmerzhaft, wie beispielsweise halb acht. Und wenn ich jetzt in Berlin mal unsere Morgenfrau Stefanie Schweda vertrete, bin ich sofort wieder im alten Rhythmus drin. Wer morgens sendet, hat doch einen entscheidenden Vorteil: Wenn man die Funkhaustür hinter sich zuwirft, liegt der ganze Tag noch vor einem. Man muss zwar mittags schlafen oder abends früher ins Bett, aber das passt trotzdem. Außerdem liebe ich Sonnenaufgänge!

Um aber noch mal auf meine Anfänge zurückzukommen: Ich war gerade zwei Tage in der Redaktion bei SAW, als ROCKLAND Sachsen-Anhalt im Digital Radio startete. Also wurde ich dorthin „abkommandiert“ und habe in einem winzigen Team gemeinsam mit Jörn Bastian, der heute mein bester Freund ist, den Sender mit aufgebaut. Richtig bei SAW dabei bin ich erst ab Ostern 2000 gewesen. Zunächst hab’ ich die „Kuschelhits“ moderiert, war dann abends zu hören, ehe ich als „Quotenfrau“ zu den „Muckefucks“ Volker Haidt und Holger Tapper in die Morningshow kam. Wenn die beiden Urlaub machten, haben sie dann Ted Stanetzky und ich vertreten.

Plötzlich warst du dann am Wochenende in Berlin zu hören, ehe du ganz in die Radio-Hauptstadt gegangen bist...

Auch hier spielte wieder mal der Zufall eine große Rolle. Bei SAW haben die Moderatoren keine eigene eMail-Adresse und so kommt das Hörerfeedback an einer Sammeladresse an. Alles bekommt man also nicht, da nicht alle Mails extra ausgedruckt und an die jeweils angeschriebenen Moderatoren weitergeleitet werden. Eine Mail erreichte mich aber, die ganz interessant klang, sehr originell und witzig abgefasst war, in der aber vor allem unglaublich geschickt um Rückruf gebeten wurde. Die Claudia war natürlich neugierig und umso überraschter, als sich am anderen Ende der Leitung auf einmal der BERLINER RUNDFUNK 91!4 meldete.

So kam es, dass ich ab März 2002 in der Woche weiterhin bei radio SAW in Magdeburg und am Wochenende dann in Berlin zu hören war. Anfang diesen Jahres bekam ich dann das Angebot, den Nachmittag beim BERLINER RUNDFUNK 91!4 ganz zu übernehmen. Das war eine schwere Entscheidung, da ich in Magdeburg meine Freunde, meine Senderfamilie und auch meine richtige Familie habe. Aber rückblickend kann ich sagen, dass es eine gute Entscheidung war. Ich habe in den letzten Monaten viel Neues gelernt, die Atmosphäre in diesem kleinen, hoch motivierten Team ist einfach super.

Mit der Verantwortung für meine Sendung ist auch verbunden, ob, wie und wann ich welches Thema oder welchen Beitrag platziere. Ich kann nahezu machen, was ich will, muss mich dann aber auch drum kümmern, also dafür sorgen, dass ich die Infos bekomme und sie entsprechend verarbeiten kann. Großartig ist auch, dass der BERLINER RUNDFUNK 91!4 in den letzten Monaten wieder deutlich journalistischer geworden ist. Neben den ausführlichen Nachrichten und den 10-Minuten-NewsReports um 7.00 Uhr früh und um 17.00 Uhr finden auch immer mehr Beiträge, Rubriken und Specials im Programm statt. Das Arbeiten macht richtig Spaß, man ist gefordert.

By the way, um den Kreis zu radio SAW zu schließen: Mittlerweile wohne ich in Berlin im selben Haus wie André Ehlers, der seit einigen Jahren hier bei Spreeradio moderiert und mit dem ich auch immer noch befreundet bin.

Was natürlich nicht fehlen darf: Deine lustigsten Versprecher, schönsten Pannen, tollsten Erlebnisse mit den lieben Kollegen...

