„Meine Leidenschaft
ist mein Beruf geworden”
Sachsens Oldie-Papst Lutz Stolberg ist eine Institution im
Freistaat
Das Aushängeschild des sächsischen MA-Shootingstars oldie.fm - Die größten Hits der 60er, 70er und 80er ist zweifelsohne Lutz Stolberg, „unser wandelndes Oldie-Lexikon“, wie der ehemalige oldie.fm-Geschäftsführer und Programmdirektor Uwe Loll betont. Stolberg betreut jeden Tag drei Rubriken im Programm, in denen informativ das Musik- und Zeitgeschehen der 60er, 70er und 80er Jahre den Hörern näher gebracht wird. In »Wussten Sie schon...?« erfährt man bei oldie.fm Anekdoten über Sänger, Bands, Songs, Auftritte und Highlights aus der großen Zeit von Beat, Pop und Rock’n Roll, während sich Lutz Stolberg in »Damals« auf eine akustische Zeitreise in die bewegten politischen und gesellschaftlichen Abschnitte der Bundesrepublik und auch der DDR begibt. „Musik wird bei mir immer sozial, gesellschaftlich und politisch eingeordnet. Eines bedingt das andere. Als in den 60er Jahren verkrustete Strukturen aufgebrochen wurden oder der heiße Herbst ’77 ins Haus stand, begleiteten immer spezifische musikalische Strömungen diese Epochen“, erzählt Lutz Stolberg.
Der
37-Jährige, der in Wernigerode im Harz aufwuchs und heute in Leipzig
lebt, kam schon seit seinem zehnten Lebensjahr mit der Musik in
Berührung, die ihn seitdem nicht mehr losgelassen hat. Weil seine
ältere Schwester jeden Montag Abend das „Schlagerderby“ im
Deutschlandfunk hörte und er daher mit vorm Empfänger saß, wurde
sehr schnell sein Interesse an den neuesten musikalischen
Entwicklungen geweckt. Eine weitere Initialzündung waren die ersten
Beatlesfilme („Help“ / „A Hard Days Night“), die 1974 im
Westfernsehen ausgestrahlt worden sind. Seitdem war Lutz Stolbergs
Musikleidenschaft nicht mehr aufzuhalten, er sammelte alles, was er
über die „Fab Four“ kriegen konnte. Schon zu DDR-Zeiten hatte
Stolberg alle Songs zusammen, wenngleich unter den gegebenen
Umständen nicht immer in überragender Qualität. Als die Mauer
endlich fiel, investierte Lutz Stolberg auch sein Begrüßungsgeld in
die Beatles. In einem Berliner Kellerplattenladen in Kreuzberg
kaufte er sich die Aufnahmen „John Lennon und die Plastic Ono Band“,
„Magical Mystery Tour“ und eine kleine John-Lennon-Biografie.
Lutz Stolberg, der von der Pike auf Buchhändler lernte, antwortete auf eine Anzeige in der Leipziger Volkszeitung, die fragte „Wollen Sie Journalist werden?“. Er wollte und bekam seine erste Ausbildung bei der Katholischen Medienakademie in München, Praktika führten ihn zur Rheinzeitung in Koblenz, zur LVZ in Leipzig und zu MDR Kultur. Stolberg erkannte schnell, dass Radio seine wahre Leidenschaft werden würde und besuchte weitere Radioseminare, die ihn dann über eine erneute freie Mitarbeit bei der Leipziger Volkszeitung zu einem Praktikum bei Antenne Sachsen führten. Über Mitarbeit beim Leipziger Bürgerradio und einem lokalen Stadtmagazin kam Sachsens künftiger Oldie-Papst zu Radio Leipzig, wo er der letzte Sprecher des Leipziger Stadtfunks war. Lutz Stolberg erklärt: „Damals standen im gesamten Stadtgebiet noch etwa 120 Lautsprecherboxen, über die jeweils 15 Minuten lang die wichtigsten Informationen für die Leipziger wie Wetter, Verkehrsmeldungen und Straßenbahnabfahrtszeiten durchgegeben worden. Das war ein reines Wortprogramm, für dessen Veranstaltung Radio Leipzig den Zuschlag bekam, weil die Stadt selbst kein Rundfunkveranstalter für den Stadtfunk sein durfte. Kurz darauf wurden die Sendungen jedoch eingestellt, weil die Anlagen veraltet waren und sich eine Neuinstallation nicht gelohnt hätte.“ Schnell war Stolberg bei Radio Leipzig auch für Konzertberichte und Musikerinterviews zuständig - einen Weg, den er drei Jahre später auch beim damals noch RADIOROPA oldie.fm genannten Programm fortführen konnte. „Eigentlich wollte ich mich als Nachrichtensprecher bewerben, fand aber die Kassette nicht und schickte daher einen Musikbeitrag als Demoband.“
Das
eigentliche Versehen erwies sich schnell als Glücksfall für Sachsens
Hörfunklandschaft. Die PSR-Gruppe übernahm oldie. fm, formatierte es
konsequent auf die größten Hits der 60er und 70er (etwas später
kamen die 80er hinzu) und Lutz Stolberg erhielt seine drei täglichen
Rubriken im Programm. Dank seiner etwa 1.000 CDs und 1.500
Audio-Kassetten zu Hause, stehen ihm genug O-Töne zur Verfügung, um
die musikalische und politische Geschichte aus drei Jahrzehnten
anschaulich illustrieren zu können. Stolberg, der als sein
Lieblingsalbum „Sergeant Pepper’s Lonely Hearts“ nennt und dessen
Lieblings-Beatlesong „Day In The Life“ von John Lennon ist, hat
seine tägliche Arbeit an und mit der Musik seinem Lebensrhythmus
angepasst. „Ich schlafe früh gern etwas länger“, bekennt Lutz
Stolberg freimütig, „recherchieren und Texte schreiben mache ich
dann zu Hause, produziert werden die täglich fünf Hörstücke abends
und nachts im Funkhaus.“ Viel Freizeit bleibt da nicht, zumal auch
immer viele Höreranfragen zu beantworten und wöchentliche Kolumnen
für den Wochenkurier Dresden zu schreiben sind.
