Rundfunk
in Südtirol
Infopage
Südtirols fröhlichste Stimme
Sarah Bernardi sendet aus Bozen
Wer regelmäßig in Südtirol Urlaub macht, weiß neben dem
atemberaubenden Bergpanorama, den gastfreundlichen Menschen und dem
guten Wein vor allem auch die vielfältige Radiolandschaft sehr zu
schätzen. Hier gibt es noch Musikformate, die in Deutschland gar
nicht mehr zu hören sind, auch Information und Unterhaltung haben
einen ganz anderen Stellenwert. Die Moderatoren müssen zugleich auch
ihr journalistisches Handwerk beherrschen, denn Interviews und
Berichte sind an der Tagesordnung. So ist das auch bei Südtirol 1,
dem meist gehörten Popradio der Region, das aus einem erst im
letzten Jahr neu eröffneten Funkhaus am Stadtrand von Bozen sendet.
Hier ist regelmäßig Sarah Bernardi zu hören, die es mit ihrer
fröhlichen und lebensbejahenden Art versteht, die Hörer gut gelaunt
und humorvoll zu unterhalten, aber auch ernste Themen mit der
nötigen Kompetenz vermitteln kann.
Mit der Schulklasse beim Radio
Sarah kommt aus Brixen und hat ihre ersten Hörerinnerungen an Radio
S 3, das heute längst Geschichte ist. „Wir waren dann dort mal mit
der Schulklasse zu Besuch und mich hat die viele Technik zunächst
total geschockt.“ Damals war noch nicht daran zu denken, dass Sarah
Bernardi selbst einmal hinter den Reglern stehen und ihre eigene
Sendung fahren würde. Als Kind machte sie viel Sport und war oft
draußen an der frischen Luft. Zeit für’s Radiohören war also nur
abends. Hier gab es bei jenem Radio S 3 zwischen 20.00 und 21.00 Uhr
eine Wunschsendung, die Sarah regelmäßig in der Hoffnung hörte, dass
sie jemand aus der 16.000 Einwohner-Stadt Brixen grüßen könnte. Mit
zwölf oder dreizehn Jahren rief die damals noch recht schüchterne
Schülerin auch selbst mal im Funkhaus an. „Mein erster Musikwunsch
war ‚Sounds like a melody’ von Alphaville“, erinnert sie sich noch
heute. Wenn Sarah Bernardi mit ihren Eltern am Frühstückstisch saß,
lief im Hintergrund regelmäßig der RAI Sender Bozen.
Studienzeit
in München
Bald sollten es süddeutsche Programme sein, die neue Höreindrücke
vermittelten. Denn nach Kindheit, Jugend und Schulzeit im
beschaulichen Südtirol wollte Sarah hinaus in die Welt und ging zum
Studium - Soziologie im Hauptfach, Journalistik im Nebenfach - nach
München. „Hier hab’ ich alles querbeet gehört - von Klassik Radio
zum Aufstehen bis Energy beim Einschlafen, aber auch jede Menge
CDs“. Da die Studienrichtung durchaus schon den Gedanken an einen
Sprung in die Medienwelt beinhaltete, war es nur konsequent, dass
Sarah ihr erstes Praktikum bei n-tv in Berlin machte. „Die
Nachrichten waren mir damals aber zu trocken und mir wurde klar,
dass ich eher ein Mensch für das Bunte bin“, sagt sie rückblickend.
So bewarb sie sich dann bei TV-Talker Jürgen Fliege, dessen Spruch
„Passen Sie gut auf sich auf“ bei ihr Eindruck hinterlassen hatte.
Zunächst begann Sarah im Jahr 2000 mit einem Praktikum und einer
anschließenden Hospitanz, ehe sie in der Redaktion arbeitete. „Hier
habe ich gleich sehr viel Verantwortung bekommen, war jeweils für
eine komplette Sendung inhaltlich verantwortlich. Ich konnte nachts
manchmal nicht schlafen wenn ich daran dachte, dass es hier jeweils
um ein sechsstelliges Budget ging, das man mir anvertraut hatte.“
Besonders liebte Sarah Bernardi aber die Aufzeichnungstage, wo sie
viele nette Menschen kennen lernte. Noch heute schwärmt sie für Pit
Weyrich, den Regisseur der Sendung. „Pit war einer der coolsten
Typen, die ich je getroffen habe, es hat sehr viel Spaß mit ihm
gemacht.“ Die letzte Zeit war Sarah dann als Redaktionsassistentin
tätig, ehe es sie nach acht Jahren in der bayerischen
Landeshauptstadt für ein halbes Jahr mit ihrem damaligen Freund nach
Barcelona zog.
Leidenschaftliche Reiseführerin
Bereits neben dem Studium arbeitete die wortgewandte Sarah Bernardi
für einen Münchener Reiseveranstalter, dessen Gästen sie - als
Südtirolerin natürlich perfekt der italienischen Sprache mächtig -
die Schönheiten von Sardinien, Venetien, Apulien oder Umbrien näher
brachte. „Das war eine ideale Kombination: Ich konnte kulturell sehr
viel sehen, mochte schon immer Geschichte. Da ich gern rede, war es
recht einfach, meine Begeisterung auf die Reisenden zu übertragen.
