Radio Xanadu: Classic Rock aus München
"Ich habe keine Ehrgeiz, im Moment in diesen kommerziellen Sendern etwas zu machen", bekannte Fernseh- und Radiostar Thomas Gottschalk 1988 im Fachblatt "medien". Begründung: "Bei denen sitzen Flachköpfe, das ist ja unglaublich, wobei ich übrigens die Privatsender im Norden ausnehmen muss. Aber die Münchner Situation ist hanebüchen." Das lag seines Erachtens nicht nur am Dauerstreit unter den Münchner Lokalradios, sondern auch an sprachlichen Eigenheiten. "Wenn ein Hamburger Schwachkopf den Mund aufmacht, kommt immer noch mehr raus, als wenn ein Münchner Schwachkopf den Mund aufmacht". Ein Engagement käme für ihn nur dann in Frage, wenn "jemand sagt, Herr Gottschalk ist der Chef dieses Senders, er bestimmt, was in den 24 Stunden passiert."
Jemand muss ihm das doch noch gesagt haben, denn seit knapp einem Jahr fungiert Gottschalk als Programmdirektor von Radio Xanadu, das in München und Umgebung seit 1985 terrestrisch zu empfangen ist. Das Programm wurde konsequent auf Rock-Klassiker umgestellt; 20 feste und etwa 25 freie Mitarbeiter arbeiten im Moment für den Classic-Rock-Sender. Seit November 1991 sind neben Gottschalks Fellow-Traveller Günter Jauch unter anderem auch Fritz Egner, Walter Freiwald und Ottfried Fischer auf Radio Xanadu zu hören. Außer Musik (80 Prozent der Sendezeit) werden stündliche Nachrichten, "Wortbeiträge aus Politik, Wirtschaft und Kultur" versprochen, außerdem werktäglich von 20.00 bis 21.00 Uhr "Diskussionsbeiträge über aktuelle Themen" in der Sendung »Talk Radio«. Etwas speziellere Musikfarben bieten die »Heavy Hour«, »Soul Classics« und eine speziell den Beatles gewidmete Sendung.
Peter C. Klanowski
Aus Radio-Skala 1/1992
• "Ich war Herbert Kloiber noch was schuldig, weil ich bei Radio Xanadu meinen bisher einzigen beruflichen Flop hatte", erklärte Thomas Gottschalk im Dezember 2006 auf stern.de seine Beweggründe ab 2007 beim privaten TV-Sender Tele 5 ein Kino-Magazin zu moderieren. Schon in den 80er Jahren hatte er bei dem Münchner Lokalradio erste Kontakte mit Kloiber gehabt, den er damals zu einem erfolglosen Klassik-Rock-Konzept überredet habe.
• Radio Xanadu (München, 93,3 MHz), nennt sich seit dem 18. März 1991 "Xanadu Classic Rock" und spielt fast nur noch bekannte Rockmusik der letzten zwanzig Jahre. Die Morgensendung von 6.00 bis 9.00 Uhr präsentiert Thomas Gottschalk. (Radio-Skala 3/1991)
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Perfekter Deal
Der bisherige Marktführer unter den Münchner Privatsendern, Radio
Gong 2000, muss Federn lassen. Gleich zwei Sendungen, die bei Radio
Gong die Einschaltquoten in die Höhe getrieben haben, wechseln zur
Konkurrenz Radio Energy. Die »Morning Show« und die »Dr. Ben Show«,
zwei Sendungen mit Kultstatus in München, werden künftig bei Energy
zu hören sein. Im deutschen privaten Hörfunkbereich ein bisher noch
nicht dagewesener Transfer, wurden doch nicht nur Moderatoren,
sondern ganze Sendeformate abgeworben. Vom 3. Juli 1995 an weckt der
Mastermind der »Morning Show«, Markus Langemann, Münchens Hörer mit
seinen Blödeleien und seinem singenden Semmel auf der Frequenz 93,3
MHz. Rübergemacht hat bereits Dr. Ben alias Jochen Bendel (zugleich
Moderator von Ruck-Zuck bei RTL2). Seine bisweilen hart an der
Geschmacksgrenze wandelnden Witzeleien und Telefonanrufspielchen
werden bereits Samstagnacht bei Radio Energy gesendet.
Münchens Radiolandschaft zählt neben Berlin zu den am härtesten
umkämpften Hörfunkmärkten in Deutschland. On-Air-Personality ist das
Stichwort. Radio Gong 2000 war wohl nicht zuletzt deshalb so
erfolgreich, weil mit den beiden Sendungen, die aus dem üblichen
Format herausragten, zwei Personen zu Sympathieträgern bei den
Hörern avancierten. Gleichzeitig stieg verständlicherweise so auch
die Beliebtheit des Senders, in dem die Morgencrew und der
durchgeknallte Dr. Ben die Klinke in die Hand gaben. Mit
unglaublicher Werbeoffensive geht denn auch Radio Energy seit
einigen Wochen auf Hörerfang. Neben sendeinternen Teasern wurden
aufwendige Fernsehspots und Plakatanzeigen für die Neuankömmlinge
gestartet.
Radio Energy München hieß noch kürzlich Radio Xanadu. Was Thomas
Gottschalk mit seinem Einstieg bei Xanadu nach seinem Abgang von
Bayern 3 nicht gelang (nämlich ein erfolgreiches Classic Rock-Format
zu platzieren) will Energy mit neuen Mitteln erreichen: Marktführer
werden!
Freie Anteile am Sender Xanadu kaufte der erfolgreiche
finanzkräftige französische Medienkonzern Nouvelle Radio Jeunesse
(NRJ) bereits letztes Jahr. Nach dem Ausstieg von Gottschalk als
Gesellschafter mutierte Xanadu kurzerhand zu Energy.
Grundsatz der Energy-Radiokette in Europa ist vor allem Hörerbindung
durch charakteristische Sendungen und Persönlichkeiten. Erstaunlich,
dass Energy München bislang dem eher rocklastigen Format von Xanadu
treu geblieben ist. Die »Morning Show« war bisher bei Gong 2000 im
Umfeld hitparadenorientierter Popmusik erfolgreich. Ob mit dem
Transfer auch das Musikformat von Radio Energy wechseln wird, ist
wohl nur eine Frage der Zeit. Bislang setzt sich Energy noch
musikalisch positiv von den anderen kommerziellen Stationen in
München ab, auch von Radio Gong 2000. Man darf gespannt sein, welche
Konzepte bei Radio Gong für die Nachfolger von Langemann und Bendel
bereit liegen.
Florian Wachter
(RADIOJournal 4/1995)