Oh, da kann ich dir einiges erzählen. Gerade morgens mit den Jungs im Studio war es immer lustig, wir hatten so manche brüllend komische Situation. So hab’ ich einmal in einer Moderation statt „Kurzfassen“ „Furzkassen“ gesagt und die »Muckefucks« hat’s umgehauen, die sind vor Lachen vom Stuhl gefallen. Unseren eigentlich geplanten Dialog konnten wir dann natürlich vergessen. Aber das Improvisieren und die spontanen Dialoge hab’ ich sowieso immer geliebt.

Wenn ich morgens mit Ted Stanetzky moderiert habe, hat er mir oft die Themenwahl überlassen - und kurz bevor das rote Licht anging, wusste keiner von uns so genau, was jetzt eigentlich wessen Part ist. Abenteuerlich, aber von dieser Spontanität haben die Sendungen gelebt. Einmal hatten wir Atze Schröder zu Besuch. Da war das ganze Studio schick mit Bierbüchsen dekoriert - er hat keine angerührt, aber alles mitgemacht.

Eines Morgens klingelte früh bei mir zu Hause das Telefon. Ich dachte mir noch, wer ist denn da so frech, mich mitten in der Nacht zu wecken. Ausgerechnet in meiner Morningshow-Woche! Am anderen Ende der Leitung war „Entchen“, unsere Verkehrsassistentin, und mir wurde ziemlich schnell klar, dass die Sendung vor anderthalb Stunden begonnen hatte... Ich bin sofort (ohne Zähne zu putzen) ins Funkhaus gerast. Doch statt mit ’nem kräftigen Anschiss begrüßten mich Volker und Holger mit Applaus und meinten: „Jetzt gehörst du erst richtig dazu.“

Mit Susi Brandt, die am Vormittag moderiert und Scholle, der nach ihr am Nachmittag dran ist, bin ich oft abends um die Häuser gezogen. Einmal standen wir um halb Zwei morgens bei Susi am Auto und Scholle meinte zu uns - mit schon schwerer Stimme: „Kann es sein, dass wir drei morgen das Programm sind? Bin ich froh, dass ich der Sonnenuntergang bin!“ Als ich nach nur zwei Stunden Schlaf völlig übermüdet wieder im Studio stand, wusste ich, was er meinte...

Meine Kollegen waren aber immer so charmant. Als ich im ROCKLAND-Studio meine ersten Mikrofon-Erfahrungen sammelte, kamen Jörn, Susi oder Scholle gerne mal vorbei und haben mir während der Moderation das Blatt Papier geklaut, mich ausgekitzelt oder den Computerbildschirm verdreht. Und wenn ich mich trotzdem nicht habe aus der Ruhe bringen lassen, haben sie mir großzügig Fortschritte attestiert. Eine bessere Ausbildung kann man sich nicht wünschen!

Ein anderer Experte, was das Verstecken von Kopfhörern oder das komplette Verdrehen von Mikrofonen betrifft, ist Stephan Michme, der mir so manchen Streich gespielt hat. Das ging auch super im provisorischen Studio während des Funkhausumbaus! Ich habe mich jedes Mal furchtbar erschrocken, wenn jemand von hinten durch die Glastür hereingeschlichen kam, weil ich ihn nicht sehen oder hören konnte. Auf mein Schild „Vorsicht: Schreckhafte Moderatorin“ an der Tür - fühlte sich zum Beispiel Frank Wiedemann jedes Mal berufen, vorher im Studio anzurufen. Sah putzig aus, wie er nur zwei Meter hinter mir mit Handy dastand und fragte, ob er denn jetzt reinkommen könne...

Und die Erlebnisse mit den Hörern?

Da habe ich viele schöne Erinnerungen. Das Radio heiratet man ja. Entweder man macht es mit Herzblut und vor allem ehrlich gegenüber den Hörern, oder man kann es gleich sein lassen. Kontakt zu Hörern ist für mich das Wichtigste überhaupt! Macht mich glücklich und manchmal hat man dadurch auch Glück! Einmal hatte ich eine Stimmlippenentzündung und bin gleich nach der Arbeit zum Arzt. Bei der Anmeldung hieß es dann, „Oh je, wir haben Sie eben noch im Radio gehört“, schwupps war ich dran!