Wenn man merkt, dass man den Leuten etwas mitgeben kann, ist das
eine schöne Anerkennung. Außerdem erfolgt die Reaktion immer direkt,
man sieht in den Gesichtern, ob etwas ankommt oder nicht.“ Nach
einem halben Jahr in Barcelona, das Sarah wegen der ständig lauten
Stadt in nicht so schöner Erinnerung hat und noch einmal derselben
Zeitspanne als Reisebegleiterin in Sardinien war sie nun wieder
zurück in Brixen, wo sie zunächst zu Hause wohnte. „Das war erstmal
eine schlimme Zeit, weil ich dachte, hier findest du nie eine
Arbeit.“
Spontanbewerbung
beim Radio
Ihrer Mutter, die ebenfalls nach möglichen Jobangeboten Ausschau
hielt, fiel schließlich eine Zeitungsanzeige in die Hände, wo
Südtirol 1 Moderatoren suchte. „Da ich lange weg war, hatte ich gar
keine Ahnung mehr von der Radiolandschaft hier. Zuvor hatte ich mich
schon erfolglos beim ORF beworben, weil insbesondere Ö3 auch in
Südtirol viel gehört und als gutes Radio wahrgenommen wird. In der
Anzeige überzeugte mich das Senderlogo und so schrieb ich nach
Bozen.“ Sarah wurde auch prompt zum Vorstellungsgespräch eingeladen,
konnte allerdings den ursprünglichen Termin, bei dem Frank
Salzbrenner von der beratenden BCI mit dabei sein sollte, wegen
einer bereits zugesagten Reisebetreuung nicht wahrnehmen.
Beim Nachholtermin waren ihre Erwartungen deshalb nicht allzu groß,
die Stimmung dafür umso entspannter. „Wir haben viel über Reisen und
das Fahrradfahren geredet, weil wir die gleichen Interessen hatten“,
lacht Sarah heute über dieses eigenwillige Gespräch.
Zu ihrer Überraschung durfte sie bleiben und gleich in einer
„Schlossführung“ die damals noch im Keller gelegenen Studios in der
Bozener Innenstadt kennen lernen, die mangels eines Fensters nicht
mal Tageslicht hatten. Am Mikro traf sie Moderator Robert Adami, den
sie sehr sympathisch fand. Mit ihr fingen zeitgleich im Jahr 2003
ein weiteres Mädchen und weiterer Junge bei Südtirol 1 an. „Es hieß
gleich zu Anfang, nach zwei Wochen muss einer von Euch in den
Morgen“, erinnert sich Sarah, „da merkt man doch schnell, wie stark
einerseits der Wettbewerb untereinander ist und andererseits auch
das Selbstwertgefühl sehr daran hängt“. Und dank guter Unterstützung
durch den Sender erwarb sie schnell das notwendige Handwerkszeug,
das für Moderation und Redaktion erforderlich ist. Noch heute
wundert sich Sarah Bernardi darüber, welches Bild in der
Öffentlichkeit von Radiomachern vorherrscht. „Ich höre oft, wir
hätten ja eine einfache Arbeit und könnten zudem noch die Musik
spielen, die uns besonders gefällt. Vor allem die Tatsache, dass
auch eine Moderation vorbereitet werden muss, ruft oft Verwunderung
hervor. ‚Ich dachte, ihr sagt das so frei herunter’ heißt es dann.“
Vom
Sidekick in der Morningshow zum Anchor
Schnell rückte Sarah in die Morningshow auf und verbrachte hier als
Sidekick für Wetter und Verkehr ihr erstes halbes Jahr bei Südtirol
1. Danach erhielt sie ihre erste eigene Sendung mittags zwischen
10.00 und 16.00 Uhr, ehe sie in den Feierabend wechselte. Nach zwei
Jahren ging die damalige Morgenmoderatorin in den Mutterschutz und
Sarah Bernardi war am Morgen im Wechsel mit Daniel Winkler zu hören
- jetzt natürlich als Anchor. Danach war sie wieder am Mittag auf
Sendung, seit dem Frühjahr 2008 ist Sarah erneut im wöchentlichen
Wechsel mit Daniel in »Guten Morgen Südtirol« zwischen 6.00 und
10.00 Uhr und »Südtirol 1 Live« von 16.00 bis 21.00 Uhr auf der
Antenne. Gerade bei der Morgensendung ist die Vorbereitung schon am
Vortag sehr wichtig. „Ich mache immer eine Stunde Showprep am Abend,
nehme mir wichtige Infos auf dem Stick mit nach Hause. Morgens um
vier Uhr klingelt der Wecker, um fünf Uhr bin ich im Funkhaus und
von zehn vor Sechs bis zehn vor Zehn stehe ich dann im Studio.
Danach gibt es noch die Redaktionskonferenz“, erläutert Sarah ihren
Tagesablauf.