Wieviel Beiträge, die mit O-Tönen und Interviews viele Informationen über Songs und Biografien vermitteln, bisher schon entstanden sind, weiß Lutz Stolberg, der sich auch heute noch für leidenschaftlichen Rock, nicht aber für Computersound begeistern kann, nicht so genau. Für ein 76-minütiges Beatles-Special bekam er jedenfalls schon einen SLM-Hörfunkpreis verliehen. Besonders stolz ist Stolberg darauf, dass einige seiner Beiträge auch im Beatles-Museum in Halle/Saale als akustische Illustration zu hören sind. Eine Frage bleibt jedoch noch. Wie er denn auf den Titel „Oldie-Papst“ gekommen ist? „Das war ich nicht selbst“ lacht Stolberg, „der damalige RADIOROPA-Geschäftsführer Yosh Malzon-Jessen kritisierte einmal einen Moderator, der meine Rubriken einfach nur mit Namensnennung ankündigte. Er solle doch mal einen neuen Begriff kreieren, Oldie-Papst zum Beispiel. Und so ist dieser - natürlich schmeichelhafte - Titel an mir hängen geblieben.“
Stefan Förster
Fotos: © oldie.fm / R.SA
www.rsa-sachsen.de
Aus RADIOJournal 12/2001
• Auf den Frequenzen von oldie.fm sendet jetzt R.SA mit Böttcher & Fischer. Lutz Stolberg ist dort von Montag bis Freitag 10.00 bis 14.00 Uhr mit »Stollis Musikladen« zu hören. Von 20.00 bis 24.00 Uhr moderiert er mit Katja Möckel die Sendung »Geschichte der Popmusik«. Am Samstag und Sonntag gibt es auf R.SA von 12.00 bis 15.00 Uhr Musik-Spezialsendungen mit Lutz Stolberg und Katja Möckel.
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Das neue R.SA Oldiebuch „Die 70er“ ist da!
Mit „Die
60er“ hat R.SA-Redakteur und -Moderator Lutz Stolberg in den letzten
Monaten bereits tausende Bücherregale um ein erstklassiges
Musik-Lexikon erweitert. Jetzt hat der anerkannte Musik-Experte
nachgelegt: Anfang September ist sein neues Oldiebuch „Die 70er“
erschienen. Exklusiver Verkaufsstart war „Am Tag der Sachsen“, wo
Fans das Buch kaufen konnten - natürlich mit persönlicher Signatur
vom Autor. Wie der Titel schon verrät, erzählt Lutz Stolberg diesmal
viele spannende Musik-Geschichten aus dem Jahrzehnt, das mit
Rock-Größen wie Deep Purple, Led Zeppelin, Queen oder Pink Floyd
begann und mit Poptitanen wie ABBA endete. Die immer stärker
werdende Punk-Bewegung tat ihr übriges, um die 70er musikalisch zu
einem echten Revival des ursprünglichen Rock zu verhelfen: Bürger
erschrecken und „No Future“ propagieren - das machte Spaß und ging
in Mark und Bein. Lutz Stolberg, Jahrgang 1964, lebt in Leipzig. Er
ist bekannt durch seine journalistische Arbeit für den Radiosender
R.SA - Mit Böttcher & Fischer. Der Radio-Redakteur wurde bereits
mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Um „Die 70er“ fertig schreiben
zu können, bekam er im Sommer extra eine Auszeit von den Böfis, die
er intensiv nutzte.
(RADIOJournal 8/2009)