Musiksendung: MDR FIGARO
»Klassik für Einsteiger« - Ulrike Timm
Es ist ein ehrgeiziges
Unterfangen, das sich Ulrike Timm da auf die Fahne geschrieben
hat: Hörer für die klassische Musik neugierig machen und
begeistern, zu genauem wie lustvollem Hören einladen und auch
Musikliebhaber mit ergänzenden Informationen zu bekannten
Stücken zu versorgen, die sie so bisher vielleicht noch nicht
kannten. Dabei soll Einsteigern in die klassische Musik die
Schwellenangst vor diesem Genre genommen werden, ohne Liebhaber
zu vergrätzen.
Seit Januar 2005 läuft die Serie »Klassik für Einsteiger« nun
einmal im Monat bei MDR FIGARO und stößt auf großen Anklang.
Dabei verbindet Ulrike Timm die einzelnen Beiträge der Serie mit
einem konkreten Konzerttermin im Sendegebiet. „In
Mitteldeutschland gibt es allein rund 25 professionelle
Orchester, die ihrem Publikum Konzerte anbieten. Daher muss es
auch nicht immer das Leipziger Gewandhaus sein. Auch kleinere
Städte wie Gotha oder Suhl haben entsprechende Angebote, auf die
hingewiesen werden kann“, berichtet Ulrike Timm. So manch
dankbarer Anruf kam aus den Konzertsälen der Provinz, dass über
die Sendung schlagartig mehr Publikum gekommen ist. In Zeiten
von Sparmaßnahmen und Schließungsüberlegungen ist „Klassik für
Einsteiger“ somit ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur
Sicherung der Konzertlandschaft
in Mitteldeutschland.
Jeder Beitrag greift sich ein einzelnes Werk heraus, das in acht
bis zehn Minuten erläuternd mit prägnanten Musikausschnitten
vorgestellt wird. Zu hören waren bisher schon Felix Mendelssohn
Bartholdys Ouvertüre zum Sommernachtstraum, Bachs berühmte
2.
Orchestersuite, Leonard Bernsteins Sinfonische Tänze aus der
„West Side Story“, Tschaikowskys Violinkonzert, die 2. Sinfonie
von Gustav Mahler, Beethovens Fünfte, die Sinfonie Nr. 2 D-Dur
von Johannes Brahms, „Don Juan“ von Richard Strauss oder „Mein
Heimatland“ von Bedrich Smetana mit dem Orchesterzyklus
„Má
Vlast“, der auch das berühmte Stück „Die Moldau“ enthält. Die
Fragen, die Ulrike Timm dafür bei ihren Einsteiger-Sendungen
stellt, sind so unterschiedlich wie die Musik selbst. „Bei
Beethoven zum Beispiel ist der Aspekt ‚Gesellschaft’ fast immer
wichtig, bei Schubert wäre er meist ziemlich sinnlos. Und bei
Bach wäre es schlicht feige, sich nur auf die Wirkungsumstände
zu konzentrieren, da ist ein Architekt am Werk, ein Baumeister
der Töne, jemand, der das Abstrakte versinnlicht im Klang - vor
allem aber ein zutiefst gläubiger Mensch.“
Der musikalische Eindruck soll in den Beiträgen den Text
spiegeln - und umgekehrt. Mit dieser ansprechenden Form erreicht
„Klassik für Einsteiger“ gerade auch das jüngere Publikum. Ein
Lehrer meldete sich kürzlich bei Ulrike Timm, der die Beiträge
mit Begeisterung im Unterricht einsetzt.
Die Autorin und Produzentin selbst wurde in Hamburg geboren und
war mehrfach Bundespreisträgerin von „Jugend musiziert“. Ulrike
Timm studierte Violine, Blockflöte und Alte Musik in Lübeck,
Zürich und Amsterdam, arbeitete als Kammer- und
Orchestermusikerin.
Bei Gerstenberg erschien im Herbst 2004 ihr
Buch „50 Klassiker - Orchestermusik“, in dem sie ihre Liebe zur
Musik und zum leserfreundlichen Erklären großartiger Stücke
klassischer Musik fabelhaft umsetzt.
Bei der Reihe »Klassik für Einsteiger« will sich Ulrike Timm
irgendwann mal bis zur „Winterreise“ durchgearbeitet haben.
Dankbar ist die passionierte Liebhaberin klassischer Musik ihrem
unmittelbaren Chef Michael Bajohr und MDR FIGARO-Leiter Detlef
Rentsch, die dem Format »Klassik für Einsteiger«, das übliche
Formatgrenzen auch im Kulturradio sprengt, mit Wohlwollen
begegneten und dessen Ausstrahlung unterstützten.
Da es bei den Spielzeiten der einzelnen Orchester einen langen
Planungsvorlauf gibt, ist es für Ulrike Timm nicht schwer, ein
passendes klassisches Stück zu finden, das dann auch im
Sendegebiet gehört werden kann. Auch bei ihren Moderationen des
»Journals« bei MDR FIGARO, das sie am Vor- oder Nachmittag
moderiert, gibt es gelegentlich augenzwinkernde Anmerkungen zur
Musik. Die Reihe »Klassik für Einsteiger« läuft als kindgerechte
Fassung auch bei Deutschlandradio Kultur – mit anderen Folgen am
Kakadu-Musiktag jeden letzten Mittwoch im Monat. Auch hier geht
Ulrike Timm nicht mit dem erhobenen Zeigefinger voran sondern
versucht anschaulich erzählend Musikwissen zu vermitteln.
„Man
kann über den Kulturverfall lamentieren und lange Aufsätze
darüber schreiben oder man tut was dagegen.“
Ulrike Timm liebt nicht nur die Präsentation klassischer Musik
sondern freut sich bei ihrer Moderation bei MDR FIGARO - in der
Regel eine Woche im Monat - auch über andere Betätigungsfelder.
„Ich mag die Mischung beim Journal - erst ein knackiges
politisches Interview, dann eine Buchvorstellung, schließlich
geht es um kulturelle Schätze aus der Region. Ich habe dabei
viel über Mitteldeutschland gelernt.“
Ulrike Timm schätzt die andere Herangehensweise an Themen bei
MDR FIGARO und das kurzfristige Reagieren auf aktuelle
Ereignisse. „Die spannendsten Sendungen sind die, die kurz vor
Beginn noch mal komplett umgeschmissen werden müssen.“
Zur Seite stehen Ulrike Timm ein Redakteur und ein Chef vom
Dienst für die konkrete Sendung und ein Team von etwa zehn
festen und einigen freien Mitarbeitern für das Journal
allgemein. An die Zukunft eines qualitativen Kulturradios
glauben offenbar auch die Hörer von MDR FIGARO, die eine starke
Bindung an den Sender haben, wie Ulrike Timm festgestellt. „Zu
Ostern kam eine Torte von einem Hörer und auch andere
Nettigkeiten sind immer wieder dabei, was ein großer Ansporn für
das gesamte Team ist.“
Ulrike Timm ist voller Tatendrang für weitere Projekte. Für
Deutschlandradio Kultur schreibt sie gerne Satiren, für SWR2 ist
eine komplette Mozartreihe für das nächste Jahr in Vorbereitung,
die
„ein Spaziergang durch sein Komponistenleben“ werden soll.
Stefan Förster
Foto: © MDR
www.mdr.de/mdr-figaro/musik