Rundfunk
in Südtirol
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Radio Stereo Bruneck
Lediglich etwas über ein Jahr - von 1976 bis 1977 - war Radio Stereo Bruneck im Großraum Bruneck auf Sendung. Gegründet wurde die Station durch die vier Musiker Albino Bettamin, den Brüdern Carlo und Umberto Costa sowie Renato M. Svaluto - Mitglieder der Brunecker Band "Le Nuvole", die sich der Musik der 60er Jahre verschrieben hatte.
Auslöser, eine Radiostation in Bruneck zu gründen, war ein Aufenthalt eines der Bandmitglieder Anfang 1976 in Bergamo. Dort waren zu jener Zeit bereits die ersten freien Radios auf UKW zu hören und entsprechend war dieses nach der Rückkehr auch Gesprächsthema bei den Musikern von "Le Nuvole". Über eine CB-Funk Zeitschrift, in denen bereits erste Werbeanzeigen abgedruckt wurden, wo UKW-Sender zum Verkauf standen, kamen die Musiker in Kontakt zu einem Hersteller in Lecco am Comer See und orderten dort einen UKW-Stereo-Sender mit einer Leistung von 20 Watt.
Nachdem der Sender eingetroffen war, mietete man sich in Bruneck in der St. Lorenzner Straße in der Nähe der örtlichen Polizeistation eine Wohnung an und richtete ein kleines Studio ein. Als Sendeantenne wurde ein sechs Meter hoher Mast aufgebaut und als Frequenz 100,2 MHz genutzt.
Da die Mitglieder der Musikband "Le Nuvole" Radio Stereo Bruneck zunächst lediglich neben ihrer regulären Arbeitszeit betrieben, ging das Radio zumeist erst am Feierabend ab den späten Nachmittagsstunden auf Sendung. Inhaltlich ausgerichtet war das Programm auf reine Unterhaltung. Es sollte den Hörern vor allen Dingen Spaß machen. So wurden innerhalb des Programms viele Sketche und auch Witze gesendet. Sendesprache war zunächst Italienisch, später auch Deutsch. Aber auch einige Bekannte der Betreiber von Radio Stereo Bruneck gestalteten eigene Sendungen, in denen sie jeweils die Musik spielten, die sie selbst bevorzugten. So gab es eben auch Jazzmusik, da einer Jazz-Liebhaber war und mit seinen eigenen Platten im Studio erschien, um Programm zu machen. Ein anderer sendete klassische Musik und einige Frauen lasen den Hörern Kochrezepte vor. Es wurde auch eine wöchentliche Hitparade erstellt, die von einem DJ gesendet wurde. Außerdem gab es eine tägliche, einstündige Wunschsendung, wo die Hörer Grüße ausrichten und einen Plattenwunsch äußern konnten. Alles in allem ein buntes Programm, das jeden Hörer ansprechen sollte.
Bereits nach kurzer Zeit war das neue private und unabhängige Radio in Bruneck sehr beliebt. Hierzu beigetragen haben unter anderem auch Suchmeldungen, die live über den Äther gingen. So war einem Hörer einmal sein Fahrzeug entwendet worden. Nachdem über Radio Stereo Bruneck eine Suchmeldung ausgestrahlt worden war, konnte das Fahrzeug aufgrund eines Hörer-Hinweises wieder aufgefunden werden. So etwas sprach sich bei der Bevölkerung schnell herum.
Nach wenigen Monaten Sendebetrieb wurde ein neuer Umsetzer auf dem Brunecker Hausberg, dem Kronplatz installiert. So vergrößerte sich die Reichweite erheblich über das Stadtgebiet von Bruneck hinaus; und es wurde nunmehr die Frequenz 102,0 MHz benutzt.
Radio Stereo Bruneck sendete zu dieser Zeit bereits Sportreportagen, wodurch das Radio an Beliebtheit weiter zunahm. Bei Eishockeyreportagen arbeitete man mit Radio Dolomiti zusammen. Gut ankam bei den Hörern, dass Fußballergebnisse von örtlichen Fußballclubs ebenfalls im Programm Platz fanden. Zum Teil wurden durch Freunde des Radios regelrechte "Melde-Staffetten" vom Ort des Fußballspiels bis nach Bruneck gebildet und über CB-Funkgeräte ein Ergebnis jeweils weiter gemeldet.
Mit dem zunehmenden Erfolg begannen aber auch die Probleme. Waren zunächst alle Mitarbeiter ehrenamtlich für das Radio tätig, zumeist Freunde und Bekannte der Musiker, verlangten nun einige Geld für das Moderieren. Außerdem bekam der Sender die Konkurrenz anderer Privatradios zu spüren. Im Pustertal war das hauptsächlich die Freie Welle Pustertal, die bereits 1976/77 sehr professionell arbeitete und unter anderem für die Akquierung von Werbekunden eigene - bezahlte - Mitarbeiter eingestellt hatte. Auch Radio Eisack war zur damaligen Zeit werbemäßig im Einzugsgebiet von Radio Stereo Bruneck bereits aktiv.
Die Gründer von Radio Stereo Bruneck standen letztendlich vor der Entscheidung, ihre Radiostation nicht nur hobbymäßig zu betreiben, sondern vielmehr ihre Arbeitsstellen aufgeben zu müssen und voll in das Radiogeschäft einzusteigen. Zu diesem Schritt konnten sie sich jedoch nicht entschließen. Nachdem dann ein neuer Radiosender auch noch ein attraktives "Übernahmeangebot" unterbreitete, die Radiostation mitsamt dem Studio, dem Umsetzer und der Frequenz aufzukaufen, willigten die Gründer von Radio Stereo Bruneck ein und verkauften ihr Radio. Letztendlich kamen die Besitzer ohne finanziellen Verlust aus ihrer einjährigen Episode im Südtiroler Radiogeschäft.
Ein anderer Grund für das Auflassen des Senders waren die dauernden Instandhaltungsarbeiten, die viel Zeit und Geld beansprucht hätten. Es kam auch die Erkenntnis hinzu, dass wenn ein neuer Sender kommt, der alte uninteressant wird und die Zuhörer aus Neugierde den neuen Sender bevorzugen.
Sendebeginn: November 1976
Ende der Sendungen: 14. November 1977
Sitz: Bruneck, Sankt-Lorenzner-Straße
Inhaber der Radiostation: Carlo Costa, Umberto
Costa, Albino Bettamin und Renato M. Svaluto.
Sendegebiet: Großraum Bruneck
Reiner Palma
Aus RADIOJournal 2/2004