Die Voice of
Peace (Teil 15)
Das Goldene
Zeitalter der Voice of Peace – 3. Teil
von Don Stevens
Einmal kam Abie Nathan gemeinsam mit Keith Ashton auf die MV Peace, um ein ganzes Wochenende dort zu verbringen und einige Ausgaben seiner Live-Sendung "The Peace Show" zu fahren. Daneben hoffte er, Ken Dickin überzeugen zu können, doch ein paar Monate länger zu bleiben. An jenem Abend setzte sich Abie mit allen DJs zusammen. Er wollte erfahren, wie wir uns fühlten, wer von uns dabei bleiben wollte und bei wem eine Vertragsverlängerung anstand. Ich erinnere mich, dass er zu Ken und Keith sagte, er wolle ein MOR-Format (Middle of the Road) haben. Er bestand auf dieser Umformatierung, meinte aber auch: "Das ist was ich will, aber ich verstehe auch nicht viel vom Radio." Darauf unterbrach ihn Keith und sagte sinngemäß: "Naja, Abie, da könntest Du Recht haben. Lass das die Entscheidung von uns Profis sein, wir machen das schon richtig." Keith schnitt Abie richtig das Wort ab. Eine Formatänderung wurde nie wieder diskutiert, solange Keith bei der Voice of Peace war. Abie konnte Ken nicht von einer längeren Tätigkeit überzeugen, was natürlich traurig war. Steve Gordon entschloss sich, drei weitere Monate an Bord zu bleiben (eine tolle Nachricht!), während Phil Sayer eine neue Stelle bei Piccadilly Radio antreten musste und uns daher verlassen musste. Schließlich fragte mich Keith, was meine Pläne seien, worauf ich mich bereit erklärte, noch sechs Monate zu bleiben, so dass wir Kontinuität beim Sound der Station garantieren konnten.
Bis April 1976 erhielt der Sender immer mehr Werbebuchungen. Die Agentur Tavas Advertising drehte voll auf, und auch Keith verkaufte Werbezeit wie der Teufel höchstpersönlich. Goldene Zeiten – doch gleichzeitig erreichten uns Gerüchte aus dem Office, dass Abie nun tatsächlich auf ein MOR-Format umstellten wollte und dass die Knesset, das israelische Parlament, für Anfang Mai den Start des Popsenders Reshet Gimel beschlossen hatte. Die Leute von Tavas waren absolut gegen Abies Pläne, auf MOR umzusteigen und damit den Markt dem neuen Reshet Gimel zu überlassen. Keith war auch dieser Ansicht und meinte, man könne mit einer aufgegebenen Musikrichtung unmöglich Werbezeit verkaufen, was die Stimmung im Office weiter aufgeheizte. Es wurde gemutmaßt, dass Abie die Radiofrequenz an seine "Freunde" in der Regierung abgeben wolle. Tatsächlich war unser Chef ja ziemlich glücklich über die Art und Weise, wie wir – vor dem Start des staatlichen Popsenders – operieren konnten. Tavas teilte uns mit, dass man bei einer Umformatierung sämtliche Buchungen stornieren wolle. Es sei für die Kunden reine Geldverschwendung, Spots auf einem MOR-formatierten Sender laufen zu lassen. Im Gegenzug schlug Abie vor, ich solle bis Ende 1976 die Breakfast-Show übernehmen – mit dem expliziten Auftrag, diese weiterhin so temporeich wie bisher zu moderieren. Tavas könne diese Schiene weiter vermarkten wie bisher, zusätzlich zu den Sendungen am Sabbat, die klingen würden wie bisher. Der Rest des Programms würde auf MOR umgestellt.