Gern auf Veranstaltungen
Das turbulente und quirlige Leben mag Sarah auch in ihrer Freizeit.
Am Wochenende trifft man sie beim Fahrradfahren, Bergsteigen, Laufen
oder Schwimmen, an den Abenden auch oft auf Veranstaltungen. Als
kommunikativer Mensch kennt die Moderatorin sprichwörtlich Hinz und
Kunz. „Südtirol ist ja ein relativ überschaubarer Raum. Ich bin
allein fünf Mal umgezogen, habe einen Bruder der Handball spielt und
eine Mutter, die Lehrerin ist, in deren Schule ich auch schon mal
unterrichtete. So ergeben sich ganz unterschiedliche Kontakte in
viele Bereiche. Ich treffe viele Menschen zum Ratschen, die ich
irgendwann durch meine Radioarbeit kennen gelernt und dann nie
wieder gesehen habe“, erzählt Sarah. Der Klang ihres Namens löst -
etwa bei der Vereinbarung eines Friseurtermins - oft Assoziationen
aus, was die Popularität der Stimmen von Südtirol 1 bestätigt.
Überhaupt freut sich die Moderatorin immer, wenn sie, etwa in ihrem
Wohnort Girlan, beim Bäcker oder auf der Post ihr eigenes Programm
hört. „Das ist eine schöne Bestätigung, dass unsere Arbeit ankommt.“
Schöne Hörererlebnisse
So einige Anekdoten weiß Sarah Bernardi über schöne oder lustige
Erlebnisse mit Hörern oder Studiogästen zu erzählen. Etwa als
Landeshauptmann Luis Durnwalder zu Gast war und - da immer gut
informiert - viel redete. Sarah sah die Sendezeit davon rinnen und
da es ihr nicht gelang, den Wortfluss zu unterbrechen, machte sie
das Halsabschneidezeichen mit ihrer Hand. „Herr Durnwalder hat das
sofort verstanden und war auch nicht böse, aber mein Chef hat
draußen vor der Scheibe erstmal ei-nen Schreck gekriegt.“
Als an einem Montagmorgen kurz vor Beginn der Morgensendung die
Kaffeemaschine kaputt ging, war das gleich Thema im ersten Opener.
„Es war Wochenbeginn und ich war fertig, nicht mal einen Kaffee
trinken zu können“, sagt Sarah. „Nach 20 Minuten stand aber schon
ein aufmerksamer Hörer vor der Tür und brachte eine Kaffeemaschine
und einen ganzen Karton voller Tabs. Er wollte noch nicht mal
genannt werden, es ging ihm nur darum, dass ‚seine’ Leute im Radio
ihren Kaffee haben.“ Selbst gemachte Marmelade, so die sehr wohl
schmeckende Mischung aus Maracuja und Quitten eines Hörers aus
Brixen, ist auch schon im Studio angekommen. „Da merkt man, die
Leute wollen einem etwas Gutes tun, weil man ihnen selbst etwas
Gutes tut mit unserem Programm“, freut sich Sarah Bernardi.
Studiogäste am Sonntag
Eine
Sendung, die ihr besonders ans Herz gewachsen ist, wird immer
sonntags ausgestrahlt. Hier sind in »Feuer & Flamme« prominente
Zeitgenossen zu Gast, mit denen Sarah zwanglos über ihr Leben und
ihre Arbeit plaudert. Sie erinnert sich an Peter Simonischek und
Brigitte Karner, Ute Lemper oder Hubert von Goisern, mit dem sie das
mit zweieinhalb Stunden längste Gespräch führte. „Er war ganz
entspannt und meinte, solange das Handy nicht klingelt, können wir
ratschen.“ Mit Ilja Richter, dem „Disco“-Idol der 70er und 80er
Jahre, wurde Sarah erst gar nicht so recht warm. Hier entwickelte
sich das Gespräch aber so gut, dass sie seitdem regelmäßig per SMS
mit ihm in Kontakt steht. Besonders faszinierend fand sie die
Sendung mit dem früheren Lehman Brothers-Banker Rudolf Wötzel, der
heute als Aussteiger einen ganz anderen Weg eingeschlagen hat, über
den er authentisch berichtet. Menschlich besonders nett waren Uschi
Disl und Hansi Hinterseer. Auf diese Weise macht Sarah Bernardi 15
bis 17 Interviews im Jahr, für die sie auf eigene Kosten bis nach
Innsbruck oder München fährt.
Allerdings sind auch in Bozen viele Promis auf der Straße
anzutreffen, oftmals im Urlaub. Spontan wie Sarah Bernardi ist hat
sie durch die direkte Ansprache auch schon den einen oder anderen
ins Studio locken können. Ihr gefällt die abwechslungsreiche Arbeit
bei Südtirol 1 auch nach sechs Jahren noch sehr: „Heute weiß ich,
dass ich jeden anderen Beruf nie und nimmer so gern ausüben würde
wie den hier beim Radio.“
Stefan Förster
Aus RADIOJournal 10/2009