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Kooperation von K2R
und Rheinwelle on air
Nichtkommerzielles aus der Kunstverladehalle

Der Startschuss fiel am 12. September 1997 um 12.00 Uhr mittags. Er bestand aus einer Fanfare und der Ansage: "Ladies and Gentlemen! Meine Damen und Herren! Es begrüßt Sie das Radio Rheinwelle und K2R!". Von diesem Zeitpunkt an können Radiohörer aus dem Rhein-Main-Gebiet zwei weitere nichtkommerzielle Hörfunkveranstalter empfangen. Nachdem während der vergangenen Monate bereits NKL-Stationen aus Darmstadt, Marburg, Eschwege und Kassel auf Sendung gegangen waren, liefert die Kooperation von K2R aus Rüsselsheim und Rheinwelle Wiesbaden nun das fünfte alternative Hörfunkangebot in Hessen.

Sowohl K2R als auch die Rheinwelle waren in der Vergangenheit bereits als Veranstaltungsfunk auf Sendung. K2R kann sich dabei sogar als einer der Vorreiter des Alternativradios in Hessen bezeichnen: Bereits im Sommer 1995 war man anlässlich des Kultursommerprogrammes der Stadt Rüsselsheim für vier Wochen rund um die Uhr on the air. Im darauffolgenden Jahr wurde das Veranstaltungsradio wiederholt - dieses Mal sogar über einen Zeitraum von acht Wochen. Durch diese Langzeitaktivitäten konnte der K2R-Trägerverein bis heute etwa 170 Mitglieder sammeln.

Die Bemühungen von Rheinwelle Wiesbaden waren vor dem Start der Radiokooperation mit dem Rüsselsheimer Partner von viel geringerer Dimension. Ganze vier Tage lang sendete man am ersten Dezemberwochenende 1996 vom Wiesbadener Adventsmarkt. Diese kurze Sendeaktivität erklärt sich - wie auch die recht dünne Personaldecke von lediglich etwas mehr als 60 Mitgliedern - durch die Tatsache, dass man als eigenständige Radiogruppe kaum älter als ein Jahr ist. Die Rheinwelle war erst im Herbst 1996 aus der Medieninitiative "Radio Quer" hervorgegangen. Diese Initiative hatte sich zwar seit 1987 für ein alternatives Radio in Wiesbaden und Mainz stark gemacht, schaffte allerdings trotz engagierter politischer Arbeit nicht den Sprung auf die Ätherwellen. Offensichtlich unüberbrückbare Differenzen in den Reihen der "Querfunker" führten 1996 zur kurzfristigen Absage einer Sendeaktivität als Veranstaltungsfunk und in der Folge zur Abspaltung einer Fraktion, die die Arbeit unter dem Namen "Rheinwelle" fortsetzte.

Bei der Ausschreibungsrunde zur Vergabe weiterer NKL-Frequenzen unterlag "Radio Quer" im Frühjahr 1997 den Kontrahenten der Rheinwelle, die sich im Herbst letzten Jahres mit der bereits etablierten Initiative K2R zu einer Kooperation zusammengeschlossen hatte. Die Auseinandersetzung zwischen den zwei Wiesbadener NKL-Fraktionen lieferte seinerzeit ausreichend Stoff für eine Vielzahl von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln - und zwar nicht nur in regionalen Blättern.

K2R und Rheinwelle senden nun seit Mitte September ein gemeinsames 24-stündiges Programm auf zwei parallelen UKW-Frequenzen. Die Sendungen kommen aus einem neu eingerichteten Studio in der sogenannten "Kunstverladehalle" gleich neben dem Rüsselsheimer Bahnhof, in der seit einigen Jahren vorwiegend avantgardistische Kunstausstellungen und Performances stattfinden. Neben dem K2R-Sendestudio sind dort auch Redaktionsräume und ein Studio zur Vorproduktion von Beiträgen zu finden. Die Räumlichkeiten in Rüsselsheim wurden in einem kurzen Zeitraum vor Sendebeginn von Vereinsmitgliedern ausgebaut. Gleiches gilt auch für das neue Domizil der Rheinwelle in der Kasteler Straße in Wiesbaden-Biebrich. Hier wurde vorläufig nur ein Studio zur Vorproduktion eingerichtet. In Wiesbaden fertiggestellte Sendungen müssen also über eine Leitung oder per Band nach Rüsselsheim transferiert werden und gelangen dort zur Ausstrahlung.

In den ersten sechs Wochen des Non-Stop-Betriebes - so lange planen die Radiomacher in ihrem ersten Programmheft voraus - kommt etwas mehr als die Hälfte der Sendezeit von den Rüsselsheimern; Wiesbaden steuert einen etwas geringeren Anteil zum gemeinsamen Programm bei. Die Sendezeit wird überwiegend block- oder stundenweise von jeweils einem Partner gefüllt. Wenige Sendungen, wie zum Beispiel das Mittagsmagazin »High Noon« zwischen 12.00 und 14.00 Uhr, sind echte Gemeinschaftsproduktionen.