Zu diesem Zeitpunkt war Ken Dickin bereits von Bord. Steve Gordon und ich hielten den Betrieb aufrecht und sendeten im bekannten Stil weiter. Es war eine kurze Zeit, in der sich im Grunde nichts veränderte. Dann aber startete Reshet Gimel. Es dauerte nur einen Tag, ehe Keith den Sender verließ, und nur wenige Tage später kam Crispian St. John aus London an, um das MOR-Format einzuführen. Dies führte dazu, dass Tavas Advertising Abie informierte, dass man nur noch Werbezeit für die Breakfast-Sendung und für den Sabbat verkaufen würde, da der israelische Rundfunk an diesem Tag keine Spots brachte. Alles sah aus wie eine abgemachte Sache. Natürlich war es großartig, Crispian – CSJ – bei uns zu haben. Allerdings war es mehr als unfair, dass er die vom Office beschlossene Programmpolitik umsetzen musste. Wir sollten doch eigentlich erfolgreich sein...! Als Crispian einige Jahre später bei Metro Radio in Newcastle arbeitete, trafen wir uns oft bei mir zu hause. Wir aßen gemeinsam zu Abend, und Crisipan sagte mir, es sei ihm klar geworden, dass Abie damals unter Druck gestanden hat. Er meinte, er sei engagiert worden, um in Keith Ashtons Schuhe zu schlüpfen, was er so gut wie möglich tun wollte. Doch da nun der MOR-Sound aktiviert war, während das ehemalige Format weiterhin in den Morgenstunden lief, kam es häufig zu Konflikten. Abie hatte CSJ nicht mitgeteilt, dass ich vom Werbekunden Motorola Anweisungen hatte, wie gewohnt weiterzuarbeiten, so dass Crispian denken musste, ich halte mich nicht an die MOR-Vorgabe. Er und ich standen zu unter einem immensen Druck, und ich bot Abie einmal sogar meine Kündigung an. Diese wurde jedoch nicht nur zurück gewiesen, sondern Abie bestand sogar auf meiner Zusicherung, definitiv bis November 1976 dabei zu bleiben.
Ein ungewohnter Personal-Zugang kam nicht über Broadcast Placement Services, sondern über Steve Allen, der bei UBN war: Es handelte sich um Tara Jeffries, das erste weibliche Crew-Mitglied. Sie kam im späten Frühjahr 1976 an Bord, so etwa Mitte Mai. Tara hatte schon viel Erfahrung beim Hörfunk sammeln können, wollte aber ausdrücklich bei einem Seesender arbeiten, vorzugsweise bei einer Station mit einer Mission – wie eben die Voice of Peace. Sie empfand es als großes Abenteuer und als gute Gelegenheit, in einer neuen, unverbrauchten Umgebung gemeinsam mit einer Gruppe idealistischer junger Leute zu arbeiten. Ich gehe an dieser Stelle ausführlicher auf Tara ein, weil ihr Name zwar im Zusammenhang mit dem Friedensschiff bekannt ist, aber nur wenige ihre Geschichte kennen. Tara blieb nicht besonders lang an Bord, sondern verließ Israel bald wieder und ging zurück nach England. Leider bedeutete ihre Abreise einen herben Verlust für die Hörerschaft, was Abie seinerzeit leider nicht so sah. Zwar war es klar, dass es für sie als junge Frau bei einem Seesender, wo Männer den Alltag und die Kultur an Bord bestimmten, nicht gerade einfach sein würde. Wäre sie zu uns gestoßen, als Ken, Phil und Keith noch da waren, wäre es um einiges leichter gewesen. Diese drei waren echte Radioleute, die schon mit weiblichen Kolleginnen zusammen gearbeitet hatten. Ihr lockerer Moderationsstil hätte wahrscheinlich zum vorherrschenden Stil gepasst, aber sie hätte die Gemeinsamkeit im Team sicher zu schätzen gewusst.
Allerdings kam Tara zu einem späteren Zeitpunkt, als fast nur junge britische Kerle anwesend waren – Jungs mit den für das Londoner Stadtleben jener Zeit typischen Umgangsformen. Von Beginn an hatte Tara Schwierigkeiten, mit diesem Umgang zurecht zu kommen, während die Engländer nicht wussten, wie sie sich ihr gegenüber verhalten sollten. Immerhin war sie eine gebildete und weit gereiste junge Frau – und damit ein größeres Problem für fast jeden jungen Kerl.
Ich unterhielt mich viele Stunden mit ihr, und ich versuchte, ihr den Aufenthalt auf dem Schiff erträglich zu machen. Sie sagte mir unverblümt, dass sie sich nicht willkommen fühlte. Hinzu kam, dass wir in jenen Frühlingswochen unter schlechtem Wetter litten, das Schiff von einem hohen Wellengang auf und ab geschaukelt wurde und Tara bald seekrank war. Sie wollte einfach nach Hause. Es war nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ich konnte noch so sehr versuchen, sie zum Bleiben zu überreden – sie machte Vorkehrungen, uns zu verlassen. Steve Gordon versuchte ebenfalls, ihren Aufenthalt einfacher zu gestalten, aber wir beide verstanden bald, dass es ihr einfach nicht gefiel. Wenn Tara auf Sendung war, machte sie einen guten Job. Sie verstand schnell die Technik des Selbstfahrerstudios. Sie hatte eine herausragende Mikrofonstimme, eine honigsüße Stimme, wie Hörer von LBC bestimmt bezeugen können. Während ihrer beiden letzten Wochen beruhigte sich das Wetter, und es schien so, als besserte sich Taras Stimmung, wie einige Fotos nahe legen. Dann aber ging sie für einen kurzen Urlaub an Land, und bald erfuhr ich, dass sie nach Großbritannien zurückgekehrt sei, um ihre Karriere beim Privatradio fortzusetzen.
