»Hier spricht Kanada«
Der Auslandsdienst der "Canadian Broadcasting Corporation" (CBC) begann am 25. Februar 1945 als "Stimme Kanadas" mit der Ausstrahlung von Fremdsprachenprogrammen Richtung Europa (Deutsch, Englisch, Französisch und Tschechisch). Sie sind an erster Stelle für ausländische Hörer gedacht und dienen dem Ziel "die kanadische Lebensweise und Kultur, nationale Interessen und Politik sowie die kanadische Meinung über nationale und internationale Angelegenheiten wirklichkeitsgetreu widerzuspiegeln".
Radio Canada International (RCI) ist ein integraler Teil der CBC mit gleicher Programmpolitik und muss laut Kabinettsbeschluss mit dem Außenministerium in Verbindung stehen. Die Kurzwellen-Sendeanlage in Sackville besteht aus acht Sendern, davon werden für 250 und ein 100 Kilowatt-Sender für den Auslandsdienst benutzt.
Radio Canada International gehört zu den kleinen bis mittleren Sendern im Kurzwellenbereich mit einer wöchentlichen Zuhörerschaft von über 16 Millionen. Umso mehr stieß deshalb die im September 1989 von offizieller Stelle verbreitete Meldung, der Deutsche Dienst werde zum Ende des Monats aus Kostengründen "wegen zu geringen Hörerinteresses" eingestellt, auf Unverständnis und heftigen Protest. Spontane Zuschriften und Unterschriftenaktionen bewirkten zunächst einen Aufschub bis Ende Oktober. Dann bemühte sich ein deutsch-kanadisches Konsortium über Sponsoring den Deutschen Dienst zu finanzieren, was sich aber (so Maggy Akerblom in einem Interview mit dem ORF) nicht "materialisieren" ließ. Es folgte eine Gnadenfrist bis Ende des Jahres; schließlich kündigte der Direktor von RCI die endgültige Schließung des Deutschen Dienstes für Freitag, den 23. Februar 1990 an.
Unwahrscheinlich, dass auf die Ansage „Sie hören uns täglich..." oder „Wenn Sie uns schreiben wollen..." am anderen Tag nur Rauschen folgen würde, bis Maggy Akerblom zum Schluss der Sendung eine wichtige Mitteilung bekannt gab: „Wie Sie vielleicht schon in einer unserer Sendungen gehört haben, ist der vorgesehene Termin für die Einstellung der deutschsprachigen Sendungen aufgehoben worden. Wir werden auch nach dem 23. Februar auf unbestimmte zeit weiter senden und hoffen, dass Sie einen guten Empfang haben". Ihre Stimme klang sichtlich erleichtert, obwohl auch dies nur eine Atempause ist, denn die offizielle Bekanntmachung des Direktors lautete: „Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Europa haben wir beschlossen, unseren deutschsprachigen Dienst unter Aussetzung des Programmes in arabischer Sprache für einige Monate fortzuführen."
Das heißt konkret, auf die Einführung eines Arabisch-Dienstes Richtung Naher und Mittlerer Osten zum 1. April 1990, wird vorerst zugunsten des Deutschen Dienstes verzichtet. Für beide zusammen ist kein Geld da. Möglicherweise übernimmt das Kanadische Auswärtige Amt die Finanzierung des Deutschen Dienstes. Immerhin ist der Deutsche Dienst seit 40 Jahren im Äther und bietet einer doch beachtlichen Hörerschaft eine tägliche Magazin-Sendung, die so gar nicht nach Propaganda oder Regierungsverlautbarungen klingt, sondern flott und unterhaltsam über Kanada informiert.
Peter Schneider
Fotos: © RCI / Peter Schneider
www.rcinet.ca
www.cbc.ca
Aus RADIOJournal 2/1990
• Radio Canada
International (RCI), der Auslandsdienst
der Canadian Broadcasting Corporation (CBC), ist das Opfer der
größten Budget-Kürzungen in seiner 45-jährigen Geschichte geworden.
