Comedy/Glosse: Ems-Vechte-Welle
»Cat Stevens - Der Terrorist«
Karsten Blum
In dieser Rubrik gab die Jury
einer bitterbösen Glosse den Vorzug.
Im eingereichten Beitrag
wird der zunehmend überzogene „Kampf gegen den Terrorismus“ in
den USA persifliert. Anhand eingespielter Textzeilen aus Liedern
von Cat Stevens alias Yusuf Islam werden vermeintliche Analogien
zu terroristischen Handlungen aufgezeigt, die die Gefährlichkeit
des Sängers gegenüber den Sicherheitsbehörden beweisen sollen.
Eine heikle, aber gut gemachte Glosse, die radikal politisch ist
und aus dem sonst üblichen Mainstream in diesem Genre ausbricht.
Karsten Blum stammt aus Bramsche bei Osnabrück, wo er aufwuchs,
auf’s Gymnasium ging und sein Abitur machte. Nach dem Wehrdienst
wollte Karsten an der Osnabrücker Universität eigentlich
Medienwissenschaft studieren, musste sich aufgrund von
Umstrukturierungsmaßnahmen dann aber für Literaturwissenschaft
und Geschichte entscheiden. An der Uni arbeitete Karsten für die
Arbeitsstelle Medienforschung. „In einem Projekt, das von der
VW-Stiftung unterstützt wurde, konnte ich mich unter anderem
ausführlich mit der Amerikaberichterstattung der ersten
Jahrzehnte befassen. Die Zeitzeugeninterviews mit Protagonisten
der Rundfunkszene der 50er und 60er Jahre waren eine sehr
wichtige und wertvolle Erfahrung für mich.“
Karsten Blum befragte damals journalistische Urgesteine wie
Peter von Zahn, Klaus Bölling, Gerd Ruge oder Thilo Koch. Seine
Magisterarbeit schrieb er über das „Leben und Wirken des
ZDF-Gründungsintendanten Karl Holzammer“, der heute noch - fast
100-jährig - ein Büro im Sender hat. Den Weg zu den Medien fand
Karsten, der auch im Studentenparlament und der Fachschaft sehr
aktiv war, über die Mitarbeit bei Studentenzeitungen sowie einem
kleinen Osnabrücker Blatt. Nach dem Examen ergatterte er ein
Praktikum im Regionalstudio des NDR, wurde danach als freier
Mitarbeiter eingestellt und war überwiegend für’s Radio, aber
auch für Fernsehproduktionen zuständig. Als sich die
niedersächsische Landesregierung anschickte, Pilotprojekte für
Offene Kanäle und Nichtkommerzielle Lokalradios einzurichten,
beteiligte sich Karsten Blum über einen Professor der
Arbeitsstelle Medienforschung an der Voruntersuchung für die
Region.
Zunächst war Karsten selbst im NKL-Förderverein Osnabrück
Mitglied, entschied sich dann aber für eine Mitarbeit bei der
Ems-Vechte-Welle in Lingen. „Die Kollegen kamen aus dem
Bürgerfunk in NRW, wollten beim Regionalradio für das Emsland
und die Grafschaft Bentheim von Anfang an eigenständig
redaktionell arbeiten.“ Dies kam Karsten Blum entgegen, der mit
Gründung der Ems-Vechte-Welle als Medienpädagoge und Redakteur
eingestellt wurde.
„Bis auf meinen Chef bin ich der Letzte der
Gründungsleute der
Ems-Vechte-Welle, die seit dem Sendestart am
31. Mai 1997 beim Sender geblieben sind.“ Die Größe des
Sendegebiets, das praktisch bis Osnabrück, Münster und in die
Niederlande reicht, bot reichlich Stoff, um auch den Auflagen
für die redaktionellen Sendungen gerecht zu werden. „Ich bilde
vor allem auch gerne Studenten und Praktikanten aus, die
selbstständig für Magazine und Nachrichten verantwortlich
zeichnen oder Pressetermine wahrnehmen. Seitdem es das
Freiwillige Soziale Jahr Kultur gibt, haben wir auch gute
Erfahrungen mit Langzeitpraktikanten gesammelt, die das Programm
deutlich bereichern.“
Dass die Ems-Vechte-Welle, trotz Umstrukturierungen und
finanziellen Kürzungen der mitfördernden Landkreise, heute immer
noch besteht und erfolgreich für die Region sendet, ist auch dem
großen Engagement der Mitarbeiter zu verdanken. „In den letzten
Jahren war es für mich eine persönliche Befriedigung, wieder
mehr selbst hinter das Mikro zu können und Nachrichten,
Reportagen, Kommentare und Berichte zu senden.“ Ein Faible hat
Karsten Blum aber vor allem für zum Teil bitterböse Glossen, wie
„Die schönsten Niederlagen des FC Bayern München“. Diese
44-teilige Hörfunkreihe wurde 2003 mit dem niedersächsischen
Hörfunkpreis ausgezeichnet. Für die jetzt mit dem
RADIOJournal-Rundfunkpreis prämierte Glosse über den
vermeintlichen Terroristen Cat Stevens erhielt er im Frühjahr
auch den „Alternativen Medienpreis“ in Nürnberg, wo er zwei
Jahre zuvor schon einmal mit einem Beitrag gewann.
Die Cat Stevens-Glosse entstand binnen eines Tages. „Als ich
hörte, dass die USA Cat Stevens, bei dem man unweigerlich immer
noch an Woodstock, Peace und langhaarige Menschen, die Gitarre
zupfen, denkt, die Einreise wegen vermeintlicher Terrorgefahr
verweigert hatten, machte ich mich sofort an die Arbeit. Die
Textpassagen seiner Lieder, die in der Glosse die Gefährlichkeit
als Terrorist belegen sollten, waren schnell gefunden. Die
Ausstrahlung fand auch große Resonanz, viele Leute wollten
diesen Beitrag auf CD haben.“
Nach vielen Jahren in Osnabrück und Lingen steht für Karsten
Blum zum 1. Oktober ein Wechsel nach Hamburg an. Hier wohnt und
arbeitet seine Frau und statt jahrelangem Hin-und-Her-Pendeln
ziehen beide nun in der Hansestadt in eine gemeinsame Wohnung.
„Ich bin gerade dabei, meine Fühler auszustrecken, was ich hier
im Medienbereich machen kann. Dabei kann ich mir viele Sachen
bis hin zu Pressearbeit vorstellen, möchte aber auch gern meine
eigenen Ideen entwickeln“, sagt Karsten Blum, der auch ein sehr
sportlicher Mensch ist. Seit seinem 10. Lebensjahr spielt er bei
TUS Bramsche Tischtennis, ist aber auch im Basket- und Fußball
aktiv. Darüber hinaus besucht er gern Rockkonzerte. Für die
Ems-Vechte-Welle hofft er auf einen kompetenten Nachfolger: „Es
wäre schön, wenn die gute und vielfältige Arbeit des Senders
nahtlos weitergeht.“
Stefan
Förster
Foto: © Ems-Vechte-Welle
www.ems-vechte-welle.de