Es kamen andere Mitstreiter, allesamt vom britischen Radiomarkt und vermittelt durch die Agentur Broadcast Placement Services, die von Maggie und Tony Stevens in Hampstead, Nordlondon, betrieben wurde. Zu den Neuverpflichtungen gehörten Norman Lloyd, Gavin McCoy und Kenny Page, der eindeutig Kenny Everett nacheiferte, sowie einige weitere alte Bekannte. Mit Phil Mitchell und Kelvin O'Shea hatte ich schon in London zusammen gearbeitet. Unsere Aufgabe war es nun, zwischen den Musiktiteln länger zu sprechen. Der gesamte Output war sehr Middle of the Road, und die Vorgaben wurden strikt kontrolliert. Das neue Format führte zum Umsatzeinbruch. Viele Hörer schalteten um zu "Shosh Atari" mit Tony Fine und seiner Gang auf Reshet Gimel. Die spielten auf Gimel die Musik, die nur wenige Wochen zuvor bei uns gelaufen war. Und sie hatten viele Werbespots. Es war deprimierend, das zu hören.
Ende November 1976 lief mein Vertrag aus. Abie fragte mich nach meinen Plänen für die Weihnachtszeit. Ob ich vielleicht auf dem Schiff bleiben wolle... Wir führten ein langes, gutes Gespräch über den Sender und meine Zeit dort. Er sagte mir, Keith Ashton habe ihn verlassen, als er ihn am meisten gebraucht hatte. Das war typisch für Abie: Er hatte die Sympathien oft schnell auf seiner Seite. Ich liebte seine Art. Während meines letzten Landganges lud er mich in seine neue Wohnung in Tel Aviv zum gemeinsamen Abendessen mit einigen seiner Freunde ein. Auf diese Weise hatte ich die Gelegenheit, eine Reihe sehr interessante Menschen zu treffen, durch die ich ein andere Sichtweise auf das Friedensschiff und die öffentliche Meinung darüber erhielt. Einige dieser Leute waren der Ansicht, der Sender sei ein Anachronismus, ein Museumsstück, das Musik für eine Minderheit spielte. Armer Abie! Tolle Freunde...! Nachdem die meisten gegangen waren, goss Abie mir und zwei Ladys noch einen Drink ein, und wir sprachen über die Zukunft. Ich wollte die Weihnachtstage gerne in England verbringen, aber Abie bestand darauf, dass ich mindestens noch bis Januar in Israel bleibe. Ich schlug ihm vor, ich könne fahren und würde Anfang Januar zurück sein, aber darauf wollte er sich nicht einlassen. So endete dieser Abend mit einem bitteren Beigeschmack. Am darauf folgenden Tag drückte mit Abie im Office Bargeld in die Hand und wünschte mir viel Spaß für meine Freizeit. Ich machte mich auf zum Haus meiner Freundin und machte mir einen schönen Landgang. Allerdings war dies weit vor Erfindung der Handys, so dass mich Abie drei Tage lang nicht erreichen konnte. Als ich wieder im Office auftauchte, wurde ich sofort wieder aufs Schiff gebracht – unter anderem auch, weil tags darauf ein japanisches Fernsehteam an Bord kam und meine Livesendung aufnahm. Es wurde ein großartiger Werbefilm für den Sender, und Abie nutzte die Gelegenheit, die TV-Leute herumzuführen. Er war in der besten Stimmung seit Monaten und moderierte eine Sonderausgabe der "Peace Show" für die Gäste. Ich glaube, irgendwo in Japan muss ein äußerst interessantes Filmchen existieren.
