Peter
von Zahn -
Der große Rundfunkmann mit dem einprägsamen Tremelo
Dr. phil. Peter von Zahn wurde 1913 in Chemnitz geboren. Er besuchte die Gymnasien in Dresden und in Freiburg im Breisgau. Den Machtwechsel 1933 beschrieb er so: „Die Geräusche im Radio hatten sich verändert. Bis zum 30. Januar 1933 führten Moderatoren, Sprecher, Redner und sogar die Musik einen höflichen Dialog mit dem Mikrofon. Mit der Machtergreifung Hitlers wurde das Radio laut. Kommandos, Fanfarengedröhn, Heilrufe, Marschmusik, schneidige und hohle Phrasen waren jetzt angesagt.”
1934 kam Peter von Zahn zum Arbeitsdienst. Sein Studium hatte er erst einmal an den Nagel gehängt. Aber schon ein paar Monate später konnte er mit einem geschickt erworbenen Krankenschein austreten. Kurz darauf ging Peter von Zahn freiwillig für elf Monate zur Reichswehr. Und zwar in der Hoffnung, später nicht gezogen zu werden. Seine Ausbildung machte er in einer Nachrichtenabteilung. Danach konnte er für kurze Zeit sein Studium wieder aufnehmen. Zum Anschluss Österreichs wurde er eingezogen und musste pausenlos Kabel verlegen. Danach wurde er wieder entlassen und konnte seine Doktorarbeit - zum Thema Wiedertäufer - abschließen.
Die ersten Jahre des Krieges erlebte Peter von Zahn in Zossen bei Berlin und in der Wolfsschanze in Ostpreußen an Telefonapparaten und Fernschreibern. Er musste aber auch chiffrieren und dechiffrieren. 1942 kam er zu einer PK-Kompanie an die Ostfront. Dort wurden mit starken Lautsprechern russische Soldaten zum Überlaufen aufgefordert. Wenn der Wind günstig war, wurden mit Fesselballons Flugblätter hinter der Linie abgeworfen. Auch musste er viel fotografieren und schreiben für die Presse in der Heimat.
1945 wurde Peter von Zahn mit der Kurlandarmee von den Russen von der Außenwelt abgeschnitten. Zu jener Zeit kam er zum erstenmal mit dem Rundfunk in Kontakt. Der Radioempfang war oft miserabel. Da kam er auf die Idee, mit Kollegen aus mehreren defekten Armeesendern einen sendefähigen Sender zu basteln. Es gelang. Für den Rest des Krieges machte er für seine Kameraden Musik und sendete Nachrichten. Die Themen lieferte ihm die BBC. Da das Abhören verboten war, hatte er die Beiträge umgeschrieben und verlas sie ohne Quellenangabe. Schließlich flüchtete er mit 230 anderen Kameraden mit einem Minensuchboot und kam in englische Gefangenschaft.
Weil Peter von Zahn als einziger fließend Englisch sprach, wurde er ein paar Tage später von englischen Offizieren gefragt, ob er nicht Lust hätte für Radio Hamburg Nachrichten zu verlesen. Er tat es. Das war der Beginn einer langen und äußerst erfolgreichen Rundfunkkarriere. Bei Radio Hamburg waren alle Mitarbeiter geflohen. Nur die Kollegen von der Technik waren dageblieben, so konnte der Sendebetrieb am selben Tag aufgenommen werden. Die Engländer bestanden darauf, dass der gesamte Sendebetrieb und der redaktionelle Ablauf nach dem Vorbild der BBC in London gestaltet werden sollte. Man wollte von Anfang an einen staats- und parteiunabhängigen Sender aufbauen. Peter von Zahn, Axel Eggebrecht, Peter Bamm und viele andere Kollegen machten den Sender zu einer Topadresse.
Um 1950 herum wurden Peter von Zahn und seine kritischen „Ruhrgebietskommentare” in der gesamten Republik bekannt. Das gefiel dem damaligen Bundeskanzler Adenauer nicht. Er wollte ein Berufsverbot erwirken. Der Rundfunk löste das Problem, indem er Peter von Zahn als Reporter nach Amerika schickte. Von nun an wurde er noch erfolgreicher und bekannter mit seiner Sendung »Bilder aus der neuen Welt«, und im Fernsehen war er dann eine feste Größe mit der Reihe »Reporter der Windrose« geworden.
In den letzten 30 Jahren produzierte Peter von Zahn mit seinen Firmen „Windrose” und „Anatol” viele Dokumentarberichte und Fernsehfilme. Als Anerkennung und Dank wurden ihm zahlreiche Auszeichnungen, darunter der Adolf-Grimme-Preis und die goldene Kamera überreicht. Am 26. Juli 2001 verstarb Peter von Zahn in Hamburg im Alter von 88 Jahren.
Über viele Jahre hinweg verband mich mit Peter von Zahn eine interessante Korrespondenz und unzählige Telefonate zum Thema Rundfunkgeschichte. Zu seinem 80. Geburtstag erreichten ihn viele hunderte Briefe aus aller Welt. Sie alle einzeln zu beantworten, war ihm nicht möglich. Also schrieb er einen Brief an Alle und jeder bekam eine Kopie. Der Inhalt dieses Schreibens spiegelt die Größes dieses Mannes und die einmalige Kunst des Formulierens wider.
Hans-Joachim Berger
Foto: © Archiv Berger
Aus RADIOJournal 10/2001