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Das Beste aus 20 Jahren RADIOJournal

Lustige Mo-Ment-e
John und Schatzi wecken Hamburg

Ende August 2002 in Hamburg. Die Morgensonne spiegelt sich im glitzernden Wasser der Alster, ihre Strahlen kitzeln den morgendlichen Schläfer sanft aus den Federn. Das Wetter verspricht einen schönen Spätsommertag in der Hansestadt. Ein Knopfdruck und das Radio läuft. 103,6 Megahertz, »Guten Morgen Hamburg« mit John Ment und „Schatzi“ Meike. Dante Thomas’ Megahit „Miss California“ lädt auf dem Weg ins Bad zum Mitsingen ein. Auf einmal ist sie da - d i e Stimme Hamburgs. John Ment erzählt gerade etwas über seinen Lieblingsfilm „Drei Himmelhunde auf dem Weg zum Orthopäden“ und kündigt Rainer Hirsch „im Nachrichtenzwinger“ an.

Vorher hat bereits „Daily Harry“ Schmidt mit einem Gagfeuerwerk seiner Vortagshighlights brilliert, die bei Radio Hamburg um 6.20 Uhr gesendet werden. Wie macht der das nur, der John, jeden Tag so früh aufzustehen und so gut gelaunt zu sein? Wo er doch immerhin über 14 Jahre die Morningshow bei Radio Hamburg geprägt hat? Und wer schreibt ihm die Gags, die allmorgendlich auf die Hörer einprasseln? Die Fahrt zum Sender dauert nicht lange, es ist die letzte Ferienwoche in Hamburg. Ungleich langwieriger gestaltet sich die Parkplatzsuche vorm Funkhaus. Der charakteristische rote Backsteinbau von Radio Hamburg am Speersort 10, zentral in der City gelegen, ist längst in Sichtweite, der gebührenpflichtige Parkplatz auch, doch selbst zu früher Stunde dauert es seine Zeit, ehe ein Platz frei wird. 

Volontärin Wiebke Sauk nimmt mich in Empfang und begleitet mich die folgenden Stunden nett und hilfreich durch den Sender. Zuerst geht’s in die Redaktion. Die besteht an diesem Morgen aus Frühredakteur Markus Steen, Spätredakteur Matthias Hohn, Line-Producer Arne Köllner, Frühpraktikantin Beena Gosch, dem Leiter der On Air Promotion Thomas Gleixner und der Onlineredakteurspraktikantin Jennifer Borchardt. Seit Um Sechs sind etwa zehn Leute rund um die Morningshow damit beschäftigt, diese mit Inhalt zu füllen. 

Die Frühpratikantin hat mit der Presseschau begonnen, um die wichtigsten Themen in Hamburg rauszupicken, Dinge die eben „Stadtgespräch“ sind. Heute geht es um Model-Scouts, den Kinostart vom „Planet der Affen“ und die bevorstehenden Wahlen in Hamburg mit dem sich abzeichnenden Erfolg des Amtsrichters Ronald Schill. „Natürlich geht es darum, das zu bringen, was für die Hamburger interessant ist, aber auch darum, die Hamburger bei interessanten Aktionen zum Mitmachen zu bewegen“ erzählt Produzent Thomas Gleixner und ergänzt: „Wir sind immer wieder erstaunt, was die Hörer bereit sind mitzumachen - und wenn sie in einem Bikini auftreten sollen - sie sind immer dabei.“ 

Nicht nur in der sendebegleitenden Produktion glühen die Köpfe. Auch im Nachrichtenbereich wird den ganzen Morgen intensiv gearbeitet. Sprecher Rainer Hirsch - der bei Radio Hamburg Nachrichtenmoderator heißt, Volontärin Annika Bellmer und Redakteurin Patricia Seeger stehen in dieser Frühschicht im Dienste der Tagesaktualität. In einer kurzen Kaffeepause erklärt Hirsch die Nachrichtenphilosophie von Hamburgs Nummer 1: „Wir fragen uns immer zuerst, was die Leute mit den Nachrichten anfangen können. Dabei hat der Hamburg­Bezug immer Priorität. Unsere anmoderierten Beiträge werden gerade am Morgen durch die Nennung von Ereignissen ergänzt, die im Laufe des Tages passieren werden. Wir bemühen uns, ein bis zwei O-Töne pro Nachrichtensendung dabei zu haben, auch mal die ein oder andere relevante Umfrage zu berücksichtigen, aber wir entscheiden alles nach der akuellen Nachrichtenlage. Es gibt kein Pflichtprogramm.“ Im Bild: John und Dolly Buster (16. Januar 2001).

