WDR beendet Modell-Projekt "Offenes Radio"
Nach sechs Jahren Laufzeit beendete der WDR seinen Versuch "Offenes Radio" zum Jahresende. Die letzte Sendung mit dem Thema "Revue passiert - sechs Jahre Offenes Radio - Nah dran" wurde am Samstag, den 28. Dezember 1996 in WDR Radio 5 ausgestrahlt. Das Pilotprojekt "Offenes Radio", erstmals am 6. Oktober 1990 im Programm, sollte die Öffnung des WDR zu einem breiteren Dialog mit dem Publikum vorantreiben und Publikum und Publikumsreaktionen in den Programmen verstärkt einbeziehen. Der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens sollte das "Offene Radio" den Zugang zu Produktion und Radiosendungen ermöglichen und aktive Erfahrungen mit dem Medium Radio vermitteln. Das "Offene Radio" sollte Radio "zum Selbermachen", Radio von Nicht-Profis sein. Allerdings, so die Ergebnisse der WDR-Medienforschung, akzeptierte das Radiopublikum vor allem diejenigen Sendungen des "Offenen Radios", die stärker professionell betreut und damit weniger "Radio zum Selbermachen" im eigentlichen Sinne waren. Häufig fehlte dem Publikum auch der konkrete Bezug zu den in der Sendung angesprochenen Problemen.
Das Konzept eines landesweiten "Offenen Radios" lässt sich aus diesen Gründen für den WDR nicht aufrechterhalten - hieß es in einer Presseinformation und weiter: Heute, sechs Jahre nach Einführung des "Offenen Radios", treten Hörerinnen und Hörer durch den selbstverständlichen Gebrauch von Hotline, Fax, eMail und interaktiven Internetangeboten viel einfacher in direkten Austausch mit dem WDR als früher. Gleichzeitig wurden vom WDR neue Sendungen und Sendeformen entwickelt. Dazu zählt beispielsweise »Domian«, die Talksendung mit dem WDR-"Nachtfalken", die um 1.00 Uhr nachts gleichzeitig in Eins Live und im WDR Fernsehen ausgestrahlt wird.
»Hallo Ü-Wagen« diskutiert mit Hörern
Gerade durch neue Formen der Kommunikation kommt zunehmend auch jüngeres Publikum in direkten Kontakt mit den Programm-Machern des WDR. Allerdings hat nicht nur das junge Radiopublikum Eins Live eine eigene Hotline. Auch WDR 2 und WDR 4 stehen ihrem Publikum an viel genutzten Hörertelefonen für Fragen, Anregungen und Mitmach-Aktionen zur Verfügung.
Hörfunkdirektor Thomas Roth: "Das 'Offene Radio' war für mich eine Pioniersendung für die Art von Interaktivität, die inzwischen von Hotline über Fax bis eMail in unseren Programmen Alltag geworden ist. Wir haben durch das 'Offene Radio' interessante Erkenntnisse gewonnen, die an vielen Stellen in die Radioprogramme des WDR eingeflossen sind.
Auch die spezifischen Erfahrungen der Mitmach-Sendungen nutzt der WDR weiterhin. Bekannte und beliebte Sendungen wie »Hallo Ü-Wagen«, »Hörerinnen und Hörer machen Programm« und »Funkhaus Wallrafplatz« bleiben dem Radiopublikum auch in diesem Jahr erhalten.
Fotos: © WDR
www.wdr5.de
Aus RADIOJournal 3/1997
• »Hallo Ü-Wagen« und »Funkhaus Walraffplatz« sind noch heute auf WDR 5 im Programm. (Die populäre Sendung »Hallo Ü-Wagen« lief zuerst auf WDR 2 und wurde seinerzeit von Carmen Thomas moderiert; später wechselte sie dann auf WDR 5.) Die Talksendung »Domian« gibt es seit elf Jahren. Sie ist von Montag bis Freitag um 1.00 Uhr nachts auf 1LIVE zu hören.
• Grünes Licht für “Offenes Radio”: Grünes Licht gab der Rundfunkrat des WDR für das „Offene Radio“. Das von Hörfunkdirektor Manfred Jenke erläuterte Konzept war bereits Ende 1989 im Rundfunkrat behandelt worden. Danach richtet der WDR eine wöchentliche Sendung „Offenes Radio“ ein, für die WDR-Hörerinnen und Hörer selbst Programm machen können. Die zuständige WDR-Redaktion leistet dabei technische und organisatorische Hilfestellung und gibt inhaltlich Anregungen; sie trägt auch die Verantwortung für das Programm. Als einen „großen Schritt aufs Publikum zu“ sieht Carmen Thomas, in deren redaktioneller Verantwortung das „Offene Radio“ laufen wird, das Konzept, welches zunächst in einem Zwei-Jahres-Zeitraum erprobt werden soll. (Radio-Skala 4/1990)
• Am 6. Oktober 1990 startet auf WDR 1 das neue Programm- und Informationsangebot "Offenes Radio". Die dafür verantwortliche Redakteurin ist Nina Tschierse; die Leitung hat Carmen Thomas. Gesendet wird immer samstags von 9.05 bis 10.00 Uhr, live und mit Publikum aus dem WDR-"Haus Carlton". (Radio-Skala 8/1990)
• Der 25-jährige Moderator der WDR-Hörfunksendung »Hallo Ü-Wagen«, Jan Seemann, verlässt Ende August die erfolgreiche Mitmach-Sendung nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit. Seemann will sich fortan ausschließlich als Filmemacher und -produzent betätigen. Nachfolgerin wird Julitta Münch, die den - dann um eine Stunde gekürzten - Ü-Wagen ab September jeden Samstag auf WDR 5 präsentieren wird. (RADIOJournal 8/1997)