Der Kurzwellensender strahlte seine letzten Fremdsprachenprogramme
in Deutsch, Japanisch, Tschechisch, Polnisch, Ungarisch und
Portugiesisch am 23. März 1991 aus. Die Entscheidung fiel einen Tag
zuvor. Rund die Hälfte der 190 Angestellten verloren ihre
Arbeitsplätze. Seit 1. April liegt die Zukunft des internationalen
Dienstes in den Händen der Regierung. Peter Bernath moderierte die
letzte deutschsprachige Sendung wie folgt ab: "Dass es
Erzählenswertes und Hörenswertes über Kanada gibt, davon sind in
diesen Tagen in Ottawa offenbar nicht alle politisch
Verantwortlichen überzeugt. Wir müssen diese Entscheidung hinnehmen
und können nur darauf hoffen, dass sie irgendwann einmal als falsch
erkannt wird. Aber die Wahrscheinlichkeit ist wohl größer, dass wir
in unserer schnelllebigen Medienlandschaft eingeegnet werden und in
Vergessenheit geraten."
(Radio-Skala 6/1991)
• "Coalition to
Restore Full RCI Funding" heißt eine in
Montreal gegründete Koalition zur Rettung des Auslandsdienstes von
Radio Canada International (RCI). Ihre gehören ehemalige
RCI-Mitarbeiter an, die ihre Arbeit nach den
Umstrukturierungsmaßnahmen verloren haben sowie begeisterte
kanadische DXer. Der Zusammenschluss war notwendig, weil vereinzelte
Protestaktionen bisher nicht zum Erfolg führten. Die Einsparungen
hauptsächlich bei Gehältern und Räumlichkeiten hatten die Streichung
vieler Fremdsprachendienste zur Folge. Derzeit stellt die
Bundesregierung in Ottawa lediglich 13,5 Millionen Dollar zur
Verfügung. Solidarische Unterstützungsbriefe ehemaliger RCI-Hörer
sollten deshalb nicht abebben. Darauf wies die Leiterin des früheren
deutschsprachigen Dienstes, Maggy Akerblom, in einem Rundschreiben
hin.
(Radio-Skala 9/1991)
• Kanada ohne
KW: Einige unentwegte ehemalige
Mitarbeiter von Radio Canada International (RCI Montreal) versuchen
immer noch, die beliebten Sendungen des deutschsprachigen Dienstes
wieder auferstehen zu lassen - Jahre nach ihre Einstellung. Daraus
wird nun nichts mehr werden: Als eines der wenigen Länder dieser
Welt verzichtet Kanada in Zukunft ganz auf einen Auslandsrundfunk,
jedenfalls auf Kurzwelle. Die letzte Sendung wird am 31. März 1996
laufen, danach bleibt von RCI wohl noch das via Satellit verbreitete
Programm für kanadische Streitkräfte im Ausland. Das Ende des
Kurzwellenrundfunks aus Kanada hat finanzielle Gründe. Die Regierung
hatte 1995 den Geldhahn zugedreht und die öffentlich-rechtliche CBC
mit der Finanzierung der Auslandsprogramme beauftragt. Dazu ist sie
nicht mehr in der Lage, denn auch sie ist auf Staatsgelder
angewiesen, die jetzt drastisch reduziert wurden. Man darf gespannt
sein, was aus den imposanten Sendeanlagen in Sackville (New
Brunswick) wird.
(RADIOJournal 1/1996)
•
Vorgestellt: Radio Canada International:
Die erste lizenzierte Radiostation in Kanada war eine
Marconi-Station mit dem Rufzeichen "XWA" und sendete aus Montreal.
