Foto: © Max Tödtling
“Gesellschaft mitgestalten geht nur,
wenn man Verantwortung übernimmt und vorne steht”
Am 1. Februar hat sie ihr Amt als neue
Caritas-Präsidentin
angetreten:
Nora Tödtling-Musenbichler, seit einem Jahr
Caritas-Direktorin in der Steiermark, wird dann oberste
Repräsentantin der kirchlichen Hilfsorganisation mit einem
Jahresumsatz von über 900 Millionen Euro, 17.700 hauptamtlichen und
46.000 ehrenamtlichen Mitarbeitenden sein. Am Sonntag, den 7. Januar
war sie zu Gast in
Ö3-”Frühstück bei mir”. “Es war für mich
überraschend, dass Michael Landau zurückgetreten ist und noch
überraschender war es, dass ich gefragt worden bin”, sagt die
41-jährige Steirerin in der Sendung. “Ich habe aber bald zugesagt,
weil es für mich wichtig ist, Gesellschaft mitzugestalten. Das kann
man nur, wenn man Verantwortung übernimmt und vorne steht, das geht
oft schlecht aus der zweiten Reihe.”
Kennenlern-Termine mit Politikern stehen ganz oben auf ihrer Agenda.
Ob sie Karl Nehammer auf seinen “Burger-Sager” ansprechen wird? Nora
Tödtling-Musenbichler zu Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl: “Ich werde
ihn auf Armut ansprechen, die es tatsächlich gibt. Dass es
tatsächlich Kinder gibt, die hungern. Wir erleben es bei unseren
Lerncafes, dass Kinder hungrig in die Schule gehen, weil die Eltern
überlegen müssen: Heize ich die Wohnung oder gibt es ein
Mittagessen.” In Anbetracht ihrer Aufgabe auf Bundesebene meint die
neue Caritas-Präsidentin: “Ich glaube, dass das Wiener Parkett sehr
glatt sein kann und ich bin gespannt, wann ich zum ersten Mal in ein
Fettnäpfchen treten werde.”
In Ö3-”Frühstück bei mir” erzählt Nora Tödtling-Musenbichler auch
viel Persönliches. Ihren Vater hat sie erst mit 17 kennengelernt:
“Ich habe recherchiert, dass er als Koch in Zell am See gearbeitet
hat. Dann hat er von mir erfahren, dass es mich gibt. Er hat nichts
gewusst von mir, meine Mutter und er hatten keinen Kontakt
miteinander und dann kam diese Zeit, in der man als 17-Jährige nach
seinen eigenen Wurzeln sucht. Dann habe ich meinen Vater getroffen.
Wir haben uns langsam angetastet aneinander, auch mit dem Wunsch,
dass wir nicht 17 Jahre aufholen, weil das nur zu Enttäuschungen
führt.”
Und sie erzählt von ihrer Liebe zum katholischen Pfarrer Max
Tödtling - eine Beziehung, die sie 15 Jahre lang im Geheimen
führten. “Wir sind zusammengekommen, als ich 18 war. Gewusst haben
es dann nur unsere Familien und ein paar ausgewählte Freunde.” 2015
hat Max Tödtling in der Messe am Ostermontag dann verkündet, dass er
aus Liebe zu einer Frau sein Amt als Pfarrer zurücklegen würde. Nora
Tödtling-Musenbichler auf Ö3: “Ich habe damals zu Hause gewartet,
dann sind wir gleich weggefahren. Das mediale Interesse war sehr
groß. In je-dem Fall war es ein großer Schritt für Max, weil er
musste viel aufgeben. Aber wir haben uns zu einer gemeinsamen
Zukunft entschlossen. Es war schön zu erleben, dass die Beziehung
dann noch mehr Tiefe bekommen hat.” Auf Ö3 sagt die
Caritas-Präsidentin offen: “Ich hatte auch Angst, weil natürlich
gibt es Geschichten, dass Frauen an der Seite von Pfarrern die
Schuldigen sind oder dass Priester, die ihr Amt aufhören, dann keine
Anstellung mehr haben. Beides hat nicht zugetroffen. Und ich denke,
wenn ich in der Kirche jetzt so eine wichtige Funktion bekomme und
mein Mann mit Leitungsfunktion in der Diözese ist, dann zeigt das,
dass ganz viel Wertschätzung da ist und Normalität, wie man mit
diesem Thema umgeht.”
Ö3-”Frühstück bei mir” - das große Interview der Woche,
Persönlichkeiten ganz persönlich - jeden Sonntag von 9.00 bis 11.00
Uhr im Hitradio Ö3, moderiert von
Claudia Stöckl.
http://oe3.orf.at