Feature:
Deutschlandradio Kultur
»Einer spielt immer
die erste Geige«
Hanns Ostermann /
Jörg Degenhardt
„Das Feature ist ein
Vermächtnis für den Vater meiner Lebensgefährtin, der
katholischer Kirchenmusiker war und im letzten Jahr nach
schwerer Krankheit verstarb“ sagt Hanns Ostermann gleich zu
Beginn des Gesprächs. „Ich bin diesem Mann sehr dankbar. Er
freute sich, dass ich beim Radio arbeite und gab immer Hinweise
zu meinen Features oder Wortstücken. Durch ihn erkannte ich zum
Beispiel, dass zu viele
O-Töne in den Nachrichten an den Leuten
vorbeirauschen und man bestimmte Sendungen anders strukturieren
muss.“
Auch die Idee für das ausgezeichnete Feature ist durch
interessante Gespräche mit dem Kirchenmusiker entstanden.
„Musiker haben vielfach einen anderen Horizont als Sportler, die
Unterschiede
und Gemeinsamkeiten wollte ich auch bei diesem
Feature herausarbeiten“, begründet Hanns Ostermann die Wahl
dieses ungewöhnlichen Themas. Dabei erfuhr er eine ungeheuere
Hilfsbereitschaft bei den beteiligen Musikern ebenso wie bei
seinem Kollegen Rüdiger Albrecht von der Klassischen Musik, der
die passenden O-Töne für das Feature beisteuerte.
Schreibtischnachbar und Sportkollege Jörg Degenhardt hat
gegengelesen und Überschriften für die einzelnen Themenbereiche
gegeben.
Preise für seine Sendungen gewann Hanns Ostermann auch schon
zuvor. So zum Beispiel den „Fairplay-Preis der Sparkasse Köln“
für einen Beitrag über den Rücktritt von Berti Vogts als
Nationaltrainer oder einen Preis des Verbands Deutscher
Sportjournalisten (VDS)
für einen Beitrag über die „Special Olympics“ behinderter Sportler. Ostermann, der auch zweiter
Vorsitzender des VDS in Berlin ist und unter anderem „Jour Fixe“
zu bestimmten Themenschwerpunkten organisiert, sieht die
Sportkultur leider zunehmend verschwinden. Der
Verdrängungswettbewerb ist größer geworden und viele Sportarten,
über die sich das Berichten auch lohnen würde, werden zunehmend
an den Rand gedrängt. „Sport ist eine teure Ware geworden, die
sich amortisieren muss“ stellt Hanns Ostermann ernüchtert fest.
„Eine erfreuliche Ausnahme ist zum Beispiel der Biathlon-Sport,
wo durch medial begleitete Regeländerungen und deutsche Erfolge
eine frühere Randsportart so erfolgreich wurde, dass sie nicht
mehr ignoriert werden konnte.“
Hanns Ostermann studierte Sport und Deutsch an der Freien
Universität und unterrichtete dann fünf Jahre an einem
West-Berliner Gymnasium. Dort hatte er eine halbe Stelle inne
und musste erst am späten Vormittag in der Schule erscheinen,
was ihm seit 1981 eine freie Mitarbeit beim SFB ermöglichte.
Hier war er vor allem für die legendäre „Berolina“ zuständig,
die er für ein Jahr sogar moderierte. „Damals vollzog sich bei
der Lokalberichterstattung gerade ein Generationswechsel im
SFB“, erinnert sich Hanns Ostermann, „Größen wie Hans-Werner
Kock oder Ulli Herzog gingen in den Ruhestand“. Als
Sportreporter berichtete Ostermann damals auch live von den
Hertha BSC-Fußballspielen, „sportjournalistisch gesehen die
schönste Zeit“, wie er freimütig bekennt.
1987 erhielt er eine feste Stelle als Sportredakteur beim
damaligen RIAS. Zwischen 1989 und 1991 übernahm Hanns Ostermann
einmal im Monat die Frühmoderation bei RIAS 1.
Nach der Fusion von RIAS 1 und DS Kultur zum Deutschlandradio
Berlin arbeitete er als Sportredakteur weiter. Seit 2000
verantwortet Ostermann gemeinsam mit seinem Kollegen Jörg
Degenhardt die sonntägliche „Nachspiel“-Sendung. Abwechselnd
moderieren beide auch die Frühsendung »OrtsZeit« im
Deutschlandradio Berlin. „Es ist sehr produktiv, dass wir beide
über den Schreibtisch hinweg unsere Erfahrungen austauschen
können und derjenige, der gerade nicht Frühdienst hat, kümmert
sich dann schwerpunktmäßig um die Sportsendung.“
Wenn er dann noch Zeit hat, befasst sich Hanns Ostermann mit
Feature-Produktionen wie zum Beispiel aktuell zum Thema „Der
Schmerz im Sport“. 2000 war er auch als Sportreporter bei den
Olympischen Spielen in Sydney dabei. „Als Kind wollte ich Fritz
Walther werden“, lacht Hanns Ostermann, der den früheren
Südwestfunk-Sportchef Rudi Michel und den
WDR-Sportreporter Manfred Breuckmann („er hält den Ball nicht
für den Nabel der Welt“) als journalistische Vorbilder angibt.
Neben dem Sport liegt dem Sohn eines Pfarrers auch die
kirchliche Arbeit sehr am Herzen. So wirkt er im „Arbeitskreis
Kirche und Sport“ mit, dem neben dem Betriebssportverband und
dem Landessportbund auch
die Evangelische und Katholische Kirche
angehören. Hier wird Bildungsarbeit geleistet und es werden
Veranstaltungen wie
„Der Zweite ist der erste Verlierer“
organisiert.
Stefan Förster
Fotos: © DRadio
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