Das reguläre Programm begann im Mai 1920. Zwar sollte man nicht
unerwähnt lassen, dass Marconi 1901 die erste
Transatlantik-Verbindung zwischen Cornwall (England) und Neufundland
(Kanada) herstellte. Auch die kanadische Eisenbahn "CNR" versuchte
sich auf dem Gebiet des Rundfunks. Schon 1922 versorgte man die
Fahrgäste mit einem Radioprogramm in den Zügen. Stationen gab es in
Montreal und Ottawa. Nur mit diesem Programm konnte man nicht Kanada
versorgen. 1932 wurde die "CRBC" geschaffen und in einem
Rundfunkgesetz verankert. Am 2. November 1936 wurde ein neues Gesetz
geschaffen und es entstand die vom Staat unabhängige Canadian
Broadcasting Corporation (CBC).
Erst im Zweiten Weltkrieg machte man sich Gedanken einen
Kurzwellendienst einzurichten. Ende 1942 beauftragte das Parlament
in Ottawa die CBC einen Kurzwellendienst aufzubauen. In Sackville/New
Brunswick an der Atlantikküste wurden die Antennen errichtet und
zwei 50 Kilowatt-Sender nahmen am 25. Februar 1945 den Betrieb auf.
Redaktion und Technik des "CBC International Service" saß im "Maison
Radio Canada" in Montreal. Zunächst sendete man für die kanadischen
Truppen in Europa und kurz darauf auch schon in deutscher Sprache.
1972 wurde der Internationale Dienst in Radio Canada International
(RCI) umbenannt. Rund 200 Mitarbeiter waren bis Ende 1991 bei RCI
beschäftigt. Man sendete neben Englisch und Französisch in neun
weiteren Sprachen.
Nach 45 Jahren kam am 22. März 1991 das "Aus" für das deutsche
Programm. Daneben wurde auch Japanisch, Polnisch, Slowakisch,
Tschechisch und Ungarisch gestrichen. Die Regierung in Ottawa musste
sparen und strich das Jahresbudget von 21 auf 13,2 Millionen Dollar.
Das deutsche Progamm aus Montreal erfreute sich bei den Hörern in
Europa größter Beliebtheit und wurde von einer Fachzeitschrift 1990
zum "Sender des Jahres" gewählt. Am 23. Januar 1991 sagte Peter
Bernath in der letzten Sendung: "...heute ist ein trauriger Tag
für die deutsche Abteilung und ihre treue Hörerschaft. Nach mehr als
45 Jahren hat für das deutsche Programm die letzte halbe Stunde
geschlagen. Tun wir so, als ob die Kurzwellenwelt noch in Ordnung
sei, dass wir ein letztes Mal beweisen, dass es Erzählenswertes und
Hörenswertes über Kanada gibt. Ein letztes Dankeschön geht an unsere
Hörer. Zum Glück sorgt der Uhrzeiger dafür, dass diese Worte nicht
in einen langen Mikrolog ausarten. Ich verabschiede mich auch im
Namen meiner Kollegen mit einem herzlichen bye-bye und Lebewohl aus
Kanada. Hier ist - nein, hier war Radio Kanada International."
So endete der Deutsche Dienst aus Montreal. Heute [1996] sendet RCI
(noch) in Englisch, Fanzösisch, Arabisch, Chinesisch, Spanisch,
Ukrainisch und Russisch.
Am Boulevard René-Lévesque steht das 25-stöckige Funkhaus "Maison de
Radio-Canada". Hier wird das französischsprachige Programm für die
Provinz Quebec gemacht. Inzwischen ist auch der Auslandsdienst hier
eingezogen, denn bis zur Kürzung des Programms war man in einem
Bürohaus untergebracht. Riesige Satellitenschüsseln gleich nebenan
sind die Verbindung zum Kurzwellenzentrum in Sackville und zu den
Relaisstationen in England, Portugal und Deutschland. In Sackville
stehen fünf 250 Kilowatt- und drei 100 Kilowatt-Sender. Über den
Hauptschaltraum in Montreal werden die Sendungen computergesteuert
gefahren.