Schnell noch ein Abstecher zur Musikredaktion, die etwas versteckt in den verwinkelten Gängen des Funkhauses residiert. Ob sich das Musikprogramm am Morgen denn von dem im weiteren Verlauf des Tages unterscheide? Nicht grundsätzlich, bekomme ich zu hören, natürlich verzichte man auf extrem traurige oder langsame Songs, weil die Hörer doch den richtigen Drive brauchen, der morgens nun mal schneller ist. Aber ansonsten gibt es keine gravierenden Unterschiede. 

Nun geht’s im schnellen Spurt nach unten, John und Meike warten im Studio. Nach Neun ist’s weniger hektisch, weil mit dem »Fünf Dinger Bringer« und dem »Mega Vierer« zwei lange moderationsfreie Musikstrecken im Programm sind, die den veränderten Hörgewohnheiten bei der Arbeit Rechnung tragen. „Ich gehe zweimal im Jahr zum Zahnarzt - einmal für jeden Zahn“ witzelt John Ment gerade zwischen den No Angels und Uncle Kracker. Keine Frage, die Morningshow lebt von seinen Witzen. Natürlich ist es auch ganz schön, Best of Schmidt und Raab jeweils um Zwanzig nach Sechs bzw. Sieben zu hören, aber John Ment setzt dem noch die Krone auf. „Ich war gestern beim Kirchentag - da war vielleicht der Teufel los!“ Sätze wie diesen mögen die Hörer in der toleranten und weltoffenen norddeutschen Großstadt. Müßig zu erwähnen, dass es in Bayern vielleicht anders aussehen würde. John Ment hat ohnehin eine Affinität zum Land mit den Bergen. Vor Jahren lief ein ebenso verrücktes wie erfolgreiches Gewinnspiel in seiner Sendung ausgerechnet unter dem Namen „Bayer oder tot“. 

Unterdessen begebe ich mich auf die Suche nach seinen Gagschreibern. Da sie sich auch nicht unterm Moderationspult verstecken, muss es für John Ments Witzflut noch eine andere Erklärung geben. Eine sehr einfache sogar. Er denkt sich alles selbst aus. Na ja, fast alles. Wo andere Morningshows Heerscharen von Gagschreibern beschäftigen, die dann oft noch nicht mal brüllend komische Sachen abliefern, verlässt sich John Ment auf seine humoristische Ader, die seiner Frau und die Anregungen seiner Redaktion. Gags werden akribisch archiviert, damit sie nach einiger Zeit noch mal verwendet werden können und Geistesblitze nicht sang- und klanglos untergehen. Ein erstes Buch mit dem Besten von »Guten Morgen Hamburg« ist auch schon erschienen, Titel: „War früher alles besser? Oder war es einfach nur früher?“ 

Wonach sucht John Ment seine Gags aus? „Am besten beginnt man mit Umschreibungen für bestimmte Begriffe, das macht sich immer gut. Der ‚Chef’ wird zum Beispiel ‚der sympathische Millionär’, schon kommt man bei diesem Thema weiter: ‚Ich schreibe gerade einen Brief an meinen Chef. Schreibt man Arschgesicht eigentlich zusammen?’ Auch Wortspiele eignen sich immer gut, à la ‚Lieber ein Busenwunder, als ein wunder Busen’. Mit der Zeit merkt man schon selbst was geht und was man knicken kann.“ Neben den flotten Sprüchen kreiert John Ment auch eigene Comedy-Serien für die Morningshow. Ist Modern Talking ohnehin Pflichtbestandteil fast jeder Sendung, entstand zusätzlich »Das Tagebuch des Dieter B.«. Der Pokemon-Wahn bei den lieben Kleinen veranlasste John zu einer namensgebenden Serie - den »Pokements«.

Als Running Gag meldet sich in der Show immer die „Regie“ (Dietmar Simon, Leitung Unterhaltung bei Radio Hamburg) zu aktuellen Ereignissen. „Was mir heute auffällt, kann im besten Fall schon morgen in der Sendung sein“, grinst John Ment, „ich will heitere Angriffsflächen schaffen, provozieren im klassischen Sinne. Wenn sich nicht jeden Tag mindestens einer fundamental beschwert, würde ich irgendwas falsch machen.“ Als wir seinen Lebenslauf durchgehen, wird es schwierig. Was sagt er aus humoristischen Gründen („ich wollte eigentlich Elektriker werden, dazu muss man aber einen Draht haben“), was stimmt wirklich („ich habe eine Lehre im Immobilienbereich erfolgreich abgebrochen“). Jedenfalls soviel steht fest: Er, der 1963 in Hamburg geboren wurde, war ein BWL-Student. Strafmildernd wird ihm angerechnet, dass er sich dann für’s Radio entschied - schließlich wäre den Hamburger Hörern sonst eines der größten Rundfunktalente vorenthalten geblieben. 

