RNI
Memories (Teil 04)
Über Regeln und Vorschriften
von Hans Knot
Zwischen Februar 1971 und
August 1974 musste jeder neue Discjockey bei Radio Nordsee
International einen Vertrag unterzeichnen, in dem eine Anzahl
strenger Verhaltensregeln formuliert war. Diese Regeln werden in der
vorliegenden Folge der RNI-Erinnerungen aufgeführt. Wenn man sich an
die Geschichte der Station erinnert und sich alte
Programmaufzeichnungen anhört, kann man durchaus selbst überprüfen,
ob sich die Stations-DJs stets an die Regeln und Vorschriften
gehalten haben...
Es ist mir nicht bekannt, ob es
möglicherweise bereits 1970 einen Vorschriftenkatalog für RNI-DJs
gegeben hat, in dem Regeln für die Sendungen der Station aufgeführt
worden wären. Hingegen weiß ich mit Sicherheit, dass es 1968 solche
Regeln gab, als Planungen für eine Offshore-Station gleichen Namens
von Bord der MV Galaxy gemacht wurden. Dieses Vorhaben scheiterte
aber, da die Galaxy, das frühere Sendeschiff von Radio London, im
Hamburger Hafen festgehalten wurde.
Während des Zeitraums von Februar
1971 bis August 1974 galt für alle DJs das folgende Regelwerk:
- An der Playlist und dem Sendeformat muss zu jeder
Zeit festgehalten werden.
- Es dürfen keine neuen Schallplatten, einschließlich
Alben, gespielt werden, die nicht auf der Playlist
verzeichnet sind, es sei denn, der Chef vom Dienst oder
der diensthabende Senior Discjockey ist damit
einverstanden.
- Kommerzielle Werbespots müssen stets zur
vorgesehenen und auf dem Ablaufplan für Werbespots
festgehaltenen Zeit gespielt werden. Es dürfen keine
Spots oder Werbeansagen außerhalb des offiziellen
Ablaufplans gesendet werden.
- Wettbewerbe und Umfragen gibt es nur auf Weisung des
Büros in Zürich oder des niederländischen Büros.
Programm-Trailer müssen vom Senior Discjockey
autorisiert werden.
- Discjockeys müssen spätestens 30 Minuten vor
Programmbeginn anwesend sein. Nichterscheinen führt im
ersten Fall zu zeitweiligem Ausschluss und beim zweiten
Mal zur Beendigung des Vertragsverhältnisses.
- Jeder Discjockey muss zum Ende seiner Sendung den
Aschenbecher leeren und dafür sorgen, dass das Studio in
sauberem und aufgeräumten Zustand an den nächsten
Discjockey übergeben wird.
- Jeder Discjockey muss während seiner Sendung dafür
sorgen, dass alle Schallplatten, Tonbänder und Jingles
nach Gebrauch in die korrekten Ablagen zurück gelegt
werden.
- Zu keiner Zeit darf Essen oder alkoholische Getränke
mit ins Studio genommen werden. Bei Zuwiderhandlung
werden gegen den Discjockey Maßnahmen ergriffen.
- Dem Reinigungsplan für das Studio, welcher vom
diensthabenden Discjockey erstellt wird, ist unbedingt
Folge zu leisten.
- Discjockeys werden zur Verantwortung gezogen, wenn
sie durch ihre Äußerungen Radio Nordsee International,
Einzelpersonen oder konkurrierenden Radiostationen
Schaden zufügen. Bei Zuwiderhandlung gegen diesen
Abschnitt erfolgt eine sofortige Beendigung des
Vertrages. Sollte es bei Verstoß gegen diese Regel zu
Verleumdungsklagen kommen, wird Radio Nordsee
International diese Klagen weder akzeptieren noch eine
Verantwortung eingestehen. Statt dessen werden Klagen
direkt an den Discjockey weitergeleitet, egal ob dieser
bei RNI beschäftigt ist oder nicht.
- Der Senior Discjockey wird sich jederzeit bemühen,
die Junior Discjockeys bei der Programmerstellung
anzuleiten oder Aufträge zu erteilen, die als nötig
erachtet werden.
- Die Vorbereitungen für eine Sendung müssen
spätestens 30 Minuten vor deren Beginn abgeschlossen
sein.
- Es ist dem Discjockey gänzlich untersagt,
Schleichwerbung, Schallplatten zur Werbung für Songs
oder Werbespots auszustrahlen, die nicht auf dem
offiziellen Ablaufplan stehen. Dies gilt auch für
wohltätige oder sonstige Aufrufe.
- Radio Nordsee ist eine gesamteuropäische Station.
Das bedeutet ganz Europa, und nicht nur das Vereinigte
Königreich.
- Harte und weiche Drogen (einschließlich Haschisch)
sind unter keinen Umständen an Bord der MEBO I oder MEBO
II erlaubt. Bei Zuwiderhandlung erfolgt die sofortige
Beendigung des Vertrages.
- Mitarbeiter dürfen zwei Stunden vor Beginn der
Sendung keinen Alkohol zu sich nehmen.
- Bei der Werbung für Schallplatten dürfen keine
Firmennamen genannt werden. Dies gilt auch, wenn Hörer
um entsprechende Informationen bitten.
- Hörerbriefe, die einer Beantwortung bedürfen, müssen
innerhalb einer angemessenen Frist (vier Wochen)
beantwortet werden. Bei der Beantwortung dürfen keine
beleidigenden Bemerkungen gemacht werden, die sich gegen
den Briefeschreiber oder jedweden Aspekt
gesellschaftlichen Lebens richten.
- Vorsätzliche Zerstörung von Schallplatten,
Tonträgern, technischer Ausstattung oder Sendern führt
zu sofortiger Beendigung des Vertrages. Moderatoren sind
als solche beschäftigt und haben sich aus diesem Grund
unter keinen Umständen mit technischem Equipment zu
befassen.
- Es ist den Moderatoren zu jeder Zeit verboten, sich
an der Ausrüstung, der Sendetechnik oder/und den
Generatoren zu schaffen zu machen oder diese zu
verändern. Sie dürfen weiterhin zu keiner Zeit
Ausrüstungsgegenstände oder Werkzeuge aus dem Senderaum,
dem Studio oder dem Generatorenraum entnehmen oder die
vorherige Erlaubnis der Radio- und/oder
Generator-Ingenieure.
- Ausrüstung, Schallplatten, Tonbänder oder Cassetten
dürfen nicht von der MEBO I oder der MEBO II entfernt
werden ohne vorherige Erlaubnis der
Programmverantwortlichen. Ein Verstoß gegen diesen
Abschnitt wird von der MEBO Ltd. verfolgt.
Im Bild oben: DJs und Mannschaft in der Schiffsmesse 1974
Original-Titel: "RNI rules and regulations"
Foto: © Rudi Kagon
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Aus RADIOJournal 12/2001