(Peter
Schneider / RADIOJournal 2/1996)
• "Mit der Bekanntmachung seitens der neuernannten Minister - zuständig für das Auswärtige Amt und das Ministerium für Kommunikation - am 25. Januar 1996, die Erhaltung und Wiedereinrichtung des kanadischen Kurzwellen-Sendedienstes sei eine 'Priorität', gewannen unsere seit 1991 anhaltenden Anstrengungen um die Wiederaufnahme deutschsprachiger Sendungen ein neues Momentum. Mittlerweile aber hat die Ministerin Sheila Copps - zuständig für das Kommunikationswesen - mit Mühe und Not gerade genug zusammengekratzt, um RCI für ein weiteres Jahr zu sichern. Gleichzeitig aber rief sie alle Parteien, die ein Interesse an der Erhaltung und Erweiterung des kanadischen Kurzwellendienstes haben auf, dieses Interesse mitzuteilen". Dies schrieb Maggy Akerblom Ende März 1996 in einem Rundbrief. Die Lobbygruppe "Coalition To Restore Full RCI Funding", bei der auch Maggy Akerblom, vormalig Redakteurin und Sprecherin des 1991 eingestellten deutschsprachigen Dienstes von RCI und heute für den Hörerdienst zuständig, maßgeblich beteiligt ist, erbittet weiterhin die Unterstützung der Hörer. (RADIOJournal 5/1996)
• RCI für ein Jahr gerettet: In allerletzter Minute wurde ein Finanzierungspaket ausgearbeitet, das Kanadas internationalen Sendedienst für ein weiteres Jahr erhält. Die zuständige Ministerin Sheila Copps gab Mitte März bekannt, dass die Canadian Broadcasting Corporation (CBC) und die Bundesregierung 16 Mio. Dollar für das kommende Rechnungsjahr zur Verfügung stellen, um Radio Canada International (RCI) zu retten. Der Sendedienst, mit rund 125 Angestellten, sollte Ende März 1996 eingestellt werden. Etwa 85 Arbeitsstellen befinden sich in Montreal. Ministerin Copps erklärte, "eine überwältigende Anzahl von Protesten von inner- und außerhalb Kanadas habe die kanadische Regierung von der Bedeutung und Wichtigkeit RCIs überzeugt". Aber sie fügte hinzu, wenn auch der Sendedienst für ein Jahr gerettet ist, so sei es nun an der Zeit für all jene, die an der Erhaltung von RCI interessiert seien, gemeinsam an einer langfristigen Finanzierung des Sendedienstes zu arbeiten. Kanadier, die sich aus Geschäfts- oder Privatgründen im Ausland aufhalten, Exporteure und ausländische Hörer mit Interesse an und für Kanada hatten sich für eine Rettung von RCI eingesetzt. (RADIOJournal 5/1996)
• Erstmals nach vielen Jahren braucht Radio Canada International (RCI) nicht mehr jährlich um den Bestand zu zittern. Die Regierung hat eine langfristige Finanzierung von 15,5 Mio. Dollar zugesagt, dem Budget dieses Jahres. Derzeit hat Radio Canada International Sendungen in den kanadischen Landessprachen Englisch und Französisch, in Arabisch, Mandarin-Chinesisch, Russisch, Spanisch und Ukrainisch. Die deutschen Sendungen wurden 1991 im Zuge von Sparmaßnahmen eingestellt. Dennoch bemühen sich Hörer und frühere Mitarbeitende um die Wiedereinführung deutschprachiger Programme. (RADIOJournal 1/1998)
• Radio Canada International (RCI) hat überraschend am 6. Mai 1993 eine Mediensendung eingeführt. »Media File«, so der Titel, will Einblicke in das weltweite Informationsgeschäft gewähren und stellt die Übermittler vor. Der erste Blick hinter die Kulissen von Printmedien, Radio und Fernsehen galt einem delikaten Thema: den wechselseitigen Beziehungen zwischen Politikern und Journalisten. Moderiert wird das Hintergrundfeature von Michael Enright. »Media File« ist kein neues Programm der CBC. Es wurde zuvor in den Sommermonaten einmal wöchentlich in Halifax produziert und war schon einmal für kurze Zeit via Kurzwelle zu hören. Allerdings waren die Themen hauptsächlich auf Nordamerika orientiert. (RADIOJournal 7/1993)