Was nun geschah war höchst aufschlussreich und erklärte Abies Stimmungslage. Im Januar 1977 kehrte ich nämlich als Privatbesucher zurück nach Israel. Meine Freundin fand Großbritannien und seine Bewohner nämlich viel zu kalt und flog am Neujahrstag in ihre Heimat. Ich reiste ihr zwei Wochen später hinterher, um sicherzustellen, dass es ihr gut geht. Das war der Fall, aber unsere Beziehung war am Ende. Als lieb gemeinte Geste zeigte mir Ronit eine Ausgabe des israelischen Popmusik-Magazins "LahiTon", die die Ergebnisse einer Befragung aus dem November nach den beliebtesten Discjockeys enthielt. Darin stand, dass die Leser mich zum "Top Foreign Language DJ" gewählt hatten und dass ich außerdem zu den Top 10 der beliebtesten DJs insgesamt gehörte. Eine Riesenüberraschung war das für mich, besonders da die Veröffentlichung gerade mal eine Woche alt war. Ronit glaubte, dass dieses Umfrageergebnis die Ursache für Abies seltsames Verhalten war.
Während der ersten Woche in Tel Aviv traf ich mich mit verschiedenen Leuten und verbrachte Zeit mit Freunden. Ich schaute bei Tavas rein, wo man mir vorschlug, ich solle bei der Voice of Peace als Stationsmanager für die Wiederherstellung des alten Sounds sorgen. Abie habe man nicht in diesen Plan eingeweiht; er solle davon unterrichtet werden, sobald ich an Bord ginge. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte, gerade weil Abie stets eine behutsame Herangehensweise bevorzugte. Ich hatte versucht, ihn telefonisch zu erreichen und ihm mitzuteilen, dass ich in Tel Aviv war, doch die Mitarbeiter im Office haben meine Nachricht eindeutig nicht weitergeleitet. Durch Vermittlung von Tavas lernte ich Ian Wiener von CBS Records Israel kennen und konnte ihm bei der Einführung eines neuen Disco-Konzepts helfen. Meine Aufgaben waren die Unterstützung bei Neuveröffentlichungen und die Errichtung von Sound- und Lichtsystemen in den neuen Nachtclubs. Hinzu kam die Konzeption der Eröffnungsshows. Daneben moderierte ich gemeinsam mit Eli Israeli eine Top-40-Show beim Soldatensender – ich auf Englisch und Eli auf Hebräisch. Eine tolle Idee! Was ich nicht wusste war, dass Abie versucht hatte mich zu erreichen. Nach meinem Einsatz beim Soldatenradio wollte er jedoch kein Wort mehr mit mir sprechen, selbst dann nicht, als der Bürgermeister von Tel Aviv im Rahmen des Unabhängigkeitsfests auf dem Kikar-Atarim-Platz unsere beide Namen in einem Atemzug nannte. Abie war verstimmt und dachte, ich habe etwas gegen ihn. Er war oftmals so ... aber bereits ein Jahr später ließ er mir wieder eine Nachricht zukommen.
Ansonsten hatte ich ein fantastisches Jahr 1977. Ich trat in Clubs und Discos in allen Landesteilen öffentlich auf – auch gemeinsam mit Shosh Atari von Reshet Gimel im "Le Club" von Tel Aviv. Das Sheraton hatte mich unter Vertrag, und darüber hinaus machte ich meine eigenen Shows im "Forum Palace" im Norden von Tel Aviv. Ich schwamm auf der großen Discowelle ... und je mehr die Discomusik boomte, je weniger hörten die Fans die Sendungen vom Friedensschiff. Im Januar 1978 legte ich bei einer Veranstaltung auf, bei der Abie zu Gast war. Er wandte sich an mich, fragte mich, wie es mir ginge und ob wir uns treffen könnten. Ich sagte zu, und so trafen wir uns einige Tage darauf in seinem Office. Abie meinte, es würde mir vielleicht gefallen, aufs Schiff zurück zu gehen und eine tägliche Disco-Sendung zu gestalten. Das war eine sehr fortschrittliche Idee von Abie, ein richtiger Geniestreich. Ihm schwebte eine Sendung vor, die so klang wie ein Abend in einem Club. Mit Werbespots, wenn sie diese verkaufen ließen. Außerdem solle ich die Breakfast-Show moderieren, er habe auch schon einen Hauptsponsor dafür. Die Idee gefiel mir, und Abie betonte, ich würde ihn damit sehr unterstützen. Wir einigten uns darauf, dass ich in zehn Tagen an Bord gehen würde. Das gab mir Zeit, mich um Ersatz-DJs für einige meiner bereits festgelegten Termine zu kümmern, bei denen es nicht darauf ankam, ob ich persönlich auflegte oder nicht.
