Seit 15 Jahren erfolgreich regional auf Sendung - Sächsische Lokalprogramme feiern Jubiläum
Ein besseres Geschenk hätten die Lokalfunker in Sachsen nicht bekommen können: Pünktlich zum Jubiläumsjahr und trotz einer völlig veränderten Erhebungsmethode weist die neue, im August veröffentlichte MediaAnalyse Traumzahlen aus: Demnach hören 134.000 Menschen in der Durchschnittsstunde einen der sechs Lokalsender aus Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zwickau, Görlitz oder Annaberg-Buchholz.
„Damit schöpfen wir angesichts der nur beschränkten technischen Reichweite unser Hörerpotenzial mehr als aus. Alles, was deutlich über 100.000 Hörern liegt, ist aus unserer Sicht traumhaft“, freut sich Programmdirektor Uwe Schneider, der seit über zehn Jahren selbst kontinuierlich am Erfolg der sächsischen Lokalradios arbeitet.
Innovatives Konzept nach der Wende
Der Network-Gedanke - selbständig agierende Lokalsender mit einem gemeinsamen Mantel und einer überregionalen Koordination - ist in Sachsen derart weit gereift, dass ein Vergleich mit dem NRW-Lokalfunk und den Funkhausmodellen in Bayern nicht Stand hält. Die Idee dafür ist sogar noch älter als die Sender selbst. Bereits 1991, als die Lizenzierung der ersten landesweiten Privatfunkkette in Sachsen anstand, gab es eine Bewerbung von RTL Radio, deren Hauptbestandteil die konsequente Regionalisierung war. Bekanntlich kam es anders und PSR erhielt den Zuschlag für den ersten Privatfunk in den neuen Bundesländern. Nachdem die zweite Kette erwartungsgemäß an die vom Holtzbrinck-Verlag dominierte Antenne Sachsen ging, entstand für den Lokalradiogedanken bei der Lizenzierung von Ballungsraumsendern eine neue Chance. Die ersten vier Stadtradios der SLP (Sächsische Lokalprogramme) gingen im Mai 1993 auf Sendung. Ergänzt wurden Radio Dresden, Radio Leipzig, Radio Chemnitz und Radio Lausitz im Dezember 1994 durch Radio Zwickau, im Oktober 2005 kam Radio Erzgebirge hinzu.
Der heutige Erfolg ist eng mit Tino Utassy verbunden, der als Geschäftsführer der BCS (Broadcast Sachsen) heute sowohl die sechs Lokalprogramme als auch das aus dem früheren Antenne Sachsen hervorgegangene Hitradio RTL in einem gemeinsamen Funkhaus verantwortet. Utassy, der als Geschäftsführer von Radio Chemnitz begann, übernahm nach und nach überall die Geschäftsführung und brachte die unterschiedlichen Lokalsender auf einen einheitlichen Kurs.
Gemeinsamer Markenauftritt nach außen
Seit dem Jahr 2001, wo Tino Utassy auch bei Radio Lausitz die Geschäftsführung übernahm, bilden die Sender nun eine endgültige Einheit. In den Anfangsjahren hatte noch mancher Sender gemacht, was er für richtig hielt. „Es gab keine abgestimmte Playlist und da früh und nachmittags lokal gesendet wurde, war eine programmliche Steuerung bei weitem nicht so möglich, wie das heute der Fall ist“, erinnert sich Utassy, der immer auch die wirtschaftliche Seite im Auge behielt. So fuhren damals die frühzeitig unter seiner Geschäftsführung angierenden Sender in Chemnitz und Zwickau über die Hälfte der Gesamtquote ein, was sich auch bei der Vermarktung vor Ort bezahlt machte. Ein gemeinsamer Markenauftritt und eine einheitliche Musikfarbe brachten den Lokalradios den entscheidenden Erfolgsschub. Gut bekommen ist den Sendern auch das verjüngte Musikprogramm. Weg vom zeitweiligen Oldieformat, hin zu einer konsequenten AC-Playlist mit dem Claim „Hit für Hit ein Hit!“ wurde die Kernzielgruppe der 30- bis 40-Jährigen optimal getroffen.
