Radioarchiv

 Memories aus 20 Jahren RADIOJournal

45 Jahre Nachkriegsrundfunk
aus Köln

"Liebe Hörerinnen und Hörer! Es grüßt Euch alle zum ersten Male wieder nach langem Schweigen die Stimme eines Eurer Brüder am Mikrofon in der Bannmeile des heiligen Doms zu Köln am Rhein". Mit diesen Worten meldete sich am 26. September 1945 um 19.00 Uhr eine Stimme im Äther, die vielen Menschen an Rhein und Ruhr noch wohlvertraut war - es war die von Bernhard Ernst (Bild), seit 1925 erster Reporter des Westdeutschen Rundfunks. Mit dieser Sendung vor 45 Jahren [1990] begann der Nachkriegsrundfunk für das Rheinland und Westfalen. "Hinter uns liegen die Jahre des Grauens und der Vernichtung, des Todes, des Hasses und der sich aufblähenden Unduldsamkeit", so Bernhard Ernst weiter: "Zwischen den Trümmern dieses Erbes, in einer der am furchtbarsten zerschundenen Städte des Vaterlandes, haben wir den heißen Wunsch und Willen, wieder aufzubauen, um wie ehemals in besseren Tagen der gute Freund zu sein, der Euch Millionen in Rheinland und Westfalen Vermittler des Lebens, wohlmeinender Berater, ergötzender Unterhalter und Führer zu den heiligen Quellen der Kunst sein will".

Länger als in anderen Teilen des besiegten Deutschlands hatten die Menschen im Rheinland und Westfalen auf den Rundfunk warten müssen, der in einer Zeit fast totaler Papierknappheit an sich das wichtigste Informationsmedium hätte sein können und müssen. Aber noch während des Krieges hatten die deutschen Behörden die technischen Einrichtungen im alten Funkhaus in der Dagobertstraße im Kölner Eigelsteinviertel demontiert. Kurz vor Kriegsende hatte eine deutsche Postschutzwache dann obendrein noch den Hauptsender des ehemaligen Westdeutschen Rundfunks und späteren Reichssenders Köln in Langenberg gesprengt. In Langenberg wurde deshalb im Sommer 1945 zunächst ein fahrbarer Sender mit geringer Leistung aus Armeebeständen provisorisch installiert, bis zur Jahreswende der alte Sender wieder mit einer Leistung von 100 Kilowatt in Betrieb ging.

Aber Köln war keine selbständige Sendestation, sondern nur eine Filiale des von der Britischen Besatzungsmacht für ihre gesamte Besatzungszone gegründeten Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR). Zum Gesamtprogramm, das bis 1950 ausschließlich über Mittelwelle ausgestrahlt wurde, trug Köln mit seiner 1927 gegründeten Rundfunktradition zunächst nur relativ wenig bei. Das änderte sich mit der Einführung des UKW-Funks 1950, als für das 1946 gegründete Land Nordrhein-Westfalen die "Welle der Freude", UKW-West, und für die drei norddeutschen Länder in der Besatzungszone UKW-Nord als getrennte Programme verbreitet werden. Im Bild: WDR Logo 1956.

Der Ruf nach einem eigenständigen Rundfunksender für Nordrhein-Westfalen verstummte aber nicht. Die Landespolitiker in Düsseldorf nahmen ihn Anfang der fünfziger Jahre auf. Am 11. Mai 1954 verabschiedete der Landtag das Gesetz über den Westdeutschen Rundfunk mit den Stimmen von CDU und SPD und gegen die der FDP und des Zentrums. Zur Jahreswende 1955/56, nachdem letzte alliierte Vorbehalte ausgeräumt worden waren, konnte dann der neue/alte WDR mit seinen Sendungen beginnen. 1945/46 gab es zunächst nur eine Stunde Hörfunk pro Tag aus Köln - heute [1990] kommen täglich mehr als 130 Stunden Hörfunk und 16 Stunden Fernsehen vom WDR Köln.

Text und Fotos: © WDR

Aus Radio-Skala 9/1990