Gleiches hab’ ich mal in der Werkstatt hinterm Funkhaus erlebt, als ich mit meiner „Mathilda“ einen vier Meter hohen Pfeiler zerschossen habe und natürlich in Eile war, nur noch eine Stunde bis zur Sendung hatte. Die Jungs dort haben mich erkannt und das Unmögliche möglich gemacht!

Sehr dankbar und unglaublich hilfsbereit waren die Hörer während der Hochwasserdauerberichterstattung im letzten Jahr. Obwohl es für alle schlimm und stressig war, ist es ein gutes Arbeiten gewesen, immer mit dem Gefühl, wirklich helfen zu können. Wir waren schneller als die Polizei, haben sogar den MDR mit Beiträgen beliefert und in 10 bis 12-Stunden-Tagen wirklich alles gegeben.

Schön waren auch die Veranstaltungen mit den Hörern. Hit-Arena, Showtruck oder „Ally McBeal-Partys“ im Kino, man hat nach solchen Auftritten immer eine Gänsehaut! Ich hatte die Ehre, das Konzert der „SoulMates“ anzumoderieren, wo viele alte, echte Rockgrößen zusammenkamen (und man vor Ehrfurcht im Boden versank…).

Du hast schon gesagt, eigentlich heiratet man das Radio. Was bleibt denn da noch an Freizeit?

Wer Radio macht, lebt es auch, es geht nicht halb! Ich hatte in Magdeburg schon das große Glück, Teil eines unschlagbaren Teams zu sein! Wir haben viel gemeinsam gemacht. In Berlin wollte ich es eigentlich etwas ruhiger, etwas distanzierter angehen, doch jetzt grille ich auch schon wieder mit meinen Kollegen (die Freunde geworden sind) und entdecke mit ihnen Berlin, mache mit ihnen Ausflüge. Die Arbeit schweißt einen halt zusammen! Ich lese viel, bin eine absolute Bücherratte, ich reise gern, liebe andere Sprachen, Kulturen und Geschichte. Am Wichtigsten ist mir aber, neben meinen Freunden, meine Familie.

Stefan Förster
Fotos: © BERLINER RUNDFUNK 91!4

Aus RADIOJournal 9/2003



»... Das Aufstehen um drei Uhr früh fühlt sich an wie 'Ferienlager' - finde ich lange nicht so schmerzhaft, wie beispielsweise halb acht. Und wenn ich jetzt in Berlin mal unsere Morgenfrau Stefanie Schweda vertrete, bin ich sofort wieder im alten Rhythmus drin.
Wer morgens sendet,
hat doch einen entscheidenden Vorteil: Wenn man die Funkhaustür hinter sich zuwirft, liegt der ganze Tag noch vor einem...«




»... Gerade morgens
mit den Jungs im Studio war es immer lustig,
wir hatten so manche brüllend komische Situation. So hab’ ich einmal in einer Moderation statt 'Kurzfassen' 'Furzkassen' gesagt und die 'Muckefucks' hat’s umgehauen, die sind
vor Lachen vom Stuhl gefallen. Unseren eigentlich geplanten Dialog konnten wir
dann natürlich vergessen. Aber das Improvisieren und die spontanen Dialoge hab’ ich sowieso immer geliebt...« 




»... Wer Radio macht, lebt es auch, es geht nicht halb! Ich hatte in Magdeburg schon das große Glück, Teil eines unschlagbaren Teams zu sein! Wir haben viel gemeinsam gemacht.
Die Arbeit schweißt einen halt zusammen...« 



Foto: © rbb (Anja Grabert)

• Claudia Heber moderiert
nach einem Abstecher zu
Radio Brocken abwechselnd bei Antenne Brandenburg »Guten Morgen Brandenburg« aus Potsdam mit Alexander Dieck (Montag bis Freitag 5.00 bis 10.00 Uhr; Samstag und Sonntag 6.00 bis 10.00 Uhr im wöchentlichen Wechsel mit Manuela Lenz und René Hausmann) und präsentiert die Regionalmagazine im Studio Cottbus (im Wechsel mit Kathrin Weigel).
www.antennebrandenburg.de