Wiederkehrende Schienen im Programm von Rheinwelle / K2R sind die allmorgendliche »Frühschicht« von sechs bis neun Uhr, das »Büroradio« an jedem Werktag von neun bis elf Uhr und die Infosendung »Zenit 1«, die den Rüsselsheimer Hörern noch vom letztjährigen Veranstaltungsradio bekannt ist. Nachmittags ist das Schüler-, Auszubildenden- und Studentenradio auf Sendung. Diverse Magazine und Musikprogramme aller Sparten - bis hin zu »Experimentelles« am späten Sonntagabend füllen die Abend- und Nachtstunden sowie die Wochenenden. Wie bei einer neuen NKL-Station nicht verwunderlich, sind auch einige Wiederholungen im Programmschema vorgesehen.

Großes Interesse fand schon vor Sendestart das »Offene Gruppenradio«. Zahlreiche Vereine, Gruppen und Initiativen aus beiden Städten - manche von ihnen sind Mitglieder der Anbietergemeinschaft von K2R oder Rheinwelle - erkannten die Möglichkeiten, die in der Gestaltung eigener Programme stecken, und haben bereits Sendetermine vereinbart. Das »Offene Gruppenradio« soll regelmäßig montags bis freitags zwischen 17.00 und 19.00 Uhr auf Sendung gehen. In den ersten Wochen liefen auf diesem Sendeplatz noch die Selbstdarstellungen der Vorstände und Redaktionen der beiden Trägervereine, ehe es am 30. September mit dem "Radio des Sportclub Opel" so richtig los ging.

Thomas Völkner
www.radio-r.de
www.radio-rheinwelle.de

Aus RADIOJournal 10/1997

• K2R nennt sich heute Radio Rüsselsheim. Radio Rüsselsheim und Radio RheinWelle können auch als Livestream im Web gehört werden.

Sechs Radios auf sieben Frequenzen
In ihrer Sitzung vom 14. April 1997 hat die Versammlung der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk drei weitere Frequenzen an nichtkommerzielle Lokalradios (NKL) vergeben. In Frankfurt wurde Radio X-Mix [heute Radio X] lizenziert, im Verbreitungsgebiet Wiesbaden / Rüsselsheims ging die Sendegenehmigung an die Vereine K2R (Rüsselsheim) und Radio RheinWelle (Wiesbaden) für ein gemeinsam veranstaltetes Programm.
Die ersten drei Lizenzen waren bereits am 21. Oktober 1996 vergeben worden. Zugelassen wurden damals Radio Unerhört Marburg, RundFunk Meißner (Eschwege) sowie RaDaR (Darmstadt). In diesen Verbreitungsgebieten hatte es jeweils nur eine Bewerbung gegeben, so dass nicht erst auf Einigung hingewirkt und später dann eine Auswahlentscheidung getroffen werden musste. Diese drei Radios sind auch bereits auf Sendung.
Am 17. Februar 1997 schließlich hatte die LPR beschlossen, der Radio-Initiative Kassel e.V., Trägerverein des Freien Radios Kassel, die Frequenz 88,9 MHz zuzuweisen und die Sendelizenz zu erteilen. Der Verein geht davon aus, dass der Sendebetrieb noch im Mai beginnen kann. Dann soll jeden Tag ein 15-Stunden-Programm gesendet werden.
Die Lokalradios werden in Hessen, ähnlich wie in Niedersachsen, von gemeinnützigen Vereinen getragen. Auch sonst ähnelt bei der rechtlichen Behandlung der NKL manches dem niedersächsischen Vorbild. Werbung und Sponsoring im Programm sind gesetzlich verboten. Die Sender finanzieren sich aus Beiträgen und Spenden, aber auch aus Fördermitteln der LPR. Ein großer Teil der Arbeit wird ehrenamtlich geleistet.
Leer ausgegangen bei der Frequenzvergabe ist unter anderem Radio Quer aus Wiesbaden, die wohl älteste Radio-Initiative in Hessen, die seit 1988 für eine Zulassung von Freien Radios gekämpft hatte. Radio Quer hatte bis 1993 als einziges Projekt mehrfach Anträge zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes ins Parlament eingebracht. Besonders bitter: bei den Initiatoren der RheinWelle handelt es sich um "Abtrünnige" des Vereins Radio Quer e.V., die vor einiger Zeit nach einem Streit über das Programm eines Veranstaltungsfunks den Verein verlassen hatten. Bei der Ausschreibung der Frequenzen hatten sie die Idee gehabt, sich mit den Nachbarn aus Rüsselsheim zusammenzutun, um den Konkurrenten aus dem Felde zu schlagen.
Zur Begründung für ihre Lizenzentscheidung führte die LPR den geplanten Programmauftrag (24 Stunden gegenüber fünfzehn bei Radio Quer), das breitere Themenspektrum und die für externe Gruppen zur Verfügung gestellte Sendezeit an. Letztlich habe das etwas bessere Konzept den Zuschlag erhalten.
Radio Quer beklagt dagegen, dass nach dieser Entscheidung die Landeshauptstadt nun kein eigenständiges Lokalprogramm habe. Dort glaubt man auch, dass die Entscheidung politische Gründe gehabt haben könnte, da Radio Quer mit seinem Selbstverständnis als Freies Radio zu unbequem gewesen sein. Diesen Vorwurf weist die LPR allerdings zurück, ebenso wie den Gedanken, sie  habe durch die Kooperation zwischen den beiden Verbreitungsgebieten eine finanzielle Ersparnis erwartet. Hans Weber (RADIOJournal 5/1997)