Nun, unser Projekt wurde zu einem Erfolg. Es lief drei Monate lang, in denen wir die neuesten Dance-Hits aus Europa und den USA spielten. Ich besorgte die aktuellen Scheiben aus Übersee und zahlte dafür aus meiner eigenen Tasche. Wir spielten auch Mixes in voller Länge, unter anderem die komplette 50-Minuten-Version von Alec R. Costandinos "Romeo and Juliet". Abie stellte sich vor, dass die Hörer ihre Partys rund um den Radio-Sendeplan feierten. Dies waren jedoch nicht die ersten Party-Nights auf dem Schiff: Phil Sayer und Ken Dickin hatten Anfang 1976 bereits eine Partysendung am Freitagabend, die sehr erfolgreich war, aber vom Stil her auf eine Radiohörerschaft ausgerichtet war. Abie wollte nun aber eine ganz neue Art von Radio. Es schien zu funktionieren, doch merkten wir, dass man dafür einen lokalen Discjockey benötigt. Reshet Gimel hatte den Markt für hebräischsprachige DJs, die westliche Musik spielten, bereitet. Als nun meine drei Monate bei der Voice of Peace zu Ende gingen, besprachen Abie und ich die Zukunft der Sendung. Ich war der Ansicht, dass man einen einheimischen Moderator brauchte, um einen Schritt weiter zu kommen – ein lokaler DJ würde das Netzwerk viel weiter spannen können als ich, obwohl ich meine Zuhörer gut herangezogen hatte. Nach einer Übergangszeit, in der Abie verschiedene britische DJs einsetzte, übergab er das Discoprogramm an Gad Biton. Ich kannte Gad aus der Clubszene und hielt seinen Einsatz fürs Radio für eine sehr gute Idee. Er band im Laufe des Jahres 1978 bis Anfang 1979 mehr und mehr Hörer an die Sendung. Neben Reuven Levi, der mit Unterbrechungen zwischen 1975 und 1980 on air war, war Gad der zweite israelische Radiomoderator. Mit seiner Hilfe hatte das Peace Ship die Chance, auf dem Radiomarkt endgültig anzukommen.
Bevor ich 1980 Israel verließ und nach Großbritannien zurück ging, stand ich weiterhin mit Abie in Verbindung und unterstützte den Sender. Als die finanzielle Lage schwieriger wurde und Abie beispielsweise die Discjockeys nicht mehr an Land unterbringen konnte, bot ich eine Unterkunft in meiner Wohnung an. Die meisten DJs hatten aber eine Freundin und waren lieber mit denen zusammen, so dass wenige das Angebot in Anspruch nahmen. Abie brachte mich zur Verzweiflung, weil er immer mich fragte, wo denn seine DJs seien. Ich musste dann Ausflüchte suchen ... "Sorry, Abie, er ist gerade im Zimmer mit seiner Freundin" ... "Nein, Abie, die beiden sind gerade weggegangen" ... solche Sachen. Ich lernte einige Leute kennen wie Kas Collins, ein wirklich guter DJ, der die größte Hörerschaft seit 1976 erzielte. Dann verließ er den Sender wieder, schickte mir noch eine nette Postkarte aus Kairo und ging wieder nach Europa. Steve Marshall war einer der Neuen, ein richtiger "Soul Man" mit einem immensen Wissen über Soul und R'n'B. Außerdem erneuerte ich meine alte Freundschaft mit Keith York, den ich aus meiner Zeit bei Dynamite 235 und Radio Concord kannte.
Kurz vor meiner Abreise im September 1980 traf ich mich mit Abie, erzählte ihm von meinem bevorstehenden Schritt und wünschte ihm alles Gute für die Zukunft. Wir einigten uns darauf, dass unsere Beziehung vielleicht etwas besser hätte sein können, dass wir aber beide viel zu stur waren – und so konnten wir versöhnlich darüber lachen. Abie dachte immer an die Zukunft und fragte mich deshalb, ob ich zurück kehren würde, wenn er einmal Hilfe benötigte. Meine Antwort war: "Klar, kein Problem. Du rufst an, ich komme, wenn ich helfen kann." Abie drückte mir die Hand und ich dachte: "Das ist das Ende von meiner Geschichte mit der Voice of Peace."
Das dachte ich.Übersetzung ins Deutsche: Thomas Völkner
Aus RADIOJournal 6/2009