Stütze
des Stuttgarter Himmels - Fernsehturm wurde 50 Jahre alt
Gedacht war er als reiner Zweckbau. Funktional. Ein hässlicher Stahlgittermast, abgespannt mit Pardunen. Die Gestalt sollte durchsichtig und unscheinbar sein. Ein etwa 200 Meter hoher Träger technischer Einrichtungen, nicht mehr. Dass es anders kam, bescherte Stuttgart vor 50 Jahren - am 5. Februar 1956 - den weltweit ersten Fernsehturm, der heute unter Denkmalschutz steht.
Mit der „Einmischung“ des damals schon berühmten Stuttgarter Brückenarchitekten Dr. Fritz Leonhardt wich der nüchterne erste Entwurf einem architektonisch-künstlerischen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelang es dem Architekten, dafür Verbündete bei den Bauherrn - dem damaligen SDR und der Stadt Stuttgart - zu finden. Und so verwandelte sich der Stahlgittermast unter dem Einfluss Leonhardts visionärer Ideen in einen modernen, am Turmkorb von Aluminium umhüllten Fernsehturm, der Ausflugsplattform, Gaststätte in schwindelnder Höhe und Geschosse für die Sendertechnik mit einschloss. Nachdem er 50 Jahre hartnäckig allen Wind- und Wetterlagen getrotzt hat, reckt sich der Turm auf dem Hohen Bopser nach seiner Renovierung im vergangenen Jahr fast noch majestätischer in die Höhe - und wirkt manchmal wie eine Stütze des Stuttgarter Himmels.
Der
Stuttgarter Fernsehturm wurde zu einem Prototypen, den man auf der
ganzen Welt nachbaute und weiterentwickelte - von Frankfurt über
Dortmund bis Johannesburg und Wuhan in China. Anleihen hat Leonhardt
bei der Gestaltung des Turmes sowohl in der Natur als in der Technik
gesucht: Der Turm verjüngt sich wie ein Baumstamm nach oben, die
Querstreifen auf dem Sendemast erinnern an Schilf und die
Aluminiumhülle des Turmkorbes ist den Flugzeugen abgeschaut. Die
glatte, profillose Haut unterstreicht die Leichtigkeit, das
Schwebende des Denkmals. Wenngleich die Besucherströme im Lauf der
Zeit nachlassen, „die gefühlsmäßige Bindung an die Stahlbeton-Nadel
ist geblieben“, betont Dr. Alfred Grupp, Geschäftsführer der
Fernsehturm-Betriebs-GmbH beim Südwestrundfunk (SWR).
Die technischen Beschreibungen des Turms wirken daneben fast beiläufig: Eine geschlossene, sich nach oben verengende Betonröhre, die in knapp 150 Metern Höhe einen kreiszylindrigen Turmkorb trägt und deren Spitze insgesamt 217 Meter erreicht. 4500 Tonnen Material wurden für das Wahrzeichen verbaut. Im vergangenen Jahr sind die Außenhülle und technische Inneneinrichtungen aufwändig renoviert worden. Erstmals musste der Fernsehturm seine Aufzugtüren für sechs Monate schließen.
Eine
Besonderheit gibt es während des gesamten Jubiläumsjahres 2006 auf
dem Vorplatz des Turms zu sehen: Dort steht „Wegezeichen 7“, eine
sechs Meter hohe blau-schwarze Stahl-Plastik von Herbert Otto Hajek.
Sie stammt aus dem Stuttgarter Zyklus „Zeichen orientieren Orte“,
stand bisher im Skulpturengarten an der Hasenbergsteige und schmückt
nun als zusätzliche Attraktion den öffentlichen Raum am ersten
Fernsehturm der Welt.
Fotos: © SWR
www.swr.de
Aus RADIOJournal 3/2006
Zum Jubiläum gab der SWR ein aufwändig gestaltetes Buch heraus, das alles Wissenswerte über die Baugeschichte, Planung und Finanzierung sowie die Technik der Stuttgarter Himmelsstütze enthält und auch anekdotische Geschichten nicht ausspart:
• Fernsehturm-Betriebs-GmbH, Dr. Alfred Grupp (Hg): Vom Wagnis zum Wahrzeichen. 50 Jahre Fernsehturm Stuttgart 1956-2006. ISBN 3-00-018039-7. Daneben ist auch eine DVD bzw. ein VHS-Video erhältlich. Buch und DVD bzw. Videokassette sind im SWR-Shop erhältlich.