Lokaler Ansatz als Einschaltimpuls
Radio Leipzig, Radio Dresden, Radio Chemnitz, Radio Lausitz, Radio Zwickau und Radio Erzgebirge zeigen, dass es auch erfolgreiche Programme gibt, bei denen nicht die Musik sondern die lokale Verankerung der Haupteinschaltimpuls ist. Durch die geschickte Nutzung der Redaktionen an den einzelnen Standorten der Stadtradios und einer ausgefeilten Computertechnik können lokale Informationen und Nachrichten jederzeit im Programm integriert werden. „Unsere Redaktionen sind von früh bis spät besetzt und unsere Stärke ist wirklich, dass wir Nachrichten, Wetter, Verkehr oder Veranstaltungstipps direkt vor der Haustür bringen“, hebt Programmdirektor Uwe Schneider das Alleinstellungsmerkmal seiner Lokalstationen hervor. Unsere Mitarbeiter in den Lokalstationen sind wirklich vor Ort, lange schon dabei und kennen sich bestens aus. So entsteht das inhaltlich vielfältigste private Radioangebot in Sachsen. Für Uwe Schneider, der seiner Mannschaft das Credo „wacher, schneller, näher dran“ mit auf den programmlichen Weg gegeben hat, ist daher eines wichtig: „Wir kaufen unsere Hörer nicht sondern überzeugen sie mit humorvollen Ideen.“
Seit über elf Jahren ist er nun schon in Dresden an Bord. 1997 kam Uwe Schneider auf Empfehlung eines damaligen Gesellschafters, nachdem er zuvor vor allem in Berlin beim RIAS und beim erfolgreichen Privatsender Hundert,6 sowie durch seine Zeit bei der Kultband „The Teens“ zu einer bekannten Größe avanciert war. „Seit Sommer 1997 war ich als Berater für die SLP-Lokalradios tätig, die damals bei gerade mal 48.000 Hörern in der Durchschnittsstunde standen. Gemeinsam mit Tino Utassy, mit dem die Chemie von Anfang an stimmte, haben wir dann die Schwächen analysiert und bei Musik, Inhalt und Style entscheidende Veränderungen vorgenommen.“ In jenem Jahr lief dann der „Super Sommer Sound“, daran kann sich Uwe Schneider noch genau erinnern. Auch daran, wie das „Kreativteam Utassy/Schneider“ mit den jeweiligen Stärken viel gemeinsam umgesetzt hat. „Tino ist ein besser strukturierter Mensch, bei mir sammeln sich eher die Ideen. So entstanden Logo, Programmkonzept und Musikfarbe stets nach einer engen Abstimmung.“ Am Anfang gab es eine kleine Mappingstudie, in deren Ergebnis die richtige Entscheidung getroffen wurde, kein Schlager-/Oldieformat zu starten, sondern jüngere, frischere Musik zu favorisieren. Schnell konnten die Einschaltquoten verdoppelt werden und Uwe Schneider blieb nach einiger Zeit als Berater dann auch als Programmdirektor da.
Stärken weiter pflegen
Auch der jetzige Erfolgskurs ist kein Grund, sich auszuruhen. „Der größte Fehler ist die Stagnation, denn Stillstand bedeutet automatisch Rückschritt“, weiß Uwe Schneider aus langjähriger Radioerfahrung. „Radio ist wie Fahrradfahren. Hört man auf zu treten, fällt man irgendwann um.“ Momentan geht es vor allem darum, den sensationellen Erfolg zu halten. „Wenn man bedenkt, dass wir nur rund 55 Prozent der technischen Reichweite der landesweiten Programme haben und dann die sächsischen Zahlen des aktuellen Marktführers mit 190.000 Hörern pro Durchschnittsstunde in Relation zu unseren sächsischen 124.000 setzt, wird deutlich, dass wir sehr gut da stehen. Bedenkt man zudem eine Toleranzgröße von 7+/- Prozent in der MA, sind unsere seit Jahren stabilen Zahlen bemerkenswert. Wir sind nie unter 100.000 Hörer gefallen. Darauf sind wir stolz.“
Zu den Stärken Uwe Schneiders gehört auch, dass er Verantwortung abgeben kann. Zwar plante er viel allein, konzipierte Promos und komponierte Jingles oder kreierte Ideen für Events, wollte aber immer eng eingebundene Mitarbeiter um sich haben. „Wir haben trotz flacher Hierarchien jetzt einen Chefmoderator oder einen Unterhaltungschef, um bestimmte Teilbereiche noch genauer betrachten zu können.“
Personality zählt
Gerade im Lokalen sind lang-jährige und mit den Gegebenheiten vor Ort identifizierbare Stimmen enorm wichtig. „Wie man es macht, darauf kommt es auch bei der Moderation an“, ist sich Uwe Schneider sicher. On-Air-Personalities gibt es nicht nur bei André Hardt am Morgen, sondern auch im gesamten Tagesprogramm. Vormittags wechseln sich Falko Maiwald und Andrea Krüger ab, nachmittags sind Jan Lüdtke, Robert Drechsler, Karsten Kolliski, Jens Fichte, André Beuthner und Raik Bartnik mit den jeweiligen Informationen von vor der Haustür zu hören. Entscheidend für den Programmerfolg ist zudem das Gesamtsoundbild. „Ich kenne jeden Titel, der läuft und lege auf ein einheitliches Klangbild viel Wert. Bei der Musik gilt wie bei allen anderen Bereichen auch: Fehler müssen sofort abgestellt werden, wenn man sie bemerkt.“ Man spürt bei Tino Utassy und Uwe Schneider gleichermaßen, dass sie ihr Bestes tun, um die Lokalprogramme weiter auf Erfolgskurs zu halten.
Chronik - Highlights aus der Geschichte der Sächsischen Lokalradios
|
Stefan Förster
Fotos: © BCS
www.radiodresden.de
Aus RADIOJournal 8/2008