1985/86 begann er seine Radiokarriere bei der Hansawelle in Bremen, seit 1986 ist er mit kleineren Unterbrechungen bei Radio Hamburg. Weil es damals noch keine feste Sendeschienen gab, moderierte John Ment das gesamte Tagesprogramm und damit natürlich auch morgens. 1989 und 1991 folgten Ausflüge zu NDR 2 bzw. SAT.1, doch John Ments wahre Heimat ist die Morningshow bei Radio Hamburg. Deutschlands dienstältester privater Morgenmoderator ist seit dem 1. Januar 2002 neben der Moderation und Leitung seiner Show auch noch als stellvertretender Programmdirektor tätig. 

John Ment, der auch bei der Deutschen Hörfunkakademie seine Morningshow­Erfahrungen in Seminaren weitergibt, legt Wert auf Präzision. „Auch wenn die Hörer morgens mehr Wort vertragen und ich nach jedem Musiktitel auf Sendung gehen kann, muss ich auf den Punkt moderieren. Deswegen schreibe ich mir auch alles auf, jeder Gag muss sitzen. Ein Wort zuviel und die ganze Pointe kann versiebt sein.“ Große Parallelen zu seiner Moderationstätigkeit sieht John Ment in einem Theaterschauspieler. Wer ihn im Studio agieren sieht, glaubt das sofort. Er spielt mit dem Stativmikrofon, um seiner Stimme für bestimmte Anlässe mehr räumliche Tiefe zu verleihen, er denkt sich neue Kurzgags aus, in denen er die verteilten Rollen gleich selbst übernimmt und er ist auch sonst ganz in seinem Schauspiel-Element. 

Seit vier Jahren ist „Schatzi“ Meike, Johns Ehefrau, sein Sidekick. „Eine Frau geht seinen Weg...“ witzelt er, schließlich war Meike vorher Einkäuferin bei einer Tochterfirma des OTTO-Versands. „Schatzi“ ist für Wetter und Verkehr zuständig und wird sonst – wann immer es passt und es passt oft - in Johns Ping-Pong-Wortspiele eingebunden. Seit Meike dabei ist, kann er über die Frau als „besten Freund des Menschen“ noch unverblümter witzeln, die perfekte Ehefrau mit dem ebenso vergeblichen Sechser im Lotto vergleichen und darüber berichten, dass er bei seiner Hochzeit das „Ja, aber-Wort“ gegeben hat. Das Arbeitsleben der beiden kommt auch dem einjährigen Spross zu Gute. Abends kann die ganze Familie gemeinsam schlafen gehen. Daher stört es John Ment auch nicht, früh um halb Fünf aus dem Haus zu müssen. 

Zwischen Alcazars „Crying at the discoteque“ und „All Rise“ von Blue schiebt er noch schnell den letzten Gag dieses Morgens ein: „Wie kann man im Urlaub sicher sein, dass alles sauber ist? Richtig – Mutti fährt eine Woche früher.“ Geschafft. Dieser Morgen ist gelaufen. Wieder werden von 5 bis 10 Uhr über eine Million Hörer Radio Hamburg eingeschaltet haben, um John und „Schatzis“ Gute-Laune-Sendung zu verfolgen. Jetzt geht es noch in die „Spaßrunde“, wo die Kalauer des nächsten Tages besprochen werden. Wann er denn nach Hause kommt, frage ich John Ment zum Abschied. „In meinem Job bin ich total unabhängig. Ich kann vor 5 Uhr kommen, wann ich will, und nach 20 Uhr gehen, wann’s mir Spaß macht!“

Stefan Förster
Fotos: © Radio Hamburg
www.radiohamburg.de

Aus RADIOJournal 1/2002

• John und Meike moderierten von 1998 bis August 2002 die Radio Hamburg Morningshow. "Schatzi" nahm sich eine Auszeit für die Erziehung von Sohn Liam. Seit 2009 ist Meike wieder frühmorgens von 5.00 bis 10.00 Uhr (Montag-Freitag) on air als Vertretung von Wetterfee Sarah, der "sonnigsten Stimme der Stadt". Im Januar 2010 verkündeten John Ment und Meike "Schatzi" Ment nach über 15 Jahren das Aus ihrer Beziehung. Beide bleiben freundschaftlich miteinander verbunden.